Die Rose von Asturien
Ungeduld.
Schlagartig wurde Alma ernst. »Dieser Frankenkönig Karl – Gott möge ihn verdammen – sucht …, nein, er fordert ein Bündnis mit Asturien. Sichtbarer Ausdruck davon soll die Heirat eines Mädchens aus königlich-asturischem Blut mit einem seiner Verwandten sein.«
»Ich verstehe, was mein Bruder plant. Er will den Franken ein Mädchen aus einer Familie geben, die eng mit ihm verbunden ist. Seine Herrschaft ist nicht unumstritten, und da käme ihm ein Bündnis mit den Franken gerade recht. Aber muss es unbedingt ein Franke für meine Tochter sein? Mir gefällt das nicht.« Doña Urraxa blies die Backen auf und wandte sich an Ermengilda. »Und es tut mir leid um dich, aber du wirst dich fügen müssen.«
»Der Franke nannte Graf Eward einen illegitimen Halbruder König Karls. Also zählt der Mann zur königlichen Sippe, und für Ermengilda ist es gewiss keine Schande, sein Weib zu werden.« Mit aufmunternden Worten versuchte Alma, dem Mädchen diese Ehe schmackhaft zu machen. Wie sie erfahren hatte, war Eward trotz seiner Jugend vom König das Recht zugestanden worden, Markgraf in dem Teil Spaniens zu werden, den sein König den Mauren abzunehmen gedachte.
»Wie sieht dieser Graf denn aus?«, fragte Ermengilda, die selbst nicht wusste, ob sie sich über diese Heirat freuen oder sich davor fürchten sollte. Bliebe Eward in Spanien, würde sie ihre Heimat nicht ganz verlassen müssen und häufig ihre Verwandten besuchen können. Zudem reizte sie die Abkunft desjungen Mannes. Als Franke mochte er zwar ein Hinterwäldler sein, aber er war von königlichem Blut. Auf einen ebenbürtigen Mann konnte sie weder in Asturien noch in den angrenzenden Gebieten hoffen. Dann aber stellte sie sich vor, ihr Bräutigam würde nicht in Spanien bleiben, sondern sie in dieses düstere Frankenreich verschleppen, und bei dem Gedanken schüttelte sie sich.
Doña Urraxa beobachtete ihre Tochter und kam erleichtert zu dem Schluss, dass das Mädchen sich nicht gegen die Verbindung mit dem Franken sträuben würde. Nur ungern hätte sie Ermengilda mit Drohungen oder gar mit Schlägen zu dieser Heirat gezwungen.
Der Wirtschafterin entgingen die Blicke, mit denen ihre Herrin Ermengilda maß, denn sie konnte ihre Neuigkeiten nicht schnell genug loswerden. »Der fränkische Krieger, mit dem ich mich unterhalten habe, kennt Eward persönlich und konnte ihn mir beschreiben. Wie treffend seine Schilderung ist, weiß ich natürlich nicht, aber ich hoffe, dass der Franke nicht zu sehr übertrieben hat. Graf Eward soll hochgewachsen und wohlgestaltet sein. Sein Haar ist blond, aber nicht so hell wie das deines Vaters oder das deine, und sein Gesicht wird noch vom Schmelz der Jugend beherrscht. Aber man erkennt schon, dass er einmal ein stolzer Herr sein wird. Er lernt sogar unsere Sprache und wird dich daher in den Worten deiner Heimat begrüßen können.«
Ermengilda zog die Schultern hoch. »Muss ich dann auch Fränkisch lernen?«
»Es wäre gewiss kein Schaden«, antwortete ihre Mutter an Almas Stelle. »Nur musst du dich entscheiden, ob du dir die Sprache Neustriens aneignen willst oder das rauhe Idiom des Nordens, das jenem der Visigoten ähnelt.«
In Asturien gehörte Graf Roderich zu den wenigen, die die westgotische Sprache noch sprechen konnten. Ermengildaselbst hatte nur wenige Worte gelernt, die sie manchmal aus Spaß verwendete, um das Gesinde zu verwirren, aber sie klangen hart und ungeschliffen in ihren Ohren. Eine ähnliche Sprache erlernen zu müssen, passte ihr daher gar nicht.
»Ich glaube, ich wähle die Sprache Neustriens. Schließlich liegt uns dieses Land näher als das ferne Germanien.« Das Mädchen lachte auf und sah ihre Mutter mit übermütig blitzenden Augen an.
Doña Urraxa nickte zufrieden. »Das ist eine gute Entscheidung. Die Sprache Neustriens ist mit der asturischen ebenso verwandt wie das Okzitanische jenseits der Pyrenäen. Wie mir ein gelehrter Mönch einmal erklärt hat, stammen alle drei von der heiligen lateinischen Sprache ab, während das Germanische in den düsteren Wäldern des Nordens entstanden ist und, mit Verlaub gesagt, auch so klingt.«
Ermengildas Lachen war so ansteckend, dass auch ihre Mutter und die Wirtschafterin darin einfielen. Als Doña Urraxa sich wieder beruhigt hatte und ihrer Tochter die Vorzüge einer Ehe mit dem jungen Franken aufzeigen wollte, schwang die Tür auf.
Ermengildas Leibmagd Ebla huschte verängstigt in den Raum, kniete neben Ermengilda nieder und
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