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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unmöglich so groß sein, wie die Qual, die mir der innere Vorwurf stets bereitet hat. Da, schau mich an! Was war ich für ein starker, kraftgewaltiger Bursch, und jetzt – jetzt bin ich ein Geripp’, jetzt seh’ ich wie der leibhaftige Tod, jetzt nennt man mich den – Klapperbein. So hat die Kummerkrankheit an mir genagt, so hat sie ein Stück nach dem anderen von meinem Leib und von meiner Seel’ herabgerissen, bis bloß noch die Kirchhofsscheuch’ verblieben ist!«
    »Da bist nur selber schuld! Der Vorwurf ist eine dumme Angewohnheit, durch die nur Alles schlimmer, aber nichts besser werden kann, und ein kluger Mann weiß sich vor ihr ganz schön zu hüten. Nur ein Narr wird sich selbst für das bestrafen, was er gethan hat. Geh’, Anton, Du bist ein solcher Narr! Du hast Dich von den Menschen verbannt und das Gut von Dir gegeben. Glaubst wirklich, daß Du wieder zu ihnen darfst, oder daß Du den Hof wiederbekommst?«
    »Ich glaub’s und werd’ es Dir beweisen. Du hast Deine Versprechung nicht gehalten, d’rum nehm’ ich Dir den Pacht. Mach’ Dich bereit; zum Montag zieht ein neuer Bauer ein!«
    »Ein neuer Bauer? Wer soll’s denn sein? Doch nicht Du selber?«
    »Nein! Ich hab’ meinen Platz auf dem Gottesacker; den werd’ ich nicht vertauschen. Der Ludewig ist’s.«
    »Der Ludewig? Hat Dich der innere Vorwurf gar endlich noch verrückt gemacht? Der Schmuggelludewig soll Richterbauer werden? Geh’ doch ins Narrenhaus, aber zu mir gehörst nun nicht mehr länger!«
    »Der Nam’, den Du ihm giebst, zielt nicht auf ihn, sondern nur auf seinen Vater, und der hat ihn nur Dir zu verdanken gehabt. Du hast mit vollem Rechte der Schmuggelfrieder geheißen und bist dennoch Richterbauer geworden; warum soll’s dem wackeren Burschen nicht auch und noch leichter gelingen?«
    »Er mag’s versuchen! Und gar zum Montag schon! Woher willst denn eigentlich das Recht nehmen, mich ohne Kündigung hinaus zu jagen?«
    »So steht’s geschrieben in der Verzeichnung, die Du mir für meine Schrift gegeben hast.«
    »Das ist nicht wahr; das ist die größte Lüg’, die Du Dir ersinnen kannst!«
    Sein Auge glitt bei diesem Ausrufe mit lauerndem Ausdrucke über das entschlossene Gesicht des Anderen.
    »Das ist keine Lüg’, sondern die Wahrheit! Wenn Du vergessen hast, was damals geschrieben worden ist, so will ich Dir das Papier zeigen. Ich hab’s mitgebracht, weil ich mir schon denken konnt’, daß Du den Einwand machen werdest.«
    »Zeig’ her! Ich glaub’s nicht eher, als bis ich’s mit eigenen Augen seh’.«
    »Hier hast’s. Lies nur genau, so wirst’s bald finden!«
    Er zog einen sorgfältig eingeschlagenen Bogen aus der Tasche, befreite ihn langsam von seiner Umhüllung und gab ihn mit siegesgewissem Lächeln hin. Mit einer hastigen Bewegung ergriff ihn Schubert, warf einen Blick darauf und stieß dann ein höhnisches, schadenfrohes Lachen aus.
    »Lesen? Nein, lesen werd’ ich den Contract nicht; ich seh’ schon, daß er’s ist, und weiß auch ganz genau, was ich geschrieben und unterzeichnet hab’. Aber etwa Anderes werd’ ich mit ihm thun. Da schau her!«
    Er riß den Bogen in kleine Stücke und verbarg dieselben unter die Decke seines Lagers.
    »O Du Wunder von Klugheit und Listigkeit, konntest Dir denn nicht denken, warum ich das Papier hab’ sehen wollen?« sagte Schubert mit boshaften Lächeln. »So lang’ Du’s in den Händen hattest, war der Hof Dein, und ich mußte ihn hergeben an jedem Augenblicke, wenn Du ihn zurück begehrtest. Drum hab’ ich gesonnen Tag und Nacht, wie ich’s wiederbekommen könnt’; aber all mein Denken ist vergebens gewesen. Nun hast mir’s so zuvorkommend selbst gebracht, hast mich zum richtigen Richterbauer gemacht, dem Niemand mehr den Hof zu nehmen vermag, und darum sollst zum Montag auch die Einzugsred’ halten dürfen, wenn der Schmuggelbalzersludewig den Willkommen hält!«
    Der Klapperbein hatte nicht die geringste Miene gemacht, die Vernichtung des Papieres zu verhindern. Er lächelte jetzt noch ebenso siegesgewiß wie zuvor, als er antwortete:
    »O Du Wunder von Bosheit und Niederträchtigkeit, konntest Dir denn nicht denken, warum ich Dir das Papier so gern gegeben hab’? Es war die letzte Prüfung, die ich mit Dir vorgenommen hab’; Du hast sie nicht bestanden und sollst darum wieder der Schmuggelfrieder sein. Womit willst Du denn beweisen, daß das Gut Dein Eigen ist und daß ich Dir’s geschenkt hab’?«
    »Ich hab’s ja Allen auf Dein

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