Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
den Füßen und zwang ihn, auf allen vieren weiterzukriechen. Er konnte gerade noch sehen, wie Zohra zurück in ihr Zelt lief, doch dann brannte der Sand so sehr in seinen Augen, daß er für einen Augenblick wie blind war. Er kämpfte gegen den peitschenden Sturm an und bemühte sich, wieder auf die Beine zu kommen. In dem Augenblick, als er Zohra mit dem Dolch in der Hand wieder herauskommen sah, brach das Zelt zusammen.
Das Zelt! Sofort fielen Mathew zwei Dinge ein: die Fische und seine magischen Utensilien. In panischem Schrecken fuhr er herum und erblickte sein Zelt, das sich aufschwang und wie ein riesiger Vogel davonflatterte, gefolgt von seinen Schriftrollen und Pergamenten. Den Wind im Rücken, der ihn auf diese Weise ungewollt unterstützte, rannte Mathew los, um von seiner Habe zu retten, was noch zu retten war. Mit den Armen langte er durch die Luft und versuchte alles, was er an Schriftrollen und Pergamenten noch zu packen bekam, an sich zu reißen. Dann stieg er durch die Trümmer des Zeltes und wühlte verzweifelt nach der Glaskugel mit den beiden Fischen.
Ein dünner Lichtstrahl traf sein Auge. Da – direkt unter den stampfenden Hufen eines vorbeigaloppierenden Pferds – sah er die Kugel!
In Gedanken hörte Mathew noch einmal die gefühllose Stimme, die ihm einst prophezeit hatte, was ihm, sollte er je die Fische verlieren, zustoßen würde. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er hilflos mitansehen mußte, wie die mit Eisen beschlagenen Hufe die Kugel in den Boden stampften.
Der Reiter, der krampfhaft bemüht war, zwei strampelnde und schreiende Kinder festzuhalten, donnerte an Mathew vorbei, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Von dem Durcheinander um ihn herum vollkommen verwirrt, wandte sich der junge Zauberer verzweifelt ab, um Zohra zu suchen, als ihn abermals derselbe Lichtstrahl traf. Er schaute zu Boden und sah, wie die Glaskugel vom Wind getrieben auf ihn zurollte.
Sein Erstaunen war grenzenlos. Ungläubig starrte er die Kugel an, die vollkommen unversehrt und ohne jeden Kratzer vor ihm lag.
»Mat-hew!« ertönte es hinter ihm. Hastig hob er die Glaskugel auf, versicherte sich mit einem schnellen Blick, daß die Fische gesund und munter waren, und verbarg sie unter seinen Frauenkleidern.
»Mat-hew!« Schon wieder vernahm er den warnenden Schrei.
Er wirbelte herum und sah einen herangaloppierenden Soldaten, der den Arm nach der vermeintlichen ›Frau‹ ausstreckte, um sie zu fangen und auf den Sattel zu ziehen. Mathew handelte mit einer Kaltblütigkeit, die ihn selbst überraschte. Er bekam den ausgestreckten Arm des Soldaten zu fassen, und unter Aufbietung all seiner Kräfte zog er den Mann aus dem Sattel.
Der Soldat stürzte direkt auf Mathew und riß ihn mit sich zu Boden. Als sie miteinander rangen und Mathew darum kämpfte, sich aus dem mörderischen Griff seines Gegners zu befreien, hörte er plötzlich einen furchterregenden Schrei und fühlte, wie der schwere Körper über ihm steif wurde, ehe er schlaff zusammensackte. Die glänzende Schärpe eines Tschadors wirbelte wie eine blaugoldene Wolke um Mathews Kopf herum. Da wurde er von seiner schweren Last befreit, und eine Hand half ihm auf die Beine. Er erhob sich und sah, wie Zohra ihren blutbefleckten Dolch aus dem Rücken des Soldaten zog.
Ihr langes schwarzes Haar wehte im Wind, und mit der Waffe in der Hand wandte sie sich um, bereit, ihrem nächsten Gegner entgegenzutreten.
»Zohra!« Verzweifelt versuchte Mathew, durch das allgegenwärtige Schreien und Kreischen, das Wiehern der Pferde und die gellenden Kommandos hindurchzudringen: »Zohra, wir müssen unbedingt Khardan finden!«
Auch wenn sie ihn gehört haben sollte, schenkte sie ihm keine Beachtung.
Verzweifelt riß Mathew sie zu sich herum und zwang sie, ihn anzusehen. »Khardan!« brüllte er.
Gerade noch rechtzeitig bemerkte er einen Soldaten, der im Begriff war, sie niederzureiten. Mit der wild um sich schlagenden Zohra im Arm stürzte er zu Boden und kroch unter einem halb zusammengebrochenen Zelt in Deckung.
Obwohl Mathew klar war, daß sie hier nicht lange sicher waren, bot das Zelt doch so viel Schutz, daß vielleicht genügend Zeit blieb, um Zohra die Gefahr vor Augen zu führen, in der sie sich befanden. Sie mußte es einfach begreifen.
»Hör mir zu!« keuchte Mathew. Zusammengekauert in der Dunkelheit, packte er die Frau bei den Schultern. »Denk an den Traum! Wir müssen Khardan finden und ihn davon überzeugen, daß er fliehen
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