Die Rose des Propheten 4 - Das Buch der Akhran
brüllenden Feuer hing. Er griff hinein, sein Fleisch war anscheinend unempfindlich gegen die sengende Hitze, und holte ein dünnes Stück rotglühendes Eisen hervor, um sich wieder Khardan zuzuwenden.
»Akhran!« rief Khardan und bäumte sich in seinen Ketten auf, wollte sie aus der Wand reißen. »Akhran! Erhöre mich!«
Der alte Mann kam immer näher, bis sein riesiger Kopf Khardans Blickfeld ausfüllte. »Nur ein Gott hört deine Schreie, Nomade. Zhakrin!« Der zischende Atem brannte heiß auf Khardans Wange. »Zhakrin!«
10
Mathew kroch schweigend hinter Auda ibn Jad und Khardan die Treppe hinunter, die nur vom matten Nachleuchten der Fackel des Schwarzen Paladins erhellt wurde. Als er vorsichtig um die Ecke spähte, erblickte er den langen, schmalen Gang mit seinen Reihen geschlossener Holztüren und begriff, daß es die sichere Entdeckung bedeuten würde, sich jetzt noch weiter vorzuwagen.
Er hatte keine andere Wahl, als die Treppe hinauf zurückzuweichen, sich seinen Weg durch die Dunkelheit zu bahnen und sich möglichst vorsichtig zu bewegen, um nicht gehört zu werden. Als er die Hälfte der Treppe zurückgelegt hatte, blieb er stehen, drückte sich an die Wand, hielt die Luft an, um zu lauschen. Die Worte der Männer waren deutlich zu verstehen.
So konnte Mathew alles mitanhören, von der Qual des gemarterten Ritters bis zu seinem letzten, verzückten Gebet zu Zhakrin. Er hörte das scharrende Geräusch von Khardans vergeblichem Befreiungsversuch, hörte den Kalifen schmerzerfüllt aufschreien und vernahm, wie ein schweres Gewicht über den Boden geschleift wurde. Dann kehrte Auda ibn Jad zurück. So schnell, wie er es in der völligen Dunkelheit nur wagte, huschte Mathew wieder die Treppe hinauf. Doch plötzlich stolperte er und stürzte. Die Schritte wurden lauter. Glücklicherweise war ibn Jad von der Last des Ritters beschwert, den er stützte, und so konnte er sich nur langsam bewegen. Die gemurmelten Gebete an Zhakrin, die der Ritter aufsagte, verhinderten, daß der Schwarze Paladin Mathews Scharren vernahm.
Verzweifelt blickte Mathew den langen Gang hinunter. Eine ungefähr zwanzig Fuß entfernte, an der Mauer befestigte Fackel beleuchtete den Gang. Mathew durfte nicht darauf hoffen, den ganzen Gang entlangzulaufen, ohne dabei gesehen zu werden. In der Nähe befand sich ein dunklerer Schatten: seine einzige Hoffnung. Als er darauf zuhuschte, stellte Mathew fest, daß es ein natürlicher Alkoven in den rauhen Felsmauern war. Er war nicht sehr groß und schien noch kleiner zu werden, als Mathew versuchte, seinen schlanken Leib in die Ritze zu quetschen. Der Hexer drehte das Gesicht zur Wand, um zu verhindern, daß seine milchweiße Haut im Licht schimmerte, dann zog Mathew die Hände in die Ärmel seiner schwarzen Kutte zurück und hielt die Luft an.
Ibn Jad und der Ritter kamen nur wenige Zoll entfernt an ihm vorbei. Es schien Mathew, daß sie ihn sehen oder hören mußten; sein Herz schlug laut genug, um die Toten zu wecken. Doch die beiden schritten weiter, gingen den Gang entlang, ohne auch nur einmal in seine Richtung zu blicken. Erleichtert atmete Mathew aus und wollte schon ein Dankgebet sprechen, als ihm mit Unbehagen wieder einfiel, welcher Gott eigentlich über die Finsternis herrschte.
Ein qualvoller Schrei hallte im Gang wider. Khardan…
Mathews Beine gaben nach; er sank matt auf den Steinboden, das schreckliche Geräusch bebte in seinem Herzen. Zitternd fuhr er mit der Hand an den Beutel, den er an der Weste trug, schloß den Finger um den Obsidianstab.
Die Dunkelheit zischte. »Sprich das Wort, Gebieter, und ich werde deinen Freund aus seiner Qual erlösen.«
»Ich habe dich nicht zitiert!« sagte Mathew bebend; er wußte, daß er keine Kontrolle über diese Kreatur besaß.
»Nicht im Wortlaut«, erwiderte der Wisch kichernd. »Ich habe nur den Wunsch deines Herzen gelesen.«
Ein weiterer Schrei zerriß die Luft. Mathew wich an die Wand zurück. »Mit Rettung meinst du doch nicht etwa, uns von hier fortzubringen, oder?« fragte er. Seine Brust zog sich schmerzhaft zusammen; das Atmen fiel ihm schwer.
»Nein«, sagte der Wisch heiser. »Das würde meinem Dämonenprinzen überhaupt nicht gefallen. Wenn ihr geht, muß ich es auch tun, und mein Prinz befiehlt, daß ich bleibe. Er ist entzückt zu vernehmen, daß mein Brudergott zurückgekehrt ist, und noch entzückter wird er sein zu erfahren, daß die Gute Göttin sich in Zhakrins Gewalt befindet.«
»Was wird
Weitere Kostenlose Bücher