Die Rose des Propheten 6 - Das Buch Promenthas
tätschelte den Affen, der auf seiner Schulter eingeschlafen war, den Schwanz eng um den Hals seines Herrn geschlungen.
»Er sprang mir direkt in die Arme. Ich wollte ihn dem Sultan schon zurückgeben, als ich bemerkte, wie die Leibwächter damit beschäftigt waren, mehrere Bettler zu vertreiben, die sich auf der anderen Seite der Sänfte versammelt hatten. Der Sultan sah interessiert zu. Niemandem, so schien es, war die Abwesenheit des Tiers aufgefallen. Da ich mir dachte, daß der Affe schlecht behandelt worden sein mußte, weil er sonst niemals seinen Herrn verlassen hätte, versteckte ich ihn in meinen Gewändern und verschwand in einer Seitengasse. Das war vor einigen Jahren, und seitdem sind wir immer zusammen.«
Und er rettet dich davor, mit dieser launischen Gefährtin namens Arbeit zu tun zu bekommen, dachte Khardan erheitert. Laut beglückwünschte er den Mann und fragte dann beiläufig: »Weshalb begibt sich eigentlich diese ganze Menge nach Kich?«
Der Mann blickte nach vorn. Die Stadtmauern waren inzwischen nahe genug, daß Khardan deutlich die schwerbewaffneten Wachposten ausmachen konnte, die auf den Befestigungen auf- und abschritten. Die Morgensonne brach sich schimmernd an einer goldenen Kuppel – eine neue Ergänzung des Tempels des Quar, schloß Khardan. Zweifellos bezahlt mit dem Reichtum und dem Blut der eroberten Städte des Bas.
Der Besitzer des Affen richtete seinen Blick wieder mit einiger Verwunderung auf Khardan. »Du mußt ja wirklich tief in der Wüste gewesen sein, daß du die Nachricht nicht kennst, Nomade. Am heutigen Tag kehrt der Imam des Quar siegreich in seine Stadt zurück.«
Khardan und Auda wechselten schnelle Blicke.
»Am heutigen Tag? Und der Emir?«
»Ach, der Emir wird wahrscheinlich auch kommen, nehme ich an«, fügte der Mann ohne großes Interesse hinzu. »Aber sie kommen alle, um den Imam zu sehen. Ihn und das große Abschlachten der Kafiren, das heute nacht zu seinen Ehren stattfinden soll.«
»Heute nacht!«
»Abschlachten der Kafiren?« Auda drängte sich vor, um diese Frage zu stellen und die Aufmerksamkeit von dem bleichgewordenen Khardan abzulenken. »Was meinst du damit, mein Freund? Das klingt mir nach einem Schauspiel, das ich nicht gern missen möchte.«
»Nun, die Kafiren aus der Wüste, die schon seit vielen Monaten in Kich gefangengehalten wurden und sich geweigert haben, zu Quar überzutreten.« Eindringlich musterte der Mann Khardan und Auda, bemerkte plötzlich mit einigem Unbehagen den Haik und die wallenden Roben. »Diese Kafiren sind doch wohl keine Verwandte…«
»Nein, nein«, erwiderte Khardan mürrisch, nachdem er sich vom ersten Schock erholt hatte. »Wir kommen aus… aus…« Er stockte, sein Hirn verweigerte ihm den Dienst.
»Simdari«, warf Auda ein, der sehr wohl wußte, daß sich die Welt des Nomaden ausschließlich zwischen seinen Sanddünen abspielte.
»Ach, Simdari«, meinte der Besitzer des Affen. »Durch dieses Land bin ich nie gereist, aber dort will ich hin, wenn dieses Fest vorüber ist. Sage mir, was weißt du über die Arwats von Simdari…«
Auda und der schlitzohrige Mann, der nicht mit der Arbeit zurechtkam, begannen ein Gespräch über verschiedene Gasthöfe, von denen Khardan noch nie gehört hatte. Soviel zu guten Omen! Ihre ganzen Pläne zerronnen wie Sand zwischen seinen Fingern! Wie sollte er je darauf hoffen können, den Emir zu sprechen, der doch damit beschäftigt sein würde, in seinen Palast zurückzukehren, in seine Stadt?
Während der Imam sich darauf vorbereitete, noch heute nacht sein Volk zu vernichten!
Es ist hoffnungslos, dachte Khardan niedergeschlagen. Ich kann nichts anderes tun, als dazustehen und mitanzusehen, wie meine Leute ermordet werden! Nein, es gibt noch etwas anderes, was ich tun kann. Ich kann mit ihnen zusammen sterben, wie ich es schon vor Monaten hätte tun sollen…
Da berührte ihn eine Hand. Weil er glaubte, daß es Auda sei, fuhr er schnell herum, nur um Zohra zu erblicken, die neben ihm dahinschritt. Auf aberwitzige Weise hatte er das Gefühl, als sei dieses Unglück irgendwie seine Schuld, und so erwartete er schon, daß sie ihn deswegen wieder mit Hohn überschütten würde.
»Verzweifle nicht!« sagte sie leise. »Akhran ist mit uns! Er hat uns rechtzeitig hierhergeführt, und sein Gegner öffnet die Tore, damit wir eintreten können.«
Die dunklen Augen über dem Schleier funkelten, und ihre Finger strichen sanft gegen seine Hand. Bevor er reagieren oder nach ihr
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