Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
Vom Netzwerk:
die ihre Sinne verwirrte und sie völlig teilnahmslos machte. Deshalb hielt sie sich zurückgezogen in ihrer Kammer, betreut von einer Dienerin und einem Medicus, der sich alle zwei Wochen bei ihr sehen ließ. Manchmal überfiel Rose der Gedanke, der Medicus verabreiche ihr einen unheilvollen Sud, der den teilnahmslosen Zustand ihrer Mutter heraufbeschwor, aber sie konnte ihm nichts dergleichen nachweisen. Außerdem hielt sie die Aderlässe für unnötig, die er an der ohnehin geschwächten Frau vornahm, musste sich aber jedes Mal anhören, dass er sich jegliche Einmischung in seine Behandlungen verbete. Rose war überzeugt davon, dass einige seiner Anwendungen den Zustand ihrer Mutter eher verschlechterten als verbesserten.
    Die junge Frau kannte das Geschwätz des Dienstpersonals sehr gut. Sie hatte mehr als einmal gehört, wie die Mädchen hinter vorgehaltener Hand von ihrer Herrin als von der Hexe sprachen.
    Sie gab nichts darauf. Ihre Mutter war schwermütig, war krank, aber sie war keine Hexe.
    Rose weigerte sich, ihre Mutter in ein Kloster schaffen zu lassen, um sie vor den Folgen solcher Unterstellungen zu schützen. Aber sie hatte den Ortsgeistlichen gebeten, einmal in der Woche heraufzukommen und der edlen Dame seinen Beistand zu gewähren. Ihre Mutter jedoch wehrte sich gegen diesen Mann, der anbot, den Teufel auszutreiben, der von ihrem Leib Besitz ergriffen haben mochte.
    Sie ließ ihn vor der Tür ihrer Kammer stehen.
    Ihre Haltung änderte sich jedoch, als er ihr über Rose ausrichten ließ, von diesem Vorhaben abzusehen und ihr nur die Beichte abnehmen zu wollen.
    Inzwischen schien sie sogar ungeduldig auf ihn zu warten und schickte ihre Zofe und die übrigen Bediensteten aus der Kammer, sobald er eingetroffen war. Sie wollte mit ihm, dem Herrn und ihrer Beichte allein sein.
    Was eine zurückgezogen lebende Frau wie sie zu beichten habe, blieb vor der restlichen Welt ein für alle Mal verborgen.
    Rose entlohnte den Geistlichen großzügig, als sie sah, wie ihre Mutter auflebte und wieder ein wenig mehr am Geschehen um sich herum teilnahm. Sie erfuhr indes nicht, was die jungen Weiberleute über das tuschelten, was sie gesehen und gehört haben wollten: dass der geistliche Herr keinesfalls gegen Unkeuschheiten immun war, und die hohe Herrin wohl nicht nur mit dem Gotteslob beglückte.

    Die Trauung von Rose und Albert fand im Oktober des Jahres 1304 in der kleinen, schmucklosen Kapelle auf der Burg derer zu Angelâme statt. Als Albert den schweren Samtschleier seiner Braut zurückschlug, um ihr vor Gott und den Menschen den ersten offiziellen Kuss zu geben, zitterte Rose am ganzen Körper vor Aufregung. Noch stundenlang danach spürte sie die Berührung seiner Lippen auf den ihren.
    Aus alter Tradition fütterte sie ihren Angetrauten während der gesamten Hochzeitsfeier geduldig mit den köstlichsten Leckerbissen, die sie ihm wie ein Versprechen in den Mund steckte. Sie selbst brachte kaum etwas hinunter und sehnte sich vielmehr danach, endlich mit ihrem Manne allein zu sein. Das trunkene, hemmungslose und überlaute Treiben um sie herum wurde ihr irgendwann zu viel. Sie wünschte, ihr Gemahl bemerke es und erlöse sie von ihrem Leiden.
    Aber Albert merkte offenbar nichts, feierte ausgelassen, aß und trank mit den Gästen, prostete seiner Frau hin und wieder zu, und klatschte zum Spiel der Musikanten, die das Gelage begleiteten.
    Als sich die junge Frau schließlich zurückzog, um sich in einer ruhigen Kammer von ihren Zofen die Röcke des Hochzeitsgewandes und die aufwendige Frisur wieder ordnen zu lassen, sah sie sich plötzlich inmitten eines Reigens munter gackernder, kichernder Mädchen.
    „Was gibt es da zu lachen?“, fragte sie streng.
    „Oh, nichts, hohe Frau! Wir haben uns nur darüber unterhalten, was unter solchen Umständen üblich ist.“
    „Das wäre?“
    „Nun“, ihre Zofe Agnès stemmte ihre Fäuste in die üppige Hüfte. „Ihr werdet heute Nacht das Bett zum ersten Mal mit Eurem hochwohlgeborenen Herrn Gemahl teilen. Darüber haben wir uns unterhalten.“
    Die Mädchen kicherten erneut.
    „Was gibt es darüber zu kichern?“, fragte Rose zornig.
    „Ah, also ist es an der Zeit, mit Euch über …“
    „Ihr werdet nichts dergleichen tun!“, ließ sich eine Frauenstimme von der Tür her vernehmen. Die Mädchen verstummten augenblicklich und traten mit gesenkten Häuptern einen Schritt zur Seite. Rose sah überrascht auf.
    „Mutter!“
    „Geht, geht alle!“, befahl die Frau

Weitere Kostenlose Bücher