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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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Haupt neigen zu müssen. Das Kästchen war vor Jahrhunderten von einem Silberschmied so gearbeitet worden, dass es sich nur an einer Stelle öffnen ließ. Es blieb jedoch das Geheimnis weniger Eingeweihter, den komplizierten Mechanismus auszulösen, der einen Blick in das Innere gestattete.
    Darin befand sich eine wahrhaft heilige Reliquie: die Schädelknochen jener Frau, durch die das Allerheiligste Gut in die Zukunft getragen worden war, das zu schützen sich die Templer und die Bruderschaft de Saint-Germain-des-Prés geweiht hatten. Die einzige Reliquie, von der die Eingeweihten mit absoluter Sicherheit wussten, dass sie echt war.
    „Jeder von euch verbürgt sich durch einen Heiligen Schwur mit seinem Leben dafür, dieses Heiligtum vor denen zu schützen, für die es nichts als ein vergoldetes Edelholzkästchen darstellt, in dem sich ein morscher Schädelknochen befindet“, befahl der Großmeister.
    Die Männer leisteten einer nach dem anderen feierlich seinen Eid.
    „Was unternehmen wir also, wenn sich Philipp tatsächlich gegen die Templer wendet?“, fragte einer der Männer schließlich besorgt, und riss Montgelas aus seinen Gedanken, die er später wieder aufzunehmen gedachte, wenn er ein wenig Abstand gewonnen hatte.
    „Wir nehmen alle Ritter auf, die sich an uns wenden, und werden uns auf bewährte Weise für sie einsetzen“, entgegnete Montgelas ruhig. Er erhob sich.
    „Jeder weiß, was er zu tun hat, und jeder tue es im Sinne des Herrn, dem wir dienen. Möge uns die Frau beistehen, die seinem Herzen am nächsten stand, und deren Heilige Überreste am morgigen Sonntag in unserer Krypta eine würdevolle Ruhestätte finden werden.“
    „Amen.“

Angelâme und Tours im Sommer des Jahres 1306
    Mitten in den Vorbereitungen zur Abreise aus Frankreich ereilte Rose das Schicksal, das bereits seit Langem unbemerkt auf sie gelauert hatte. An einem Morgen kurz nach der Unterredung zwischen Jacques und Albert im August des Jahres 1306 erschienen mehrere Männer in Kettenhemden unter dunklen Mänteln vor dem Anwesen der Angelâmes, und zeigten dem verdutzten Torwächter eine gerichtliche Vorladung für seine Herrin nach Tours.
    Sinnlos, der Mann konnte kein Wort lesen.
    Rose empfing die Herren schließlich in ihren privaten Räumen und las schweigend, was ihr auf einem mit rotem Siegel versehenen Pergament überreicht wurde.
    „Was wollt Ihr von mir?“, fragte sie, als sie geendet und das Pergament wieder ordentlich zusammengefaltet an die Männer zurückgegeben hatte. „Weder mein Herr noch mein Oheim …“
    „Der Gerichtliche Rat zu Tours ersucht Euer Gnaden höflichst, sich ohne Zögern zu einer Anhörung einzufinden“, unterbrach sie ihr Anführer und wies zur Tür.
    „Als Zeugin oder als Angeklagte?“, wollte Rose wissen. „Das geht aus dem Schreiben nicht hervor.“
    „Wenn Ihr Euch keiner Schuld bewusst seid, Hohe Frau, wird es wohl so sein, dass man Euch in den Zeugenstand bittet.“
    Rose verzog den Mund. Natürlich war sie sich keiner Schuld bewusst. Sie konnte sich auch nicht vorstellen, was der Gerichtliche Rat von ihr wollte. Ihr war allerdings auch klar, dass man einen sehr günstigen Zeitpunkt für diese Vorladung gewählt hatte: Weder ihr Oheim noch ihr Mann waren im Hause und wurden auch nicht vor Ende der Woche zurück erwartet. Zu jenem Zeitpunkt hatten sie vorgehabt, nach Italien aufzubrechen.
    „Ich werde der Aufforderung Folge leisten, sobald mein Gemahl und mein Oheim von ihrer Reise zurück sind“, wagte sie einen Versuch.
    „Das ist nicht möglich“, erwiderte der Anführer kalt. „Wir haben Befehl, Euch sofort mitzunehmen. Lasst unverzüglich ein paar persönliche Dinge packen, die Ihr mitnehmen wollt.“
    Rose überlief es eiskalt.
    „Die Reise wird beschwerlich für mich werden, denn wie Ihr sicherlich sehen könnt, bin ich guter Hoffnung.“
    „Das sehen wir, aber Ihr wäret ohnedies demnächst abgereist, wenn wir die Zeichen richtig deuten“, erwiderte der Anführer hämisch und wies auf eine Anzahl gepackter Truhen. „Also?“
    Rose klingelte nach Agnès, die augenblicklich erschien. Sie befahl ihr, ein paar Kleidungsstücke einzupacken und die Tasche zu dem Gefährt bringen zu lassen, welches vor dem Tor wartete. Agnès erbleichte, sagte jedoch kein Wort, sondern verschwand und tat, wie ihr geheißen.
    Die Fahrt nach Tours verlief ruhig, da die Wege sich in einem einigermaßen ordentlichen Zustand befanden. Rose kam unbeschadet vor dem Gerichtsgebäude der

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