Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
Vom Netzwerk:
jetzt die weniger begünstigten Bürger von Paris am Haus des Finanzministers ausgetobt, als sie erfuhren, dass ihr König die Île de la Cité auf unbestimmte Zeit verlassen habe. Sie ahnten wohl, dass er sich vor ihrer Wut in Sicherheit gebracht hatte. Eine Ohrfeige seiner Majestät für die aufgebrachte Meute, die sie ihrem König nicht so schnell verzeihen würde.
    Was Wunder, dass selbst Philipp in diesem Augenblick das Wort Feigling eingefallen war.
    Als der junge Mann die Templer jetzt fragend ansah, fing er einen Blick auf, der ihm gebot, die Dinge besser so zu sehen, wie sie ihm dargestellt wurden.
    Pierre konnte den roten Feuerschein deutlich sehen und erkannte in dem Geräusch, was den König vorher zum Fenster gerufen hatte, das Schreien und Toben der Bürger von Paris, die in den Gassen ihrer Stadt wüteten.
    Philipp schien derweil vergessen zu haben, warum er Pierre hatte rufen lassen, und dass sein Adlatus noch immer im Raum weilte. Er wandte sich an die umstehenden Tempelherren, mit denen er eine heftige Diskussion über das weitere Vorgehen begann.
    Die Templer, die ihm mehr aus Höflichkeit denn aus Überzeugung zuhörten und das Gesagte mit äußerster Vorsicht kommentierten, fühlten sich offensichtlich unwohl in ihrer Haut. Als SaintMartin im Türrahmen erschien, verstummte die Runde zunächst, um seinen ergänzenden Berichten zu lauschen. Er hatte sie von einigen seiner Leute erhalten, die mit viel Mühe die Tore des Temple erreicht hatten und dem mordgierigen Pöbel nur mit knapper Not entkommen waren.
    Erst, als der König erneut nach einem Boten schicken lassen wollte, gewahrte er seinen Adlatus noch immer neben der Tür stehend, und für einen Augenblick sah er finster zu ihm hinüber. Er schien zu überlegen, wie viel jener wohl von der ganzen Situation mitbekommen hatte, beschloss dann aber, es dabei zu belassen und winkte ihn mürrisch zu sich heran.
    „Hier, das Schreiben für de Nogaret“, warf er ihm entgegen. „Du wirst unverzüglich zu ihm gehen und es ihm überbringen.“
    Er überreichte ihm eine versiegelte Schriftrolle, die Pierre mit einer tiefen Verbeugung entgegennahm.
    „Bringt mich auf den Wehrturm, damit ich mir ein Bild über das Ausmaß dessen machen kann, was hier vor sich geht. Dann werde ich mir weitere Schritte überlegen“, befahl der König den Templern, und wandte sich an seine Männer, die noch immer starr vor Entsetzen abgewartet hatten, was geschehen würde. Es musste sie verblüffen zu hören, dass Philipp sich weitere Schritte überlegen wollte, da jetzt auch dem Einfältigsten unter ihnen klar geworden sein musste, dass ihr König durch sein Verlassen des Palastes im Morgengrauen wohlweislich die Flucht ergriffen und sich bei den Templern verkrochen hatte. Sie konnten nicht umhin, sich bedeutungsvolle Blicke zuzuwerfen.
    Pierre verließ schleunigst den Raum. Draußen blieb er einen Augenblick lang mit angehaltenem Atem stehen und dachte nach. Es schien ihm außerordentlich gefährlich, den Temple jetzt zu verlassen, wo das Volk auf den Straßen wütete und nur darauf wartete, jemanden aus dem Gefolge Philipps in die Hände zu bekommen. Er wusste andererseits, dass er dem Befehl seines Herrn unverzüglich Folge zu leisten hatte, und so ging Pierre zunächst zu den Ställen hinüber, um sich ein Pferd geben zu lassen, auf dem er sich sicherer fühlen würde. Mitten auf dem Hof blieb er jedoch erneut stehen und besann sich eines anderen.
    Als er den Temple durch eine Geheimtür verlassen hatte, die ihm einer der Wachmänner zeigte, versuchte er, sich zwischen dem aufgebrachten Volk hindurchzumogeln. Dabei wurde er mehrmals angepöbelt und mit der grölenden Meute mitgerissen, die ihn für einen der ihren zu halten schien, da er in ihre Parolen einstimmte und wie sie die Fäuste erhob, um nicht aufzufallen. Dabei entging ihm nicht, dass er sich den aufgebrachten Bürgern der Stadt eine ganze Zeit lang aus innerer Überzeugung anschloss, und sich schließlich nur deshalb irgendwo seitlich in eine der dreckstrotzenden, stinkenden Gassen schlug, weil ihm seine Aufgabe wichtiger sein musste als seine innere Einstellung.
    Pierre erreichte mit einiger Mühe die Seine, lief ein Stück am unbefestigten Ufer entlang und überquerte schließlich die Brücke, die von der Île de la Cité in Richtung Süden führte, und auf der es von aufgebrachten Menschen nur so wimmelte. Sie strebten entweder dem königlichen Palast oder dem brennenden Haus des Finanzministers zu.

Weitere Kostenlose Bücher