Die Rose von Asturien
Ermengilda am liebsten bei der Nachhut oder wenigstens beim Hauptheer zurückgelassen, doch König Karl hatte sich unerbittlich gezeigt. Das Ehepaar musste zusammenbleiben und dabei täglich seine ehelichen Pflichten erfüllen.
Der Markgraf hatte vom König den Auftrag erhalten, dafür zu sorgen, dass Eward diesen Befehl auch befolgte, und ihm schien es Freude zu bereiten, den jungen Ehemann jeden Abend daran zu erinnern. Wäre Hildiger bei ihm gewesen, hätte Eward auf dessen Drängen hin aufbegehrt. So aber ergab er sich in sein Schicksal. Es machte ihm zwar keine Freude, mit Ermengilda zu verkehren, doch seine Abscheu vor ihr begann zu schwinden.
Auch Ermengilda hatte sich daran gewöhnt, dass ihr Ehemannjeden Abend zu ihr kam. Da er ihr keine Schmerzen mehr zufügte, nahm sie es klaglos hin und klammerte sich an die Hoffnung, bald in andere Umstände zu kommen. Manchmal, wenn sie mit Maite zusammen auf dem Ochsenwagen saß, der ihnen als Transportmittel zur Verfügung gestellt worden war, dachte sie mit Schaudern daran, wie lange es bei ihrer Mutter gedauert hatte, bis diese empfangen hatte.
Maite ließ sich ihre Laune nicht von Ermengildas verzweifelter Miene trüben, denn ihr gefiel es, dass es auf dem Marsch endlich wieder Ansprechpartner gab. Auf Karls Befehl hatte Graf Eneko Roland mehrere seiner Gefolgsleute als Führer mitgegeben, und da die jungen Waskonen die Franken nicht mochten, unterhielten sie sich lieber mit ihr. Bei ihnen galt Maite immer noch als die kühne Tochter des berühmten Häuptlings Iker, die selbst einem Grafen Roderich ins Gesicht gespuckt hatte, und so konnte sie sich im Kreis dieser Burschen wieder ganz als Waskonin fühlen und davon träumen, einmal jenen Platz einzunehmen, der ihr ihrer Abkunft nach zustand.
Von den Franken kümmerte sich kaum einer um Maite. Nur Philibert und Konrad, die seit König Karls Machtwort häufig zusammen mit anderen Trabanten von Eward in dessen Zelt eingeladen wurden, sprachen mit ihr. Maite merkte jedoch, dass es den jungen Männern nur darum ging, sie über Ermengilda auszuhorchen.
Die schöne Asturierin war auch der Grund, weshalb die beiden so bereitwillig zu Eward kamen. Zwar durften sie nichts tun oder sagen, was dessen Ehre kränken konnte, versuchten aber, Ermengilda unauffällig zu vermitteln, dass sie jederzeit mit ihrer Unterstützung rechnen konnte.
Sie lernten auch Eward besser kennen und begriffen bald, dass sich hinter dessen hochmütiger Fassade ein schwacher, ängstlicher Mensch verbarg. Nach Konrads Worten wäre Karls Verwandter ein guter Betbruder geworden. Als Anführer vonKriegern taugte er nicht, und der Gedanke, dass dieser Schwächling die Frau sein Eigen nennen konnte, die er und Philibert verehrten, vergällte ihnen beiden das Dasein. Sie fieberten dem Kampf mit den Mauren entgegen und wünschten sich im Stillen, Eward würde bei den Kämpfen fallen.
Zu Beginn ihres Marsches sah es jedoch nicht so aus, als würde es in nächster Zeit zu einem Gefecht kommen. Zwar tauchten immer wieder maurische Reiter auf, doch jedes Mal, wenn Roland eine Schar ausschickte, um die Feinde zu jagen, gaben diese ihren Pferden die Sporen und verschwanden schneller, als die schwerfälligen Hengste der Franken ihnen folgen konnten.
Auch an diesem Tag konnten sie nur auf die wehenden Schweife der Maurenpferde starren, während ihren Reittieren bereits der Schaum vom Maul troff. Konrads Hengst rasselte bedenklich in der Brust. Daher zügelte er ihn und hob die Hand zum Zeichen für die anderen Reiter, die Verfolgung abzubrechen.
»So wird das nichts, Männer. Die maurischen Gäule sind einfach zu schnell für uns.«
»… und wir zu schwer gepanzert«, setzte Philibert enttäuscht hinzu, der mittlerweile wieder auf den Beinen war. »Das mag in der Schlacht von Vorteil sein, nicht aber bei einer solchen Hetzjagd.«
Konrad sah ihn an und grinste. »Vielleicht kriegen wir diese Kerle doch noch. Ich habe da eine Idee!«
Philibert verdrehte die Augen. »Du und deine Ideen! Das wird wieder was sein.«
»Lass dich überraschen.« Konrad wandte sich an Rado, dessen Mienenspiel verriet, dass er begriff, was sein Anführer im Schilde führte. »Wie viele der erbeuteten maurischen Stuten führen wir mit uns?«
»Etwa dreißig, und alle gut im Saft, wie ich bemerken will.« Konrads Blick überflog seine Schar und suchte die leichtestenReiter heraus. »Wir werden auf Panzerhemden und Schilde verzichten müssen. Wenn wir geschickt vorgehen,
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