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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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den Apples in Darjeeling erinnerte.
    »Was ist aus ihnen geworden?«, fragte Carl.
    »Oh, meinen Schwiegereltern geht’s blendend. Sie sind rechtzeitig vor der Ablösung Indiens nach England gezogen, in die Cotswolds.«
    Kathryn wusste, dass der älteste Apple-Sohn Victor inzwischen als Juraprofessor und Vater von acht Kindern in Oxford lebte. »Wahrscheinlich wegen der Nähe zu den zahlreichen Enkelkindern …«, mutmaßte sie.
    »Schon«, Sam giggelte, »aber die meiste Zeit verbringen sie in Paris.«
    »Dann sind sie offenbar nicht verarmt wie so viele …«
    »Im Gegenteil! Sie haben ja jahrzehntelang junge Künstler gefördert und einige Werke gesammelt, die heute ein Vermögen wert sind. Marya führt am Montmartre einen Salon, der Gertrude Stein vor Neid erblassen lassen würde.«
    »Würd mich freuen, wenn deine Schwiegereltern uns auch einmal auf Jersey besuchen könnten. Bitte richte es ihnen aus, Sam.«
    Ganz unbefangen in ihrer gewohnten Rolle als Lady Taintsworth hatte Kathryn die Einladung ausgesprochen. Erst als Samantha ihnen erklärte, wie man den großen, schweren Herd in der Küche zu bedienen hatte, wurde es ihr bewusst. Carl sah sie nachdenklich an. Ihre Augen lächelten ihm zu, ein wenig unsicher, liebevoll.
    »Denk nicht nach«, flüsterte sie.
    Sam war sensibel genug, um die leichte Stimmungsveränderung zu spüren. »Also, Bettwäsche und Handtücher sind da, alles andere findet ihr. Das Duschbad hat leider kein warmes Wasser … Ich denke, ich werde euch jetzt mal allein lassen. Falls ihr Fragen oder Lust auf Gesellschaft habt, kommt einfach rüber.«
    Kaum war sie verschwunden, holte Carl einen Blumenkarton hervor, in dem normalerweise Orchideen verschenkt wurden. Etwas ungeschickt vor Aufregung überreichte er Kathryn eine aus London mitgebrachte, noch halb geschlossene scharlachrote Rhododendronblüte.
    »Hier. Die hab ich für dich gezüchtet. Sie heißt Queen of Darjeeling … das heißt …«, er verhaspelte sich, »… also seit ein paar Jahren nennen wir sie Rose von Darjeeling. Aber ist ja auch egal, weil …«
    Kathryn ließ ihn nicht ausreden. »O wie schön!«
    Carl sagte nichts mehr, er verfolgte nur mit schimmernden Augen jede ihrer Regungen. Ehrfürchtig nahm sie die knospige Blüte entgegen, deren Zartheit und Leuchtkraft durch einen Kranz dunkelgrüner Blätter noch gesteigert wurde. Sie roch daran.
    »Wahnsinn! Die duftet ja wirklich! Wie damals … Du bist ein Zauberer!«
    Kathryn umarmte und küsste ihn. Dann lief sie in die Küche, klappte alle Schranktüren auf. Endlich fand sie eine flache Glasschale, die sie mit Wasser füllte. Da hinein legte sie die Dolde wie eine Lotusblüte. Und wie damals erhielt die Rhododendronblüte ihren Platz im Schlafzimmer.
    Kathryn streckte sich auf dem Bett aus. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf das blumig zarte Flair, das den Raum zu füllen begann.
    Carl blieb noch eine Weile in der Tür stehen, um dieses Bild in sich aufzunehmen. Es war die Erfüllung seiner Träume.
    Kathryn und Carl verliebten den Zeitpunkt zum Abendessen. Sobald Carl mit seiner nur ein wenig rauen Hand über ihre Haut glitt, schmolz Kathryn dahin. Vor ihrem inneren Auge verteilte er Feenstaub, der ihren Körper mit magischen Fünkchen verzauberte. Und das war erst der Anfang …
    Am nächsten Morgen stellte Sam ihnen Frühstück und Lebensmittel zur Selbstversorgung vor die Tür.
    Sie wussten beide nicht, wie es weitergehen sollte. Immer wenn die unausweichliche Frage sich näherte, wichen sie ihr aus, indem sie sich liebten. Sie wollten diese Zeit genießen.
    Einmal wachte Kathryn nachts auf, weil sie spürte, dass Carl sie anschaute. »Warum schläfst du nicht?«
    »Ich will keine Minute mit dir verpassen.«
    »Dummkopf«, zärtlich zog sie ihn unter die Bettdecke, schmiegte ihr Gesicht an seinen Oberarm. »Das Allerwunderbarste ist doch, sogar im Schlaf noch zu wissen, dass wir zusammen sind.«
    Zärtlichkeit und Leidenschaft wechselten sich ab. Mal schwiegen sie, und mal erzählten sie sich Episoden aus ihrem Leben. Die wichtigen Fragen schoben sie weiter auf, kreisten sie jedoch immer enger ein. Manchmal genossen sie die Sonnenstrahlen im ummauerten Kräuter- und Obstgarten, der sich auf der Rückseite an das Gästehäuschen anschloss. Carl kam gegen seine Natur nicht an. Er sah notleidende Pflanzen und half, zupfte hier kurz, schnitt dort, wässerte oder düngte rasch. Kathryn saß barfuß in ihrem rot-weiß gestreiften Sommerkleid auf der

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