Die Rose des Propheten 6 - Das Buch Promenthas
bereits entspannt hinaus. Letzte Nacht war die Straße völlig leer gewesen. Heute morgen war sie vollgestopft mit Leuten, Kamelen, Eseln, Pferden, Karren und Wagen. Trotz der allgemeinen Verwirrung auf der Straße war es eindeutig, daß alle nur in eine Richtung wollten – nach Kich.
Khardan sprang auf die Beine, rüttelte unsanft Zohras Schulter und packte Mathews Decke, um sie unter ihm wegzuziehen. »Beeilung! Wach auf! Sammelt eure Sachen ein! Nein, die brauchen wir nicht. Nur Mat-hew wird sich als Frau verkleiden. Ibn Jad und ich brauchen keine Verkleidung, Akhran sei Dank.«
»Ich glaube, wir brauchen nichts zu überstürzen«, bemerkte Auda kühl, während er die Menschenschlange beobachtete. »Das sieht aus, als wäre es endlos.«
»Einer unserer Götter hat es für gut befunden, unsere Gebete zu erhören«, bemerkte Khardan, während er sein Pferd sattelte. »Ich werde ihn nicht beleidigen, indem ich den Eindruck erwecke, allzu langsam danach zu greifen.«
Nachdenklich hob Auda eine Augenbraue und machte sich wortlos daran, sein eigenes Pferd zu satteln. Inzwischen war das ganze Lager auf den Beinen.
»Was ist los?« Majiid kam herbeigeeilt. Während er seinen Sattel verzurrte, knurrte Khardan etwas Unverständliches und wies mit einem Nicken auf die Straße. Majiids Miene verfinsterte sich.
»Das gefällt mir nicht… diese Menge, die da in die Stadt strömt.«
»Stelle nicht den Segen des Gotts in Frage. Bei einer solchen Menschenmenge werden die Wachen sicherlich nicht allzu genau auf vier von uns achten.«
»Dann achten sie auch nicht allzu genau auf vierhundert. Ich komme mit euch!« erklärte Majiid.
»Und ich auch!« rief Jaafar, der herbeieilte. »Ohne mich werdet ihr nichts unternehmen!«
»Macht mein Kamel fertig!« Zeid, der herankam, machte auf der Stelle kehrt und wollte wieder davoneilen.
»Nein!« rief Khardan so laut, wie er es wagen konnte, bevor sich die ganze Versammlung am Berghang in Verwirrung auflöste. »Wie wird das wohl in Qannadis Augen aussehen, wenn eine Schar bewaffneter Spahis in die Stadt eindringt? Der Emir erinnert sich noch daran, was letztesmal geschah, als wir nach Kich gingen. Dann erklärt er sich niemals bereit, mich anzuhören! Wir befolgen unseren Plan, Vater! Die einzigen, die die Stadt betreten, sind Auda, meine Frau, Mat-hew, Sond und ich. Du und die Männer, ihr bleibt hier und wartet, bis der Dschinn euch Meldung macht.«
Scheich Jaafar wandte ein, daß die Menschenmenge auf der Straße ein böses Omen sei und daß niemand die Stadt betreten sollte. Scheich Majiid, der sich plötzlich auf die Seite seines Sohns stellte, wiederholte einmal mehr, daß Jaafar ein Feigling sei. Zeid funkelte Khardan mißtrauisch an und bestand darauf, daß der Kalif auch Raja mitnähme, nicht nur Sond, und Jaafar schrie, daß, wenn Raja mitginge, Fedj auch nicht zurückbleiben dürfe.
»Also gut!« Khardan hob die Hände gen Himmel. »Ich nehme alle Dschinnen mit!«
»Ich wäre nicht beleidigt, Gebieter, wenn du mich zurückließest«, fing Usti unterwürfig an, doch nach einem Blick auf die finstere und empörte Miene des Kalifen verschluckte der fette Unsterbliche sich beinahe selbst und verschwand zu seinen Gefährten in den Äther.
Als alle bereit waren, musterte Khardan die Scheichs streng. »Vergeßt nicht, ihr sollt hier warten, bis ihr Nachricht erhaltet. Schwört ihr mir das bei Hazrat Akhran?«
»Ich schwöre es«, murmelte jeder der Scheichs widerwillig.
Da Khardan wußte, daß jeder der alten Männer durchaus in der Lage war, zu dem Schluß zu gelangen, daß dieser Schwur für alle anderen, nur nicht für ihn gelte, schätzte er, daß ihm kaum mehr als ein paar Tage Frieden bleiben dürften. Alles andere als beruhigt von dem Anblick Majiids, der sein Schwert zu einem Gruß schwang, mit dem er Jaafar beinahe enthauptet hätte, führte der Kalif sein Pferd aus dem Weingarten, gefolgt von Auda, Zohra, Mathew und – wie er annahm – drei unsichtbaren Dschinnen. Die Vorstellung, daß diese Prozession den Versuch unternehmen sollte, sich unbemerkt in Kich einzuschleichen, war ihm ein Alptraum. Deshalb war es wahrscheinlich auch besser, daß der Kalif nichts davon wußte, daß er auch einen Engel des Promenthas im Schlepptau hatte.
Eilig führte Khardan die Gruppe durch die Weingärten und brachte sie am Fluß in einiger Entfernung vom Weg zum Halten.
»Sprechen werden immer nur Auda oder ich. Vergeßt nicht, daß es für unsere Frauen unschicklich ist,
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