Die Rose von Angelâme (German Edition)
schlugen die schwere hölzerne Tür zu, dass der eiserne Riegel von selber krachend herunterfiel.
„Du weißt, dass wir noch immer Grund zur Annahme haben, du enthältst uns eine wichtige Botschaft vor, die du vor vielen Jahren erhalten hast“, nahm ein Pater den Teil des Verhörs wieder auf, das seit der letzten Anwesenheit des Dominikaners nicht mehr angesprochen worden war. „Wir wollen klären, wessen du dich außer der Hexerei noch schuldig gemacht hast.“
Rose schüttelte den gesenkten Kopf. Man hatte ihr die Hände wieder auf den Rücken gebunden, sie an die Wand eines eiskalten, schmutzigen Raums gekettet und die Kette so weit hochgezogen, dass ihre Arme fast aus den Gelenken gedreht wurden. So war sie gezwungen, in gebückter Haltung mit bloßen Füßen auf dem kalten, nassen Boden zu stehen.
Die Gedanken kreisten haltlos durch ihren Kopf. Die Frage nach der geheimnisvollen Botschaft, deren Enthüllung der fette Dominikanerpater von ihr forderte, quittierte Rose jedes Mal mit Schweigen.
Im Laufe der kommenden Wochen erfuhren weder die neu hinzugekommenen Mitglieder der Inquisition aus dem Orden der Franziskaner, noch die Richter, was sie zu hören forderten, und Rose fiel nach den Verhören in immer länger dauernde Phasen stumpfsinniger Gefühllosigkeit.
Sie war auf dem Weg vor das Gericht inzwischen mehrmals Männern begegnet, die in unglaublich grausamer Weise gequält und zugerichtet worden waren. Eines Tages musste sie gar mit ansehen, wie einem von ihnen mit dem so genannten Spanischen Stiefel langsam die Unterschenkelknochen zerquetscht wurden. Sie hatten ihn in Roses Beisein zunächst mit auf den Rücken gebundenen Händen rittlings nackt auf einem waagerecht aufgehängten Balken sitzen lassen, der so weit hochgezogen wurde, dass der Ärmste außerstande war, sich mit den Füßen abzustützen. Anfangs noch hatte er auf einer der breiten Seiten gesessen. Nach einer fast endlosen Zeit jedoch drehten die Knechte den Balken so, dass ihr Delinquent direkt auf einer Kante zu sitzen kam.
Lange noch gellten ihr die Schreie des so Gefolterten in den Ohren, der schließlich die unsinnigsten Dinge gestand, nur, um endlich aus seiner schmerzhaften Situation befreit zu werden.
Inzwischen wusste Rose auch, wer die Männer waren, die man auf diese unmenschliche Weise folterte: Es handelte sich um Brüder des Templerordens, der in der Nähe eine Komturei unterhielt, und die im Morgengrauen des 13. Oktober 1307 überfallen und hierher gebracht worden waren. Rose entging vollkommen, weshalb man diese Ordensleute so quälte, da sie selber kaum noch begriff, was man von ihr wollte.
Es sollte noch bis zum Sommer des folgenden Jahres dauern, ehe die Richter nach weiteren mühseligen und qualvollen Verhören ihr Urteil über die Comtesse von Angelâme verkündeten:
Sie war angeblich der Hexerei überführt worden, da sie unter anderem, wie sie selber zu Protokoll gegeben hatte, mit ihrem toten Vater zu sprechen in der Lage gewesen sei, was ausschließlich mithilfe des Teufels und der Zauberei möglich sein könne.
Außerdem sei durch die äußerst glaubwürdige Aussage eines Priesters bestätigt, dass sie eine Altardecke durch Einsticken von heimlichen Hexenzeichen gegen die Wirkung von Gebeten präpariert, und einen anderen Priester mit bestickten Handschuhen verhext habe. Ganz abgesehen von den Salben und Tränken, die sie gebraut und an alle möglichen Leute verkauft habe, mit denen erheblicher Schaden angerichtet worden, dass sie Unzucht mit ihrer Zofe getrieben habe und schließlich, dass sie ihr Kind nach der Geburt in einer Kerkerzelle seinem Erzeuger, dem Gehörnten selbst, überlassen habe.
Es sei erwiesen, dass sie einem Weibsbild erlaubt habe, rechtswidrig die Aufgaben einer Wehfrau zu übernehmen, obwohl diese keine Zulassung dafür gehabt habe.
Darüber hinaus sei erwiesen, dass sie die Tochter einer Hexe sei, was man schon an ihren roten Haaren erkennen könne, die sie von ihrer Mutter geerbt habe, die ebenfalls eine Hexe gewesen sein musste. Diese sei ja bekanntlich bei einem Gewitter dem Teufel in die Hölle gefolgt. Auch dafür gäbe es Zeugen.
Das Urteil, welches die Richter gefällt hatten, würde am kommenden Freitag öffentlich vollzogen werden. Rose sollte auf dem Scheiterhaufen sterben, zusammen mit anderen, die ebenfalls der übelsten Verbrechen gegen Glaube und König überführt worden waren.
Anderntags hatten ihre Wärter sie aus der Zelle geholt und in eine
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