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Die Rose von Darjeeling - Roman

Die Rose von Darjeeling - Roman

Titel: Die Rose von Darjeeling - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Lott
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Straßenrand.
    »Hier ist es aber schön, Grandma«, sagte Miles ergriffen.
    »Ja.«
    Kathryn dachte beglückt: Er liebt die Natur wie sein Großvater. Ihr einziger Sohn Charles war eindeutig nach den Whitewaters geraten. Rötliche Haare, praktisch veranlagt, geschäftstüchtig, solide und ein bisschen langweilig. Natürlich liebte sie ihren Sohn von ganzem Herzen. Aber Charles hatte wenig Sinn für Schönheit und für die Natur. Wo sie doch so gehofft hatte, in ihm seinen Vater wiederfinden zu können. Doch bekanntlich übersprangen typische Merkmale oft eine Generation.
    »Hast du jetzt Hunger, Miles?«
    Er nickte.
    In einem ländlichen Pub namens Beschwipste Krähe mit einer eigenen kleinen Brauerei wurden sie überschwänglich begrüßt. Die Wirtin lud sie auf Kosten des Hauses zu Kabeljau in Bierteig ein.
    »Bin Ihnen immer noch so dankbar, dass Sie damals für uns ein gutes Wort eingelegt haben«, sagte sie. »Die Jersey-Kühe, die wir von dem Darlehn kaufen konnten, haben schon einige Prämierungen erhalten.« Die Frau lächelte stolz. »Und wissen Sie, warum? Wir geben den Viechern die Gerstenreste zu fressen! Das ist unser Geheimrezept. Aber Ihnen verrate ich es. Sie haben so viel Gutes für unsere Familie getan.«
    Lady Kathryn winkte ab. »Lassen Sie es gut sein. Wie geht es denn Ihrem Mann jetzt?« Er war nach einer schweren Krankheit in finanzielle Bedrängnis geraten.
    Froh zeigte die Wirtin in den Garten. »Da ist er, er düngt gerade die Beete. Er hat sich wieder berappelt.«
    »Wie mich das freut! Grüßen Sie ihn ganz herzlich von uns, wir wünschen ihm weiter gute Besserung!«
    Sie fuhren weiter und hielten dann vor einer Methodistenhalle, in der die Hausfrauenvereinigung der Gemeinde einmal in der Woche ihre Kostbarkeiten zum Verkauf anbot.
    »Hier gibt’s nur Selbstgemachtes«, klärte Kathryn ihren Enkel auf.
    Er studierte aufmerksam das Angebot. In Regalen und auf Verkauftstischen standen altmodisch beschriftete Marmeladengläser mit fruchtigen Brotaufstrichen aus Produkten der Region, Cidre, Kuchen, gestrickte Pullover, Geranienableger und mehr. Einheimische und Touristen drängten sich vor den Angeboten. Kathryn bestellte bei Ann Ewitt eine große Portion Bean Crock, den traditionellen Bohneneintopf, und war froh, dass der Ansturm auf die hausgemachten Besonderheiten einen längeren Plausch ausschloss.
    »Warum lässt du Marie das nicht kochen?«, fragte Miles verwundert, während Kathryn noch einen bunten Strauß Sommerastern kaufte. »Sie kann das gut, das weiß ich.«
    »Ach, sie hat schon genug um die Ohren, und Ann Ewitt muss sich ganz allein durchschlagen mit ihren vier Kindern. Ihr Mann hat sie verlassen, und sie kann nicht arbeiten gehen, weil ihre Zwillinge noch klein sind.«
    In der St. Brelade’s Bay, auf dem nach Kathryns Meinung schönsten Friedhof der Welt, lag ihr vierundzwanzig Jahre zuvor verstorbener Mann Alfred. Sie besuchten die Grabstelle, Kathryn stellte die Sommerastern in eine Vase vor den Stein. Von hier aus hatten sie einen grandiosen Blick auf den Strand und über die Bucht hinaus aufs Meer. Über ihnen zogen Mauersegler in elegantem Gleitflug ihre Kreise.
    »Schade, dass ich Grandpa nicht mehr kennengelernt habe.«
    »Ja, das ist sehr, sehr schade.«
    Kathryn bedachte Miles mit einem seltsam wehmütigen Blick, der ihn irritierte. Verlegen versuchte er, auf den verwitterten Grabsteinen ringsum die verschnörkelten Inschriften zu entziffern.
    Anschließend statteten sie dem besten Hotel am Platze einen Besuch ab, um einige Spezialitäten zu verkosten. Der Restaurantmanager erwartete sie bereits, denn Kathryn hatte sich telefonisch angekündigt. Er überschlug sich fast vor Begeisterung. Dabei war er ein Mann von Welt, einst Chefkoch in internationalen Luxushotels gewesen, manchmal hatte ihn sogar Karajan samt Kochcrew nach Österreich einfliegen lassen.
    »Dass Sie endlich kommen, Lady Taintsworth, ist eine große Ehre für unser Haus und für mich!«
    Sie winkte milde lächelnd ab. Kurz wiederholte sie, was sie suchte. Der Manager klatschte in die Hände und gab ein paar Anweisungen, dann nahmen sie an einem Tisch mit Meerblick Platz. Er war schon mit weißem Damast fürs Abendessen eingedeckt. Wenige Minuten später servierte der Manager persönlich, begleitet von leidenschaftlichen Kommentaren, die erlesensten Meeresfrüchte.
    »Möchte der kleine Gentleman auch kosten?«
    Kathryn nickte. »Aber natürlich!« Sie sah ihren Enkel an. »Du kannst nicht früh genug

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