Die Rose von Angelâme (German Edition)
Tempelherren kamen herein, und Philipp winkte sie unwirsch zu sich heran. Sie traten neben ihn und sahen mit beunruhigten Mienen aus dem mit kostbarem, beinahe makellosem, bleigefassten Glas gegen Wind und Wetter schützenden Fenster.
„Großer Gott“, entfuhr es einem der Dreien, „ist das nicht das Haus …“
„Es ist das Haus meines Finanzministers Etienne Barbette, jawohl!“, keuchte der König heiser vor Zorn. „Dieser Abschaum der Menschheit, diese verkommene Teufelsbrut wagt es, Feuer an das Eigentum eines meiner Leute zu legen!“
„Sire, bitte“, versuchte einer der Tempelherren ihn zu beruhigen, aber der König hieß ihn mit einer herrischen Geste zu schweigen.
Ein weiterer Ritter kam durch eine Seitentür in den Raum gelaufen und verneigte sich halbherzig vor dem König, der diesen Affront ignorierte.
„Einer unserer Boten teilte uns soeben mit, dass es zu heftigen Auseinandersetzungen in den Straßen und Gassen der Stadt gekommen sein soll. Es hat demnach sogar Tote gegeben.“
Der König wandte sich zu ihm um.
„Was schert es mich, wenn das Ungeziefer da draußen sich gegenseitig umbringt? Dieses Gesindel zu reduzieren hätte selbst ich nicht gewagt, so sehr es mich hin und wieder danach gelüstete, wenn ich seines ansichtig wurde“, fuhr der König ihn an und machte dabei ein so angewidertes Gesicht, dass sich die Umstehenden unschwer vorstellen konnten, wie sehr es den Monarchen vor dem Dreck ekelte, der sich ihm hin und wieder bei seinen Ausritten darbot.
„Von Toten unter dem Volk weiß ich nichts“, berichtete der soeben dazugekommene Tempelritter ungerührt. „Es heißt, die aufgebrachte Bevölkerung habe einige Edelleute aus ihren Häusern gezerrt und aufgehängt.“
„Edelleute?“, vergewisserte sich der König fassungslos, richtig gehört zu haben.
„Es ist auch zu Plünderungen gekommen, und einige Häuser hoch stehender Persönlichkeiten wurden in Brand gesetzt“, berichtete der Ritter weiter.
Der König starrte wieder aus dem Fenster, welches jetzt im Feuerschein rot erhellt war.
„Sire, Majestät, wenn Ihr Euch zurückziehen wollt?“, schlug einer der Männer eher halbherzig vor.
„Ich bin hierher gekommen, um mit den ehrwürdigen Herren dieses Temple über geschäftliche Dinge zu sprechen, und soll mich in Eurem Gemäuer vor einem Haufen wild gewordener Bürger verstecken? Meint Ihr das mit zurückziehen ?“, fuhr der König auf. „Ihr wollt doch Eurem König nicht etwa unterstellen, ein Feigling zu sein?“
„Sire, wir bieten an, Euch sicher zu Eurem Palast zurückzugeleiten, wenn Ihr befehlt!“, erwiderte der Angesprochene. Doch der König dachte nicht daran, auf die Zweideutigkeit dieses Angebots einzugehen.
„Nein, ich werde hier wie geplant meine Geschäfte erledigen. Es liegt an Euch, für meine Sicherheit zu sorgen, so lange ich als Gast in Euren Mauern weile!“
Pierre erinnerte sich in diesem Augenblick daran, dass einstmals Heinrich III. von England darauf bestanden hatte, am sichersten Ort der Welt untergebracht zu werden, als er Ludwig den Heiligen im Jahre 1259 in Paris besuchte, und das war für ihn der Temple.
Des Königs Adlatus kam nicht umhin zu glauben, dass sein Herr ganz bewusst diesen Ort für den Fall von Ausschreitungen gewählt und heute aufgesucht hatte.
Geschickt hatte er seiner Meinung nach die Gastfreundschaft der Templer als seinen Geschäftspartnern angesprochen, um nicht das Gesicht zu verlieren oder womöglich hinauskomplimentiert zu werden. Pierre war sich nach einem Blick in die Runde der umstehenden Templer sicher, dass jene darum wussten und längst ihre eigenen Schlüsse daraus gezogen hatten.
Philipp wusste wiederum sehr gut, dass sein Volk ausgesprochen ungehalten über die königlich angeordnete Entwertung des französischen Geldes war, was die Armen und Ärmsten im Reich unweigerlich ins Verderben stürzen würde. Das Ausbrechen eines Aufstandes war lediglich eine Frage der Zeit gewesen.
Der König, auch daran erinnerte sich Pierre in diesem Augenblick, der König selbst hatte sich vor wenigen Tagen noch in Gegenwart einiger Hofschranzen darüber aufgeregt, dass ein paar Händler von seinem wenig rühmlichen, unüberlegten Vorgehen mehr profitierten als ihm recht sein konnte. Sie hatten ihre Schulden umgehend in der schwachen Währung beglichen und sogar ihre Steuern ohne weiteren Aufhebens entrichtet, stieß Philipp sauer auf, aber er konnte nichts dagegen tun.
Vermutlich, so dachte Pierre, haben sich
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