Die Rose von Asturien
der Asturier, und der Helm mit seinem weit nach hinten reichenden Nackenschutz war von ungewöhnlicher Form.
Schnell wandte sie den Blick ab, denn der Fremde, der Gospert genannt wurde, verschlang sie beinahe mit den Blicken. »Die Maid wird ihrem Beinamen Rose von Asturien wahrlich gerecht, Euer Majestät!«
Silo lächelte erfreut. »Glaubt Ihr, Graf Eward wird mit dieser Wahl zufrieden sein?«
Die Frage des Königs ließ nicht nur Ermengilda aufhorchen.Das Mädchen war alt genug, verheiratet zu werden, und zu Roderichs Missbehagen hatte der König sich das Recht vorbehalten, einen Ehemann für Ermengilda auszusuchen. Das wäre halb so schlimm, wenn es sich bei dem Ehemann um einen Verbündeten handeln würde, von dem auch er sich Vorteile erhoffen konnte. Aber ein Franke wie Eward würde ihm und Urraxa nicht viel nützen.
Silo achtete nicht auf die verdrießliche Miene seines Gastgebers, sondern maß seine Nichte mit einem Blick, der ein gewisses Bedauern verriet. Das Mädchen war groß, gerade gewachsen und von unvergleichlicher Anmut. Goldblondes Haar umrahmte ihr Haupt wie eine Krone, und aus einem ebenmäßigen Gesicht leuchteten zwei Augen in den Farben des Himmels. Selbst die nahe Verwandtschaft hätte ihn normalerweise nicht davon abgehalten, sie zu seiner Geliebten zu machen. Doch Roderichs Treue und sein Schwertarm zählten in diesen Zeiten mehr als die Befriedigung seiner Lust. Außerdem war das Mädchen auch in anderer Hinsicht zu wertvoll.
»Dies ist Herr Gospert, ein Gesandter des Königs der Franken. Wir verhandeln über ein Bündnis zwischen unseren Reichen«, sagte er so laut, dass seine Stimme in weitem Umkreis zu vernehmen war und seine Worte so auch seinen Gegnern in Asturien zu Ohren kommen würden.
Die Franken waren hierzulande so beliebt wie eine Seuche, aber auch ebenso gefürchtet. Daher waren sie in seinen Augen ein gutes Gegengewicht zu den Mauren, auf deren Freundschaft und Vertragstreue er auf Dauer nicht zählen konnte. Silo wusste, dass er vor allem Abd ar-Rahman, den ehrgeizigen Emir von Córdoba, im Auge behalten musste, denn dieser strebte die Herrschaft über alle Mauren und auch über ganz Spanien an. Um gegen ihn gerüstet zu sein, benötigte er das Bündnis mit den Franken.
Graf Roderich wusste dies ebenfalls und begrüßte Gospert daherfreundlicher, als der Fremde es seiner Meinung nach verdiente. Nur Doña Urraxa gelang es nicht, sich zu verstellen, und sie gab dem Franken nur widerwillig den Willkommenskuss. Auf einen Wink des Königs hin musste Ermengilda Gospert ebenfalls küssen, und sie fragte sich beunruhigt, wer dieser Graf Eward sein mochte, von dem der König gesprochen hatte.
Silo dachte jedoch nicht daran, zwischen Tür und Angel über Einzelheiten zu reden. Daher legte er Roderich den Arm um die Schulter und führte ihn durch das Tor in den Hof. Urraxa eilte ihnen voraus, um Alma von der Ankunft der Gäste zu unterrichten. Es waren mehr als einhundert Leute zu verköstigen, und das ohne Vorankündigung. Allein deswegen grollte sie ihrem Halbbruder. Doch Könige kamen und gingen, wie es ihnen passte, und die armen Frauen, die für das Essen zuständig waren, mussten sehen, wie sie zurechtkamen.
Alma hatte bereits die Knechte und Mägde an die Arbeit gescheucht, und als der König mit seinem Gastgeber die große Halle betrat, stand gekühlter Wein auf der mit grünem Laub geschmückten Tafel. Auf der Freifläche hinter der Küche drehten sich mehrere Spanferkel und ein Hammel an den Bratspießen. Der König musste jedoch nicht so lange warten, bis das Fleisch dieser Tiere gar war, denn Ermengildas Leibmagd Ebla kredenzte ihm nicht nur den Wein, sondern reichte ihm auch ein großes Stück getrockneten Schinkens und frisch gebackenes Brot.
Während der König seinen ersten Hunger stillte, fasste er das Mädchen am Kinn und nickte zufrieden. Er hatte seine Gemahlin Adosina nicht aus Neigung geheiratet, sondern weil sie die Tochter König Alfonsos und die Schwester König Fruelas war. Für die Reize hübscher Mädchen war er daher stets empfänglich.
»Du kannst mir heute Nacht den Schlaftrunk kredenzen«, sagte er und entließ Ebla mit einem Klaps auf den Hintern,der keinen Zweifel über seine Absichten zuließ. Da es sich nur um eine Magd handelte, nickte Graf Roderich zustimmend. Für einen Augenblick hatte er befürchtet, das Auge des Königs wäre auf Ermengilda gefallen. Seine Tochter schien Silo jedoch zu wertvoll zu sein, um als Gespielin für eine
Weitere Kostenlose Bücher