Die Rose des Propheten 3 - Das Buch der Unsterblichen
marschierten sechs muskulöse Sklaven in schwarzen Lederröcken mit goldenen Borten, aber ohne den zusätzlichen Schmuck der Standartenträger. Diese Sklaven trugen gemeinsam eine Sänfte, deren weiße Vorhänge dicht geschlossen blieben, so daß niemand die darin getragene Person zu Gesicht bekam. Ein Trupp von Gumen auf schwarzen Pferden folgte dicht hinter der Sänfte. Die Uniformen der Soldaten waren von düsterem Schwarz, mit schwarzen Kurzröcken und dazu passenden schwarzen Pluderhosen, die in kniehohen roten Lederstiefeln steckten. Jedermann trug einen kegelförmigen roten Hut mit einem schwarzen Quast auf dem Kopf. Lange Krummsäbel schlugen beim Reiten links gegen ihre Beine.
Doch es war das, was diesen Gumen in der feierlichen Prozession folgte, was die Aufmerksamkeit der Menge auf den Mauern von Idrith erregte. Zahlreiche Sklaven trugen drei Bahren, die jede mit weißem Tuch bedeckt war. Seitlich der Bahren wiederum ritten einige Gume. Die Häupter dieser Soldaten waren gesenkt, ihre schwarzen Uniformen zerrissen, sie trugen keine Mützen.
Auf die Bahren folgte eine weitere Schwadron Gume, die drei mit Lasten beladene Kamele begleiteten, welche prunkvoll verziert waren – orange- und rotfarbene Kopfbedeckungen, lange Quaste aus schwarzem Faden, die zwischen ihren dünnen Beinen baumelten.
Die langsamen Bewegungen der Marschierenden ließen die Bewohner von Idrith bald begreifen, daß sie von ihren Stadtmauern auf eine Trauerprozession hinabblickten. Das Wort machte die Runde, und schon drängten noch mehr Leute auf die Mauern, um zuzuschauen. Nichts vermochte so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen wie eine Beerdigung, und wenn es nur dazu diente, dem Zuschauer zu bestätigen, daß er selbst noch am Leben war.
Ungefähr eine Meile vor den Stadttoren hielt die gesamte Prozession an. Die Standartenträger senkten ihre Banner – ein Zeichen, daß man sich in Frieden näherte. Die Sklaven setzten die Sänfte auf den Boden. Die Gume saßen ab, die Kamele sanken auf die Knie, die rattanbedeckten Bahren wurden mit großer Ehrfurcht und Umsicht auf den Boden gestellt.
Der Hauptmann der Leibwache des Sultans führte einen Trupp seiner Männer hinaus, sah dabei äußerst wichtig aus und fühlte sich auch so, als Hunderte von neidischen Augen sich auf ihn richteten; so ritt er den Fremden entgegen, um sie zu begutachten, bevor er ihnen Erlaubnis erteilte, die Stadt zu betreten. Er bellte einen scharfen Befehl, damit seine Männer in Reihe blieben, dann warf er einen Blick auf den Palast des Sultans, der auf einem Hügel über Idrith stand. Der Sultan war nicht zu sehen, doch der Hauptmann wußte, daß er das Vorgehen beobachtete. Leuchtende Farbflecken auf den Baikonen zeigten an, daß die Frauen und Konkubinen des Sultans sich dort zusammenscharten, um die Prozession mitzuverfolgen.
In gemächlichem Schritt und mit großer Würde führte der Hauptmann sein Pferd an den Standartenträgern vorbei, der Sänfte entgegen. Ein Mann war hinter den weißen Vorhängen hervorgetreten und wartete nun mit allen Anzeichen des Respekts darauf, den Hauptmann zu empfangen. Neben dem Mann stand der Anführer der Gume, ebenfalls zu Fuß und in respektvoller Haltung. In einiger Entfernung hielt ein Sklave sein Pferd.
Der Hauptmann saß selbst ab und reichte die Zügel seines Pferds einem seiner Männer, dann trat er vor, um den Führer der fremden Prozession zu begrüßen.
Der Mann aus der Sänfte war fast völlig schwarz gekleidet. Schwarze Lederstiefel, schwarze, wallende Hosen, ein langärmliges, zurückwallendes Hemd, den Kopf mit einem schwarzen Turban geschmückt. Eine rote Schärpe und ein rotes Juwel in der Mitte des Turbans änderten nichts an dem Trauerkleidungsaussehen des Manns. Ja, die eigenartige Tönung des Rots, das von der Farbe frischen Bluts war, betonte es sogar noch.
Gesicht und Hände des Manns waren so weiß wie Alabaster, weshalb er sich wahrscheinlich auch solche Mühe gab, aus dem sengenden Sonnenlicht zu bleiben. Idrith lag unmittelbar nördlich der Pagrah-Wüste. Seine Augenbrauen dagegen waren so schwarz wie Kohle. Die Lippen waren dünn und blutleer. Ein gestutzter Schnurrbart bedeckte die Oberlippe, der dann in einen schmalen schwarzen Bart mündete.
Der Mann in Schwarz verneigte sich. Er legte eine weiße, schlanke Hand über sein Herz, vollzog das Salaam mit Anmut. Der Hauptmann erwiderte die Verneigung, doch weitaus klobiger – er war eben ein großer, tolpatschiger Mann. Als er den
Weitere Kostenlose Bücher