Die Rose von Angelâme (German Edition)
beunruhigen, wusste, dass er ohnedies nicht an ihre seltsamen Vorahnungen glaubte, die er als Weibergeschwätz abtat.
Also erzählte sie ihm nie wieder davon.
Ihre Schwangerschaft verlief unproblematisch unter den wachsamen Augen ihrer Zofe Agnès und deren Mutter, der Wehfrau des Weilers zu Angelâme, die immer wieder in die Burg heraufkam, um nach ihr zu sehen.
Auch der Medicus, der Roses Mutter betreute, bot seine Hilfe an und Rose amüsierte sich über die kleinen Kämpfe, die er und die Wehmutter miteinander ausfochten. Am Ende war es immer die Frau, die besser mit Roses Unpässlichkeiten umzugehen wusste als der Mann. Rose hatte volles Vertrauen zu ihr. Schließlich hatte die Wehfrau schon so vielen Menschen auf die Welt geholfen, dass sie irgendwann einmal aufgehört hatte sie zu zählen. Auch hatte Rose niemals vergessen, dass sie ihr durch Agnès und jenes geheimnisvolle Öl über die erste Begegnung mit ihrem Mann hinweg geholfen hatte.
Als die Stunde nahte, zu der sie niederkommen sollte, stand die Wehmutter bereit, ohne dass jemand sie gerufen hatte.
Agnès und die übrigen Zofen waren ebenfalls in der Schlafkammer, um der Gebärenden beizustehen. Mit ruhiger Hand und fester Stimme begleitete die Wehfrau die Geburt und half dem Winzling auf die Welt, der sich mit aller Macht einen Weg aus dem schützenden Leib seiner Mutter bahnte. Sie wusch das Kleine und legte es Rose, in frische Tücher gewickelt, an die Brust, damit sich die beiden miteinander bekannt machen konnten.
„Bittet meinen Gemahl herein, damit er sein Kind sieht“, bat Rose schwach.
Die Frauen lachten leise. Sie glaubten nicht daran, dass der Burgherr dieser Aufforderung nachkommen würde. Es gab Wichtigeres für einen Mann, als die Geburt seines Kindes.
„Wie Ihr wollt“, sagte Agnès jedoch und eilte hinaus, den frischgebackenen Vater zu holen.
Albert kam sofort, gab der Wehfrau ein gutes Geld, welches diese dankbar annahm, und schloss sein Weib zärtlich in die Arme.
„So etwas habe ich ganz selten von einem Manne erlebt, wie der sie behandelt“, murmelte die Wehmutter vor sich hin, bevor sie den Raum verließ. „Eine wahrlich mit Liebe gesegnete Frau!“
Einige Wochen nach der Geburt ihres Kindes erfasste Rose eine unerklärliche Unruhe, die sie schier verzweifeln ließ, und gegen die selbst Agnès und die Wehfrau kein Kraut kannten.
Albert beschloss unter anderem aus diesem Grunde im Spätherbst des Jahres 1305, mit Rose und dem Kind für einige Zeit zu verreisen, zumal er wichtige geschäftliche Dinge zu regeln hatte. Ziel der Reise war Tuscien, wo einer seiner Freunde ein großes Weingut hatte. Wie in jedem Jahr beherbergte jener auch jetzt Geschäftsleute aus den unterschiedlichsten Ländern. Sie alle waren anwesend, um mit ihm kommende Weinlieferungen zu besprechen und ihre Bestellungen aufzugeben. Immerhin war der Händler als einer der angesehensten Hoflieferanten weit und breit bekannt, und es lohnte sich schon der hohen Qualität seiner Weine wegen, mit ihm Geschäfte zu machen.
Rose hatte die Wehfrau gebeten, mitzukommen. Sie aber hatte abgelehnt: Zu viele andere Frauen gab es, die ihre Hilfe brauchten. Agnès würde mit ihnen reisen, tröstete sie die junge Frau. Ein Gedanke, der Rose mit warmer Zuversicht erfüllte.
Die kleine Familie und ihre Begleiter folgten zunächst den alten Pilgerwegen nach Aigues-Mortes, wo sie den sauniers dabei zusahen, wie das Fleur de Sel geerntet wurde, das inzwischen zur Haupteinnahmequelle der kleinen Stadt am Meer geworden war. Albert bestellte einige Fässer des wertvollen Salzes für seinen Keller und den des Gasthofes unten im Ort. Der Wirt war seit Jahren ein guter Abnehmer des weißen Goldes, welches er vorbeiziehenden Händlern anbot und damit eine hübsche Nebeneinnahme bestritt.
Dann schlossen sie sich für ein paar Tage einem Tross Händler an und setzten mit ihnen zusammen nach Pisa über, wo sich ihre Wege trennten. Sie folgten einen Tagesritt lang dem Lauf des Ebro, bevor sie sich erneut nach Süden wandten, und schließlich die Stadt Siena erreichten. Einen weiteren Tagesritt entfernt trafen sie völlig erschöpft auf dem Gut des Weinhändlers ein, das zwischen Pinienhainen, Säulenzypressen und Olivenbäumen auf seine Gäste zu warten schien. Der Hausherr begrüßte sie aufs Herzlichste und lud sie auf einen Umtrunk mit Wein aus den traditionellen, strohumflochtenen Flaschen ein, bevor sie ihre Unterkünfte bezogen.
Rose erfuhr während des Abendmahles,
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