Die Rose von Asturien
niederzustoßen, um Ermengildas Ehre zu retten, griff er zur Hüfte und merkte dann erst, dass er nur mit einem Hemd bekleidet und waffenlos war.
Da trat Konrad in das Mondlicht. Er lächelte anerkennend, ohne seine Eifersucht ganz verbergen zu können. »Es war klug von dir, nicht mit hineinzugehen!«
»Wärst du ihr gefolgt, wenn du an meiner Stelle gewesen wärst?«, antwortete Philibert mit einer Gegenfrage.
»Ich weiß es nicht. Sie ist wunderschön und hätte einen besseren Mann verdient als Eward!« Konrad seufzte und trat neben Philibert. »Was macht deine Wunde?«
»Der Arzt meint, es würde wieder alles gut. Ich muss diese Nacht noch in seinem Zelt verbringen, aber morgen hast du mich wieder am Hals. Alleine schlafen nur die hohen Herren, und wie man an Eward und Hildiger sieht, tun auch sie es nicht immer.«
»Was die beiden treiben, ist widerlich«, brach es aus Konrad heraus.
Philibert war ein paar Jahre älter und lebenserfahrener als er. Daher zuckte er nur mit den Schultern. »Wäre Eward ansonsten ein Mann, dem man Achtung entgegenbringen könnte, würde es mich nicht stören. Das heißt natürlich nur, wenn er Prinzessin Ermengilda so behandelte, wie sie es verdient. Doch er ist nur ein Schwächling, der Hildiger nach dem Mund redet. Des Königs Absicht, ihn durch eine Heirat von dieser Leidenschaft abzubringen, wird, so fürchte ich, scheitern.«
»Ich werde zu Markgraf Roland gehen und ihn bitten, mich einem anderen Trupp zuzuteilen. Ich will nicht weiter unter Ewards Kommando stehen!« Konrad sah so aus, als wolle er noch mitten in der Nacht Rolands Zelt aufsuchen.
Doch Philibert hielt ihn fest. »Halt! Der König hat dich ebenso wie mich in Ewards Schar gesteckt. Daher kann nur Herr Karl uns aus diesem Dienst entlassen. Herr Roland wird dir keinen anderen Bescheid geben können.«
»Der Teufel soll Eward holen!«, antwortete Konrad, nahm dann Philibert, der vor Schwäche zu zittern begann, beim Arm und führte ihn zu dem Zelt des Arztes. Dort verabschiedete er sich von ihm und kehrte in sein Bett zurück. Bis zum Einschlafen drehten sich seine Gedanken um Ermengilda. Obwohl er Eward geradezu hasste, so war es doch in einer Hinsicht gut, dass sie dessen Weib geworden war. So konnten Philibert und er Freunde bleiben und ihre Liebe zu der Unerreichbaren teilen, anstatt Rivalen oder gar erbitterte Gegner zu werden.
4.
J
ussuf Ibn al Qasi wog den Granatapfel, den sein Gastgeber ihm gereicht hatte, in der Hand und wusste nicht so recht, was er damit anfangen sollte. Verlegen ließ er seinen Blick durch den Garten wandern, der ihm wie ein Abbild des Paradieses erschien. Bäume, Büsche und Blumen waren von kundiger Hand gepflanzt worden und vermittelten ein Gefühl von Ruhe und Frieden.
»Iss! Er ist nicht vergiftet.« Die Stimme seines Gastgebers Abd ar-Rahman klang amüsiert.
Gehorsam schnitt Jussuf die zähe Haut des Granatapfels auf, klaubte einen der roten Kerne heraus und steckte ihn in den Mund. Sein Gastgeber nahm ebenfalls einige Kerne und verspeiste sie voller Genuss. Sofort eilte ein schwarzer Sklave mit einem goldenen Wasserbecken und einem weißen Handtuch herbei, damit der Emir sich die Hände reinigen konnte.
»Die Granatäpfel sind in diesem Jahr besonders süß«, stellte Abd ar-Rahman, der Herr von Córdoba, fest und bot seinem Gast damit die Gelegenheit, auf das Th ema überzuleiten, das diesem am Herzen lag.
»Nur Allah weiß, ob wir sie in diesem Herbst am Ebro werden ernten können«, antwortete Jussuf Ibn al Qasi.
»Fallen so große Vogelscharen über deine Gärten her, Freund Jussuf?«
»Wenn du die Franken Vögel nennst, dann ist es so, mein Gebieter.« Jussuf Ibn al Qasi verbeugte sich vor dem Emir und vermochte dabei seine Angst nicht ganz zu verbergen. Im Norden Spaniens war in den letzten Jahren vieles anders gelaufen, als es Abd ar-Rahman gefiel. Zudem lähmte die Furcht vor den Franken die maurischen Bewohner der Grenzgebiete ebenso wie die christlichen Könige und Grafen, die sich in den Bergen an der Küste Kantabriens, Galiciens und Asturiens festgekrallt hatten und Tribute zahlten, damit die Heere des Islam sie nicht ins Meer trieben.
»Die Angst vor den Franken ist unsere schärfste Waffe!«
Abd ar-Rahmans Ausruf riss Jussuf aus seinen Gedanken.
»Wie meinst du das, mein Gebieter?«
»Silo von Asturien fürchtet um seine Krone, auch wenn diese nur ein Ring aus Blech ist. Er kann nicht dulden, dass die Franken zu mächtig werden oder gar Land
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