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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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wohl niemals in der Lage gewesen, etwas in ihr zu wecken, was über die Zuneigung hinausgegangen wäre, die sie für ihn hegte.
    Trotzdem machte sie die plötzliche Erkenntnis, vollkommen allein zu sein, zutiefst traurig. Außerdem stellte sie erschrocken fest, dass sie etwas getan hatte, was allerhöchstens einem Mädchen niederen Standes entsprochen hätte: Sie hatte die Stirn gehabt, die Verbindung mit einem Mann zu lösen, dessen Familie sich das keinesfalls gefallen lassen würde, falls sich Jean-Philippe nicht an sein Versprechen halten und alles auf sich nehmen würde. Schließlich, und das wusste Marie genau, ging es für diese Leute auch um eine Menge Geld: um Maries Mitgift. Sie hatte möglicherweise einen Skandal heraufbeschworen, den man ihr so schnell nicht verzeihen würde, und der sie unweigerlich für alle Zeiten aus der Reihe derjenigen Mädchen vertreiben würde, die für einen Mann ihres Standes als Heiratskandidatin infrage käme.
    Ihres Standes!
    Marie bedachte den gemalten Herrn an der Wand mit einem düsteren Blick und ging zur Tür.
    „Ihr könnt noch so hochmütig an mir vorbeisehen, Monsieur. Ihr werdet jetzt wohl der einzige Mann sein und bleiben, der die Träume einer Demoiselle teilt, die gesellschaftlich für alle Zeiten vollkommen abseits stehen wird.“
    Sie ging hinaus und warf die Tür mit einem lauten Knall hinter sich zu.

    „Ihr seid spät dran heute“, sagte sie schroff, als sie am nächsten Morgen in Juliens Atelier kam.
    „Oh, guten Morgen, Demoiselle!“, rief er gut gelaunt, als er sie sah. „Nun ja, nicht sehr viel später als sonst - es ist nur so, dass sich die Sonne jeden Tag ein klein wenig mehr Zeit lässt, aufzustehen - und Ihr wisst, wie wichtig sie für meine Arbeit ist. Es nützt wenig, wenn ich …“
    „Ich denke, es liegt nicht nur an der Sonne, weshalb Ihr so spät aus den Federn gekommen seid“, unterbrach Marie ihn frostig, und Julien zog, erstaunt über den unerwarteten Tonfall, die Augenbrauen hoch. „Vermutlich hat Eure Sonne einen Namen.“
    „Wenn Ihr meint“, gab er kühl zurück und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Er wich damit bewusst dem Aufblitzen in ihren Augen aus, hatte er doch bemerkt, dass ein Gewitter in der Luft lag. „Es wird ohnehin nur noch einen, zwei Tage dauern, bis das Bild fertig ist. Dann ärgere ich Euch wenigstens nicht mehr damit, zu spät aufgestanden zu sein.“ Er zog mit gespielter Konzentration einige Pinselstriche über die Leinwand und sah dann plötzlich aufmerksam zu ihr hinüber. „Habt Ihr inzwischen die lateinischen Dokumente übersetzen können, die Ihr mir vor ein paar Tagen gezeigt habt?“, fragte er in versöhnlichem Tonfall.
    „Was geht Euch das an?“, fauchte Marie zurück.
    „Nichts“, gestand der junge Mann achselzuckend. „Es schien mir nur, als wären sie wichtig für Euch.“
    „Ihr wisst ganz genau, dass ich die lateinische Sprache nicht beherrsche und die Dokumente schon deshalb nicht übersetzen konnte.“ Sie war atemlos vor Entrüstung. „Es ist unerhört, dass Ihr Euch so über mich lustig macht!”
    Sie wandte sich um und wollte hinauslaufen, aber Julien hielt sie blitzschnell am Arm zurück.
    „Wie könnt Ihr es wagen, mich anzufassen!“, stieß sie wütend hervor.
    „Demoiselle, es tut mir leid, wenn ich schon wieder Euren Unwillen erregt habe, das lag ganz bestimmt nicht in meiner Absicht“, sagte er mit fester Stimme und sah sie dabei ruhig an. „Aber es wäre ein Akt der Menschenfreundlichkeit, mir wenigstens zu sagen, womit.“
    Sie riss mit einem Ruck ihren Arm aus seinem Griff und blitzte ihn fassungslos an.
    „Das ist ungeheuerlich! Ihr belehrt mich? Ihr, der Ihr bislang die einfachsten Grundsätze guter Erziehung missen ließet, wollt mir sagen, wie ich mich zu benehmen habe?”
    „Ich belehre Euch keinesfalls, Demoiselle. Ich versuche nur, Euch zu verstehen.“
    Julien griff erneut nach ihrer Hand, die sich eiskalt anfühlte und zitterte.
    „Ihr habt mich offenbar falsch verstanden, Demoiselle“, sagte er ruhig, als sie nicht antwortete. „Ich habe bereits bei Eurem Eintreten bemerkt, dass Ihr erregt seid, und den Grund dafür auf mich bezogen. Da ich keinesfalls möchte, dass Ihr Euch meinetwegen so echauffiert, bitte ich Euch inständig, mir den Grund Eures Missfallens zu nennen, damit ich diesen bedauerlichen Umstand sofort beheben kann.“
    Marie starrte ihn entgeistert an. Meinte er das im Ernst, oder machte er sich lustig über sie?
    „Lasst mich

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