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Die Rose des Propheten 5 - Das Buch der Nomaden

Die Rose des Propheten 5 - Das Buch der Nomaden

Titel: Die Rose des Propheten 5 - Das Buch der Nomaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis & Tracy Hickman
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und jede Spur seiner Gedanken verlor sich im Schatten des Tuchs. Auda hob eine Augenbraue und lächelte. Dann wurde er ernster, als er eine schlanke Hand auf Khardans Arm legte.
    »Locke sie unter irgendeinem Vorwand fort. Es braucht nicht lange zu sein.«
    »Nein.« Khardan setzte seinen Marsch fort, den Blick nach vorn gerichtet.
    »Es gibt Verfahren, die keine Spuren hinterlassen. Der Junge ist dem Fieber erlegen. Sie wird es nie erfahren. Mein Freund…« Auda sprach etwas lauter, um Khardan zu erreichen, der weiterhin vor ihm davonging. »Entweder stirbt Blumenblüte jetzt, oder wir sterben alle in ein paar Tagen, wenn das Wasser aufgebraucht ist.«
    Khardan machte eine schnelle, zornige Geste mit der Hand.
    »Mein Gott wird keine Verzögerung meines Auftrags dulden!« rief ibn Jad.
    Khardan kam zu den Toren, wo die Kamele voller Ungeduld warteten.
    Auda blieb stehen, die Arme vor der Brust verschränkt.
    »Wenn du morgen früh nicht gleich zwei Tote vorfinden willst, Nomade, wirst du deine Frau aus diesem Raum führen und sie draußen halten.«
    Khardan blieb stehen, seine Hand ruhte auf dem gesplitterten Holz des Tores. Er drehte sich nicht um. »Wie lange«, fragte er abrupt, »wirst du brauchen?«
    »Eintausend Herzschläge«, erwiderte Auda ibn Jad.
     

11
    Mit leisem Schritt betrat Khardan das Haus, das sie in Serinda bezogen hatten, und bewegte sich stumm durch die Schatten. Dem Nomaden, der sich ohnehin immer unwohl zwischen Mauern fühlte, war bei dem Gedanken unbehaglich zumute, daß er ohne dessen Erlaubnis oder Wissen durch das Haus eines anderen schritt. Ein Heim war ein heiliger, unantastbarer Ort – man hatte es mit Anstand zu betreten und mit Anstand wieder zu verlassen. Und obwohl diese Behausung schon vor Hunderten von Jahren geplündert und ihrer wertvollen Besitztümer beraubt worden war, waren doch die einfachen Alltagsgegenstände dieses unbekannten Volks in der trockenen Wüstenluft so gut erhalten geblieben, daß es Khardan schien, als müßten die Besitzer jeden Augenblick zurückkehren – die Frauen, um die Zerstörung zu bejammern, die Männer, um erzürnt nach Rache zu rufen.
    Der Nomade hat ein wenig ausgeprägtes Zeitgefühl. Veränderung bedeutet ihm nichts, da sich sein Leben täglich verändert. Der Nomade ist der Mittelpunkt seines eigenen Universums; er ist sein eigenes Universum selbst. Das muß er sein, um in dieser harten Welt überleben zu können. Der Tod Tausender in einer nahegelegenen Stadt bedeutet ihm nichts. Stiehlt man ihm ein Schaf aus seiner Herde, zieht er in den Krieg. Als er zwischen diesen Mauern stand, hatte Khardan einen plötzlichen Einblick in die Zeit, in das Universum und seine eigene Stellung darin. Er war nicht mehr der Mittelpunkt, der Mann, für den die Sonne täglich aufging, der Mann, für den die Sterne schienen. Er war ein Staubkorn wie Millionen andere. Die Sterne hatten ihn nie gekannt, und die Sonne würde eines Tages ohne ihn aufgehen.
    Der Mann, der vor langer Zeit über diese buntbemalte Kachel geschritten war, hatte sich einst für den Mittelpunkt des Universums gehalten. Das Volk, das diese Stadt erbaute, wußte, daß es die Speerspitze der Zivilisation war. Sie hatten von ihrem Gott gewußt, daß er der eine wahre Gott war.
    Und nun war dieser Gott namenlos, vergessen, wie die Menschen, die ihn verehrten.
    Alles, was verblieben war, gehörte der Erde, Sul, den Elementen. Die Steine, über die Khardan schritt, waren schon vor dem Menschen auf der Welt. Vom Menschen benutzt, vom Menschen bearbeitet, vom Menschen gesetzt, würden sie noch hier sein, wenn der Mensch gegangen war.
    Der Gedanke war beängstigend. Die Finger des Kalifen fuhren über die glatte Oberfläche des behauenen Fels, spürten seine Beschaffenheit, die Kühle im Stein, spürten hier und dort die kleinen Einbuchtungen, wo eine Hand mit einem Meißel ausgerutscht war.
    Mit ernster Miene schritt er durch das Haus, in dem die Schatten willkommener zu sein schienen als er, und betrat leise den Raum, in dem Mathew lag.
    Zohra blickte Khardan an, als er eintrat, und wandte den Blick wieder ab. Dann wischte sie dem Jungen das fiebernde Gesicht mit einem feuchten Tuch ab.
    »Du solltest das Wasser nicht vergeuden«, sagte Khardan in einem härteren Ton, als er beabsichtigt hatte. Sollte sie das Leid doch so gut lindern, wie sie konnte. Was spielte es schließlich noch für eine Rolle? Er wies sich selbst zurecht, doch es war zu spät.
    »Du bist müde, Zohra. Warum gehst du

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