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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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nicht vergeben können im Namen Gottes, des Allmächtigen, der zuließ, dass Dinge geschahen, die sich seine Diener ausgedacht hatten.
    Sollte sie wahrhaft ohne geistlichen Beistand aus dieser Welt gehen?
     
    Rose stand mit gesenktem Haupt auf dem Scheiterhaufen, spürte, wie die Fesseln in ihr Handgelenk schnitten, und hörte von weit her eine Stimme, die etwas zu ihr herauf schrie. Sie schaute sich suchend um und sah, dass unweit ihres Holzstoßes der dicke Dominikaner stand, der wütend beide Fäuste erhoben hatte und damit in ihre Richtung drohte.
    „Du Satansweib! Du Teufelin!“
    Seine Stimme überschlug sich fast und zauberte ein Lächeln auf Roses Gesicht, was die umstehende Menge erstaunt bemerkte und auch diejenigen verstummen ließ, die inzwischen in hämisches Grölen verfallen waren.
    Später würde man sich erzählen, sie habe in diesem Augenblick ausgesehen wie ein Engel, der gütig auf sie herabblickte und sie gar gesegnet hätte, und niemand glaubte mehr, dass dieses schöne Gesicht einer Hexe gehört haben sollte.
    „Du könntest dein Leben retten, wenn du nur sagen wolltest, was zu sagen ich dir befahl!“, schrie der Dominikaner zu ihr herauf.
    Rose schwieg.
    Sie würde ihr Geheimnis mit ins Grab nehmen.
    Dabei wäre es für diesen fetten, machtgierigen Priester mit seiner lächerlichen Männlichkeit so leicht möglich gewesen, Teil dieses Geheimnisses zu werden, bis die Zeit gekommen sein würde, wie die Prophezeiung es voraussagte.
    Aber er hatte vorgezogen, seinen Samen in ihrem geschundenen Mund zu vergeuden und sie zur Strafe hinrichten zu lassen, um sich nie wieder an seine Schwächen erinnern zu müssen. Niemals hätte er verstanden, niemals.
    Sie wandte ihren Blick von ihm ab und schloss kurz die Augen. Überrascht stellte Rose fest, dass sie nicht einmal ein Gebet sprechen konnte, da sie an den Gott nicht mehr glaubte, den Menschen wie dieser Pater Imbécile da unten oder die übrigen Geistlichen zu verehren schienen, die ihren Verhören beigewohnt und sie schließlich in seinem Namen verurteilen ließen. Sie konnte sich den göttlichen Vater, den sie sich als Adressaten für ihre Gedanken wünschte, nicht mehr vorstellen und hoffte, er würde wissen, was sie ihm zu sagen hatte, wenn es ihn denn wirklich gab.
    Rose schaute hinüber zu dem Mann in den Gewändern eines Franziskaners, der ihr in diesem Augenblick all die lieben Menschen ersetzte, die sie seit langer Zeit so schmerzlich missen musste: zu Pierre, der mit gefalteten Händen still zwischen den Gaffern und Grölern stand und unverwandt zu ihr herauf sah und ihr jetzt wie aufmunternd zunickte.
    Als die Schergen des Königs sich mit brennenden Fackeln ihrem Holzstoß näherten, um ihn anzustecken, holte Rose tief Luft. Sie drehte den Kopf und heftete ihren Blick fest auf das Gesicht des Dominikaners.
    „Guillaume Imbert!“, schrie sie. „Höre meine Worte: Rot ist die Farbe des Blutes, das in den Adern derer fließt, die eines Tages über dich triumphieren!“
    Sie hustete, weil es sie anstrengte, so laut zu schreien.
    „Rot ist die Farbe des Blutes der Unschuldigen, das an deinen Händen klebt, und rot ist die Farbe der Rosen und des Kreuzes auf der Schulter dessen, der dereinst kommen und erfüllen wird, was gesagt ist!“
    Der Dominikaner reckte den Hals und legte die Hände wie Muscheln hinter seine Ohren, um sie besser verstehen zu können.
    „Was du suchst, wirst du niemals finden.“
    Rose rang erneut nach Luft, denn Rauch stieg zu ihr auf.
    „Ich war und bin die Lösung deines Rätsels, aber du hast unfruchtbare Äcker bestellt und mich vernichtet, weil du blind und taub bist. Ich aber kenne die Wahrheit und nehme sie mit mir in die Ewigkeit.“
    Ein neuerlicher Hustenanfall schüttelte sie.
    „Niemals habe ich dich verflucht, Guillaume Imbert, deshalb konnte ich den Fluch auch nicht von dir nehmen, wie du erhofftest. Du hast dich selber verflucht, und dieser Fluch wird dich begleiten bis zu deinem Tod!“
    Ein Raunen lief durch die Reihen der Gaffer.
    „Rot! Vergiss es nicht. Die Farbe der Rosen und des Kreuzes!“
    „So rede doch, Unglückselige! Was hast du dem Vater anvertraut?“
    Rose brachte ein letztes, heiseres Lachen zustande.
    „Rot war auch seine Farbe.“
    Die Flammen schlugen bereits aus dem Scheiterhaufen und züngelten um ihre Beine, als Rose das Bewusstsein verlor. Die Droge des Juden beendete mitleidsvoll ihre Qualen.
    „Nein!“, brüllte Guillaume Imbert wie von Sinnen und wollte sich einen

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