Die Rose von Angelâme (German Edition)
Mission.
„Nein, natürlich nicht“, entgegnete Benetti ruhig. „Der Künstler, der sich auf dem Damen-Bild mit Spika benannte, hat zu einer anderen Methode gegriffen, um auf das Geheimnis des Bildes aufmerksam zu machen. Er malte es so, dass die Unstimmigkeiten auffallen mussten. Zu allen Zeiten“, verhinderte er Simons erneuten Versuch, etwas einzuwenden. „Wer sie entdeckt, würde die Malerei entfernen und die Schrift darunter finden. Nur war die Zeit wohl bislang noch nicht reif für das, was er zu sagen hatte.“
„Wie kommen Sie darauf, dass dieser lateinische Text unter der Malerei die Lösung für ein Rätsel sein könnte, das wir bisher nur angenommen haben?“
„Der Text ist in französischer Sprache abgefasst und in gotischen Minuskeln geschrieben“, berichtigte ihn Signore Benetti. „Im Gegensatz zu den Schriftzeichen auf dem Bild, die in Rotunda abgefasst wurden.“
„Oh.“
Simon sah fragend zu Christina hinüber, die sich jetzt die Fotos noch einmal genauer ansah.
„Übersetzt lautet der Text: Die Zeit wird ein Zeichen setzen und die Zahl der verlorenen Unschuld nach zwei Mal der Zahl der Weisheit vor drei Mal die Zahl der Weisheit stellen.“ Als er in ihre ratlosen Gesichter sah, fuhr Benetti fort: „Ich habe lange daran herumgerätselt, was damit gemeint sein könnte.“
„Und?“ Christina wartete gespannt auf die Lösung.
„Zahlensymbolik. Hat übrigens Ihr ehrenwerter Herr von Goethe in seinem Hexengedicht angewandt.“
„Das bislang auch noch niemand so richtig entschlüsseln konnte“, seufzte Christina.
„Glauben Sie?“ Er schmunzelte vielsagend vor sich hin. „Über dieses Hexengedicht bin ich drauf gekommen, wie es funktionieren könnte.“ Benetti zeigte auf die Schrift, die auf den Fotos unter der Farbe des Gemäldes zu erkennen war. „Die Eins ist die Zahl der verlorenen Unschuld, aber auch der Göttlichen Einheit. Die Neun gilt als die Zahl der Weisheit.“
Er schaute interessiert zu, wie Simon die Zahlen auf einem Block zusammenstellte.
„Also, wenn ich jetzt richtig mitgeschrieben habe, steht die Eins nach zwei Mal der Neun und vor drei Mal der Neun …“ murmelte er vor sich hin und schaute dann verständnislos auf seine Zahlenreihe. „Neunneuneinsneunneunneun.“ Er suchte in Signore Benettis Gesicht nach einer Antwort. „Wenn’s Einsen und Nullen wären, würde ich sagen: Computerprogramm. Aber so?“
Als er die empörten Blicke der anderen einfing, kniff er die Lippen zusammen und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich sagte Ihnen bereits, dass der zweite Teil zur Lösung dieses Rätsels vermutlich hinter der Farbe Ihres Bildes steht“, erinnerte Signore Benetti ihn an das, was er anfangs gesagt hatte.
„Sieht für mich eher aus wie eine Telefonnummer“, ließ Christina sich vernehmen. „Vielleicht ist dieses Bild ja doch eine plumpe Fälschung.“
„Das auf keinen Fall!“ Daniels Stimme von der Tür her ließ alle drei herumfahren. Er stand da, das Gemälde mit der Dame im roten Samtkleid unter dem Arm.
Simon war aufgestanden und starrte ihn überrascht an.
„Daniel! Was um alles in der Welt machst du hier?“
„Ich bringe euch das Bild!“
Also hatte er am Abend zuvor doch richtig gesehen, als er ihn auf dem Campo erkannt zu haben glaubte, überlegte Simon. Er stand wie vom Donner gerührt da und versuchte, sich einen Reim darauf zu machen, was dies alles zu bedeuten hatte.
„Darf ich fragen, was Sie in meinem Hause zu suchen haben?“, ließ sich hinter ihnen Signore Benetti vernehmen.
„Ich besuche meinen alten Freund hier“, antwortete Daniel und wies mit dem Kinn auf Simon.
„Freund?“ Simon schüttelte langsam den Kopf.
„Ich bin gekommen, um euch dieses Bild hier zu bringen. Es scheint, als würdet ihr es brauchen.“
Christina ging entschlossen auf ihn zu und blieb vor ihm stehen.
„Wie kommen Sie an das Gemälde? Soweit ich mich erinnern kann, hing es bis vor ein paar Tagen noch in meiner Wohnung!“
„Keine Alarmanlage“, sagte er, als erkläre das alles.
„Und wie kommst du hier herein?“, wollte Simon wissen.
„Die Tür stand offen.“
Signore Benetti kniff die Augen zusammen. „Darf ich mich Ihnen vorstellen?“ Er ging auf Daniel zu. „Mein Name ist Pedro Benetti, ich bin hier der Hausherr.“
„Daniel Savarini.“ Seine ausgestreckte Hand griff ins Leere.
„Sie sind mir eine Erklärung für Ihr Erscheinen in meinem Hause schuldig, meinen Sie nicht?“, forderte Signore Benetti
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