Die Rose von Angelâme (German Edition)
Töchterchen zu unterhalten, und dabei Simon hin und wieder einen neugierigen Blick zuzuwerfen.
Als sie fertig waren, erkläre Christina ihm: „Die Adresse, die Benetti mir genannt hat, liegt außerhalb der Stadt, ungefähr zwanzig Minuten mit dem Bus, sagt unsere Wirtin.“
Sie hob Marie hoch und reichte sie zu ihm herüber. Er nahm sie ihr ab und setzte sie auf seinen Schoß. Christina holte eine Straßenkarte aus ihrer Tasche und breitete sie auf dem Tisch aus.
„Hier.“ Sie zeigte nach kurzem Suchen auf einen kleinen Ort, dessen Namen Simon nicht lesen konnte, da er aus seiner Sicht auf dem Kopf stand. „Der Bus fährt in einer halben Stunde ganz in der Nähe ab.“
Simon roch das Babyöl, welches Christina für Marie verwendet hatte, und hielt einen Augenblick lang seine Nase direkt über deren rotblonde Locken. Ein unerklärlich väterliches Gefühl kroch in ihm hoch, was er überrascht gewähren ließ.
„Ich muss noch kurz telefonieren“, meinte er und legte seine Serviette neben Tasse und Teller, ließ Marie von seinen Knien rutschen und verschwand im Büro der Pension.
Als er zurückkam, schaute Christina ihn fragend an.
„Ich habe mit meiner Sekretärin telefoniert“, erklärte er. „Ich dachte, gestern Abend meinen Chef am Campo gesehen zu haben und wollte wissen, wo er sich zurzeit aufhält.“
„Und?“
„Sie weiß es nicht. Jedenfalls war er seit gestern Vormittag nicht mehr in seinem Büro.“
„Ich meinte: Und? Haben Sie ihn gesehen oder nicht?“
„Keine Ahnung. Ich wüsste nicht, was er hier zu tun hätte. Allerdings erinnerte sich Linda daran, dass er so etwas wie er müsse dringend etwas in Ordnung bringen gesagt habe. Was auch immer das sein möge.“
Christina hob ein paar Sachen vom Boden auf, die Marie liegen gelassen hatte, und stopfte sie in ihre Reisetasche. Dann ergriff sie Maries Hand und verließ mit ihr und ihrem Gepäck die Pension. Simon hängte sich seine eigene Tasche über und folgte ihr schweigend.
Sie erreichten die angegebene Adresse zwei knappe Stunden später, da es doch nicht so einfach war, den richtigen Bus zu finden, wie Christina gedacht hatte. Der Ort, in den sie schließlich kamen, mutete sehr mittelalterlich an. Er lag, von dicken Festungsmauern umschlossen, auf der Kuppe eines sanften Hügels, und konnte nur auf einer Seite durch ein riesiges Tor betreten oder befahren werden.
Signore Pedro Benetti bewohnte eines der zweigeschossigen, aus sorgfältig behauenen und zusammengefügten Bruchsteinen erbauten Häuschen inmitten der alten Anlage. Trotz der frühen Jahreszeit standen große Tontöpfe vor seiner Tür, in denen kräftige Pflanzen bereits die ersten Blätter zeigten.
Als sie an der altmodischen Klingelvorrichtung gezogen hatten öffnete ein etwa fünfzigjähriger Mann ihnen die Tür. Er war schlank, hatte einen eher dunklen Teint und fast weiße Kopf-und Barthaare, die sehr gepflegt wirkten. Ein Paar strahlend blaue Augen musterten die Besucher freundlich, die Lachfältchen ließen auf einen Menschen mit viel Humor schließen.
„Ich bin Christina“, stellte sie sich vor. „Das hier ist Simon und dies meine kleine Marie.“
„Herzlich willkommen!“, begrüßte er zuerst Christina, dann Simon, und bückte sich schließlich, um auch dem Kind die Hand zu geben.
„Ich bin Signore Benetti und freue mich sehr, dass Sie gekommen sind. Treten Sie doch ein.“
Er ließ seine Besucher in den schmalen Flur vorgehen, bevor er die Tür wieder schloss.
„Möchten Sie etwas essen oder trinken?“, fragte er.
Als sie verneinten, holte er eine Schachtel, die er vor dem Kind auf den Boden stellte.
„Bücher“, erklärte er und überließ Marie sich selber und dem Experiment, den Deckel zu öffnen und nachzusehen, was Interessantes sich darunter verbarg.
„Haben Sie das Bild mitgebracht?“, fragte er nach den üblichen Vorreden, an Christina gewandt.
„Nein, Signore. Es scheint sehr wertvoll zu sein, deshalb …“ Sie warf einen Blick zu Simon hinüber. „Nur originalgroße Abzüge von Fotos, die ich für Sie gemacht habe.“
Da Simon das Italienisch der beiden nicht verstand, beschränkte er sich auf seinen Beobachtungsposten und schwieg.
„Das verstehe ich“, sagte Benetti. „Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen das Gemälde, das sich in meinem Besitz befindet.“
„Gerne!“ Christina schaute sich suchend um.
„Dazu müssen wir in meine Galerie gehen“, erklärte Benetti und zeigte mit dem Daumen nach oben. „Was haben
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