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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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emporfuhr. »Ich mag den Namen nicht hören. Er ist mir zuwider, er fährt mir durch die Seel’ wie Gift und Opperment!«
    »Hast sie also auch noch nicht überwunden, die fürchterliche Geschicht’? Also, wenn du gut verwaltest und das gelobte Schweigen hältst, sollte der Hof nach meinem Tod Dein Eigenthum werden. Geschwiegen hast bisher, aber das Andere ist nicht eingetroffen. Du bist ein harter, stolzer Mann geworden, dem die Noth seiner Mitbrüder und das Wohl der Gemeind’ gar wenig am Herzen liegt. Meine guten Wort’ hast in den Wind geschlagen, und meine Drohung achtest nicht. Von Tag zu Tag fast hört man Neues, was Du gethan, aber lobenswerth ist’s nimmer. Die Felder verstehst zu bewirthschaften, das ist wahr, aber für das Amt bist nimmermehr zufrieden gestaltet. Soll ich Dir’s nehmen?«
    »Schau doch, Anton, wie vortrefflich der Kirchhof zum Studiren ist! Ich glaub’ nicht, daß der Hofprediger eine so kluge und schöne Red’ zusammenbringt, wie die Deinige ist; doch wenn ich den Text hören will, so geh’ ich in die Kirch’ und hab’ Dich dazu nicht von Nöthen. Glaub’ nur nicht, daß ich mich gegen Dich vertheidigen werd’, da müßte schon ein Anderer kommen, sondern ich sag’ Dir nur so viel, daß Du mir weder das Gut, noch das Amt zu nehmen vermagst. Das Schreiben, welches Du mir damals gegeben hast, ist mir die beste Sicherheit.«
    »Darüber soll auch noch gesprochen werden. Jetzt hab’ ich erst ein Geschäft mit Dir zu machen.«
    »Ein Geschäft? Welches?«
    »Ich will nicht fragen, ob Du dem Balzer die zweitausend Thaler wirklich geborgt hast, aber das möcht’ ich gern wissen, wer jetzt den Wechselbrief hat. Liegt er beim Advocat?«
    »Nein. Der Notar war nicht zu treffen; ich hab’ den Brief also wieder mit nach Haus’ genommen. Dann – dann kam die Schwäch’, an der ich niederlieg’, so daß ich nicht wieder in die Stadt gekommen bin.«
    »Den Grund zu Deiner Schwäch’ kennt Jedermann im Dorf. Der Herrgottsengel hat mit seinem Schlag die Gefährlichkeit des Briefes zernichtet; nun gilt derselbige nur noch als einfache Schuldverschreibung, und Du selbst hast Dich um die Freud’ gebracht, den Ludewig auspfänden zu können. Ich will Dir die Schuld abkaufen!«
    »Ich verkauf’ sie nicht. Wer weiß, wenn Du sie zahlst; vielleicht soll ich’s vom Pacht abzieh’n.«
    »Ich zahl’ sie gleich.«
    »Auch dann verkauf’ ich sie nicht. Es ist wahr, ich hab’ die Wechselzeit verschlafen, aber die Schuld bleibt doch, und ich brauch’ sie gegen den Schmuggelbalzersbub’, mit dem ich ein Hühnchen zu rupfen hab’ von wegen seiner Herrgottspost und daß er verrathen hat, warum ich krank und lägrig bin.«
    »Er hat nichts verrathen, sondern Du selbst hast’s im Fieber dem Chirurgus erzählt, und so ist’s im Dorf herumgekommen. Der Ludewig ist ein Bursch, gegen den Keiner das Geringste zu sagen vermag; Du hast ihn bei der Selma gelitten; nun aber soll’s auf einmal alle sein, und Du willst ihm sogar noch gefährlich werden? Das ist ein grundloser und böser Streich, den ich nimmer leiden werd’. Verkaufst Du mir die Schuld oder nicht?«
    »Nein. Ich behalt’ sie selber!«
    »Gut, so nehm’ ich meinen Richterhof zurück!«
    »Das wirst schon bleiben lassen« lachte Schubert.
    »Warum?«
    »Von wegen der Unterschrift, die Du mir damals gegeben hast.«
    »Die ist mir nicht mehr fürchterlich. Ich hab’ die Bertha hinunter in –«
    »Hältst den Mund oder nicht?« rief der Richter und stand mit einem Sprunge vor ihm. Die Arme bogen sich zusammen, und zwischen den emporgehobenen und geballten Fäusten stierte ein vor Wuth und Angst verzerrtes Gesicht dem Sprecher entgegen. »Ich hab’ Dir verboten, den Namen zu sprechen. Sagst Du ihn wieder, so fliegst zur Thür hinaus, so lang und groß Du bist!«
    »Bist ja heut’ ein rechter Hercules, Frieder! Aber leg’ Dich nur wieder zur Ruh’; ich werd’ den Namen verschweigen; er muß mir noch weher thun, als Dir, denn ich bin es gewesen, der sie hinunter gestürzt hat in den Schacht, und Du hast’s bloß verschwiegen. Aber darum bist ja eben der Mitschuldige und mußt ruhig sein, sonst wirst auch mit bestraft. Dazu kommt noch, daß ich es nicht mit Absicht verbrochen hab’ und daß so viele Jahr’ darüber hingegangen sind. Deine Anzeig’ hätt’ also vielleicht gar nicht die Kraft, die Du ihr immer zugeschrieben hast. Ich hab’ sie sehr gefürchtet, jetzt aber ist mir nicht mehr bange vor ihr, denn die Straf’ kann

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