Die Rose von Asturien
billiger als die Herbergen. Außerdem läuft Konrad so weniger Gefahr, auf echte Juden zu treffen, denen er doch etwas komisch vorkommen würde. Passt er übrigens beim Pinkeln auf, damit keiner ihm zusieht?«
»Wieso?« Maite starrte den Jungen verdutzt an.
»Na, es heißt doch, dass den Juden vorne etwas weggeschnitten worden sein soll. Da wäre es fatal, wenn einer entdeckt, dass Konrad an der Stelle noch vollständig ist.« Just grinste, denn es machte ihm Spaß, mit seinem Wissen zu prahlen.
Als Konrad kurz darauf befahl, anzuhalten, und abstieg, um sich am Straßenrand zu erleichtern, stupste Just Maite an.
»Wer sagt es ihm jetzt? Du oder ich?«
»Ich glaube, es ist besser, du tust es.« Maite wunderte sichselbst, wieso sie darauf verzichtete, Konrad mit ein paar spöttischen Worten auf einen Fehler hinzuweisen. Doch bei dem Gedanken an den Körperteil, um den es nun ging, sah sie wieder die Szene vor sich, in der Konrad und Ermengilda sich so schamlos gepaart hatten, und fühlte erneut Ekel in sich aufsteigen.
»Mach ich!« Just bekam nichts von ihren Empfindungen mit, sondern eilte zu Konrad, stellte sich neben ihn und ließ ebenfalls sein Wasser rinnen. Dabei sprach er ihn auf die Sitte der Juden an, die männlichen Mitglieder ihres Volkes zu beschneiden.
Konrad zuckte zusammen und sah sich hastig um. Ermengilda bemerkte es und wandte sich an Maite. »Was haben die beiden?«
»Just sagt Konrad gerade, dass er aufpassen muss, wenn er sein Stöcklein hervorholt. Echten Juden fehlt da nämlich etwas, das er noch hat.«
Als Ermengilda es hörte, musste sie kichern. Gleichzeitig rutschte auch sie vom Esel herab und sah sich suchend um.
»Was ist los?«, fragte Maite.
»Ich muss auch Wasser lassen.«
»Schon wieder?« Maite stöhnte, denn Ermengilda hatte erst vor kurzer Zeit ein kleines Wäldchen, das ihr Schutz vor zudringlichen Blicken geboten hatte, dazu benützt, sich zu erleichtern. Hier an dieser Stelle gab es jedoch kein Gebüsch, hinter dem sie Deckung suchen konnte.
Da aber Ermengildas Blase zwickte, blieb dieser nichts anderes übrig, als ihre Kleidung zu raffen und sich am Wegesrand hinzuhocken.
»Wenn das so weitergeht, kommt dein Kind noch, bevor wir die Pyrenäen in der Ferne sehen!« Maite schüttelte sich, denn in ihren Augen kamen sie wie Schnecken voran. Dazu schmolz ihr Geld wie Schnee im Frühjahr, und sie benötigten dringendwärmere Überwürfe. In den Bergen würde es bald bitterkalt werden.
Trotz Maites Befürchtungen kamen sie mit Just zusammen rascher voran als zuvor, denn der Junge kannte die Gegend, die er zu Fuß erkundet hatte, besser als sie. Unterwegs trafen sie noch zweimal auf maurische Patrouillen. Deren Anführer ließen sich jedoch von dem auf Kamelhaut geschriebenen Schutzbrief mit dem Siegel des Emirs beeindrucken und gaben ihnen den Weg frei.
Schließlich lag auch Saragossa seitlich hinter ihnen, und in der Ferne konnten Ermengilda und Maite von einer Anhöhe aus die Berge ihrer Heimat sehen. Doch gerade, als sie glaubten, das Schlimmste überstanden zu haben, hörten sie in der Nähe lautes Geschrei und das Klirren von Waffen.
Während sie in die Richtung blickten, aus der der Lärm zu ihnen drang, hob Maite die Hand. »Da sollten wir uns besser nicht einmischen. In dieser Gegend finden immer wieder Scharmützel zwischen asturischen Reitern und maurischen Streifscharen statt. Machen wir, dass wir von hier fortkommen. Wenn die Falschen uns entdecken, geht es uns an den Kragen, denn nach dem Schutzbrief des Emirs fragt hier niemand mehr!«
Sie wollte weitergehen, doch Konrad sprang von seinem Esel und hielt sie auf. »Wir sollten wenigstens nachsehen, wer sich da schlägt. Bleiben Ermengildas Landsleute siegreich, können wir uns ihnen anschließen.«
»Es kann sich aber genauso gut um verfeindete Araber- und Berberstämme handeln. Denen sollten wir besser aus dem Weg gehen!«
»Aber dafür müssen wir wissen, in welche Richtung sie reiten.« Konrad wies die anderen an, in Deckung zu gehen, und schlich auf die Kampfgeräusche zu.
9.
P
hilibert von Roisel war am selben Tag aufgebrochen, an dem er wieder auf einem Pferd zu sitzen vermochte. Der Arzt, den König Karl ihm geschickt hatte, war strikt gegen sein Vorhaben gewesen, weil der junge Krieger seiner Ansicht nach zu schwach sei, einen so langen und gefährlichen Ritt durchzustehen. Doch Philiberts Wille, Ermengilda so rasch wie möglich zu finden und zu befreien, war stärker gewesen als jede
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