Die Rose von Asturien
auf dieser Seite der Pyrenäen gewinnen. Obwohl er der Sohn einer Maurin ist, denkt er wie ein Visigote und hat nicht vergessen, dass die Franken sein Volk einst aus Gallien vertrieben haben.« Abd ar-Rahman lächelte selbstzufrieden und aß weitere Kerne.
Sein Gast wusste darauf nichts zu antworten. Silo von Asturien war ebenso wie sein Vorgänger Aurelio kein Herrscher, der hier in Córdoba Ängste ausgelöst hatte. Als sich vor kurzem einige Statthalter auf die Seite des Kalifen al Mahdi gestellt hatten, der als Abbaside der Todfeind des OmaijadenAbd ar-Rahman war, hatte Silo sich mit Aufständen im eigenen Land herumschlagen müssen und keinen Gewinn aus der neuen Situation ziehen können. Da der Abbaside jedoch nicht in der Lage war, seine Anhänger im fernen Spanien zu unterstützen, hatten diese sich an die Franken gewandt, deren Hunger nach Land unter König Pippin und seinem Sohn Karl neu erwacht war.
»Nun, Jussuf, du siehst zweifelnd drein. Glaubst du nicht auch, dass Silo von Asturien lieber Tribute an uns zahlt, als sich den Franken zu unterwerfen? Mit weniger wird Karl sich nämlich nicht zufriedengeben.«
Jussuf Ibn al Qasi reichte die leere Granatapfelhülle dem schwarzen Sklaven und wusch sich die Hände. Dabei wusste er selbst nicht, ob er es tat, um Zeit zu gewinnen, bis ihm eine passende Antwort einfiel, oder ob die Angst seine Gedanken lähmte.
»Wenn der Franke Silo die Spitze seines Schwertes an die Kehle hält, wird dieser sich Karl als Vasall unterwerfen«, sagte er schließlich.
»Er wäre ein Narr, täte er es nicht«, spottete der Emir. »Gleichzeitig aber wird er hoffen, dass mein Heer ihn von den Franken erlöst.«
»Das wird nicht leicht werden, mein Emir. Die Franken gleichen einer Flut, die über das Gebirge stürzen wird.«
Abd ar-Rahman schüttelte den Kopf. »Stemmst du dich gegen eine anrollende Flut, Freund Jussuf, oder schwimmst du mit ihr mit und lässt dich von ihr tragen? Der Franke soll ruhig kommen, damit die Walis im Norden, die nach Bagdad schielen, erkennen, was ihnen blüht, wenn ich meine schützende Hand von ihnen abziehe.«
»Aber was machst du mit jenen, die sich dir wieder unterworfen haben oder stets treu zu dir gestanden sind, mein Gebieter?«, fragte Jussuf erschrocken.
Der Emir nahm dem Sklaven die Schüssel aus der Hand und schüttete das Wasser auf den Weg. Es bildete sich eine Pfütze, aus der mehrere größere Steine herausragten. Abd ar-Rahman zeigte auf diese.
»Genauso wird es den Franken gehen. Sie werden den Norden überfluten, aber an den Mauern der großen Städte scheitern. Sie sind nicht in der Lage, Befestigungen zu stürmen, sondern müssen die Menschen dahinter aushungern, wie sie es mit Pavia, der Hauptstadt der Langobarden, getan haben. Also werden wir genügend Vorräte und Soldaten nach Saragossa und in die anderen Städte schaffen, damit diese gut versorgt sind und sich viele Monde halten können. An dich geht der Befehl, jedes Getreidekorn und jede Olive, die den Franken als Nahrung dienen könnte, hinter schützende Mauern zu bringen. Der Hunger, mein Freund, ist in diesem Krieg eine schärfere Waffe als das Schwert. Zudem werde ich dafür sorgen, dass König Karl sich nicht lange in Spanien aufhält.«
Jussuf sah den Emir verwirrt an. »Wie willst du das vollbringen, mein Herr und Gebieter?«
Abd ar-Rahman lächelte zufrieden. »Die Franken haben Feinde, die für blankes Gold ihre Schwerter ziehen werden. Es kostet weniger, uns dieser Leute zu bedienen, als uns selbst einer Feldschlacht zu stellen. In einem offenen Krieg würden zu viele gute Männer fallen, die ich nach Karls Abzug benötige, um Verräter wie Suleiman Abd al Arabi zu bestrafen.« Bei den letzten Worten nahm die Stimme des Emirs einen harten Klang an. Jussuf begriff, dass Abd ar-Rahman niemandem verzeihen würde, der ihn verraten hatte, und atmete erleichtert auf, weil er dem Emir seine – wenn auch manchmal schwankende – Treue bewiesen hatte. Der Auftrag, alles Korn im Norden in die Städte bringen zu lassen, bewies ihm, dass er noch immer das Vertrauen des Herrschers und dessen Gunst genoss.
Der Emir beobachtete seinen Gefolgsmann und las ihm die Gedanken von der Stirn ab. Die Banu Qasim waren die bedeutendste Sippe des Nordens und hatten lange geschwankt, ob sie sich Suleiman Ibn Jakthan al Arabi el Kelbi anschließen und sich mit den Franken verbünden oder Córdoba die Treue halten sollten. Da Jussuf Ibn al Qasi zu ihm gekommen war, glaubte der Emir,
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