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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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Feier des Tages die Bestände seines noch aus der Vorkriegszeit stammenden Weinkellers plündern würde.
    Karl erfrischte sich unter der Kaltwasserdusche im Gästehäuschen, während Kathryn ein Bad im Haupthaus nahm und sich dort hübsch machte. Endlich konnte sie ihr neues Dinnerkleid anziehen. Es war hellgrün, bodenlang und mit hinreißenden, von Aashmi entworfenen Applikationen bestickt. Sie verliefen von den Schultern die Oberseite der trapezförmigen Ärmel entlang und zierten den breiten Taillenbund – Blätter und Farne aus glitzernden Pailletten in delikaten Farbübergängen von Beigegold über Grün- zu Brauntönen.
    Das schimmernde Haar frisierte sie, eng am Kopf anliegend und an den Seiten gewellt, im Nacken zu einem breiten Knoten verschlungen. Kathryn malte sich die Lippen rot an, stäubte einen Hauch Puder übers Gesicht und tupfte sparsam hinters Ohr und auf den Puls ihr Lieblingsparfüm, L’Air du Temps. Sie rückte ihre kostbaren Nahtstrümpfe zurecht, dann schlüpfte sie in ihre hohen Wildlederpumps, mit denen sie sich nicht nur größer, sondern auch verführerischer fühlte.
    Carl und Titus, beide im Smoking, genehmigten sich bereits einen Aperitif. Als Kathryn die Treppe hinunterschritt, verschlug es Carl die Sprache. Nicht nur ihr Anblick versetzte ihn in Aufregung, sondern auch die Art, wie sie sich bewegte: elegant, geschmeidig, gelassen … Seine Queen of Darjeeling – ein wahrhaft königliches Geschöpf! Klasse hatte sie immer gehabt, aber jetzt sah er, dass sie tatsächlich zu einer besonderen Klasse gehörte.
    »Du siehst atemberaubend aus«, Titus gab ihr einen Handkuss. Er hatte zugenommen seit Studententagen, die Locken waren ergraut, aber die Augen blickten immer noch jung und neugierig.
    »Katie, das ist ja ein Traum!«
    Sam bewunderte ihre Freundin. Sie hatte sich ebenfalls herausgeputzt, trug ein figurbetontes Dinnerkleid mit besticktem Schalkragen, was Titus sichtlich gefiel. Carl rückte Kathryn den Stuhl am Esstisch zurecht.
    »Ja, Aashmi ist eine wahre Künstlerin auf diesem Gebiet geworden. Ich hab ein ähnliches von Dior, aber das trag ich nicht halb so gern.«
    Kathryn biss sich auf die Zunge. Das war nicht der richtige Rahmen für solche Bemerkungen. Außerdem hatte sie sich das Haute-Couture-Kleid im New Look auch nur zugelegt, weil ihre Schwägerin und Annabella sie dazu überredet hatten, als sie gemeinsam eine Modenschau im Savoy besuchten, eigentlich, um ihre Tochter angemessen für die Saison auszustatten.
    »Dein Kleid ist auch bezaubernd, Sam«, gab Kathryn das Kompliment deshalb schnell zurück, »Royalblau stand dir immer schon fabelhaft.«
    Titus berichtete von seiner Arbeit als Amtsarzt und im Hospital und von ihrem letzten Besuch in Paris bei seinen Eltern. Sein trockener Humor stachelte die Gäste an. Carl war an diesem Abend schlagfertig wie selten, Kathryn sprühte vor Geist. Sie lachten viel. Sam legte nach dem Essen Schallplatten auf, Musik, die damals im Gymkhana gespielt worden war. Let’s Fall in Love, das herrliche Salonlied mit dem wunderbar anrüchigen Text … birds do it, bees do it, even educated fleas do it … Sie tanzten und sangen alle mit: »Let’s do it, let’s fall in love!« Keiner sprach Kathryns und Carls gemeinsame Zukunft an.
    »Ich hoffe sehr, dass ich mich bald bei euch für eure Gastfreundschaft revanchieren kann«, sagte Kathryn, als sie sich im Garten zur Nacht verabschiedeten.
    »Dies ist schon eine Revanche«, sagte Sam lächelnd. »Nämlich meine, für etwas, das lange zurückliegt.«
    Kathryn und Carl verschwanden eng umschlungen im Goldregentunnel.
    »Hach, die beiden sind zu beneiden«, seufzte Samantha. Sie schmiegte ihren Kopf an Titus’ Schulter. Er legte seinen Arm um sie und drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe.
    »Ich glaube nicht, dass sie zu beneiden sind«, erwiderte er nachdenklich. Der Arzt war ein guter Menschenkenner. »Was ihnen bevorsteht, wird sehr hart.«
    Sam wollte sich ihre romantischen Vorstellungen nicht rauben lassen. »Ach, seit Edward für seine große Liebe auf den Thron verzichtet hat, halte ich alles für möglich.«
    Ohne es auszusprechen, grübelten Carl und Kathryn. Wo sollten sie leben? Wovon würden sie leben? Wie würde es denen ergehen, die sie verließen? Das Gedankenkarussell drehte sich ständig im Hintergrund, während sie einander immer mehr Einblicke in ihr Leben gewährten.
    Kathryn erzählte von der Rückbesinnung vieler Jerseyaner auf die Naturheilkunde. Sie berichtete

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