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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hinaufgestiegen, und der hat ihm das Geld mit einem Zettel gebracht, darauf stand geschrieben, er solle keine Angst haben und zur dringenden Noth das Geld einstweilen bezahlen, er werd’s ganz sicher zurück erhalten und solle es dann wieder zum Herrgottle tragen. Was meint Ihr dazu?«
    »Weiß der Richter schon davon?«
    »Das kann ich nicht sagen. Er ist vor einer Stund’ aufgewacht und hat sogleich die Selma zu sich gerufen, mit der es einen ganz schrecklichen Auftritt gegeben hat. Mehr konnt’ ich nicht erfahren.«
    Der Klapperbein nickte kurz und entfernte sich. Nachdem er kurze Zeit in seiner Wohnung zugebracht hatte, verließ er den Kirchhof und stieg zum Dorfe hernieder. Eben begannen die Glocken zu läuten, zum Zeichen, daß die Träger den Sarg aufgenommen hatten, um ihn auf der Straße, welche in mancherlei Windungen zur Höhe stieg, nach dem Gottesacker zu bringen. Außer dem Richter und seinen Hausgenossen wohnten sämmtliche Nachbarn der Beerdigung bei, daher erreichte der geheimnißvolle Mann sein einstiges Heimgut, ohne von Vielen bemerkt zu werden. Die ihn aber sahen, die verwunderten sich seines Kommens, denn seit er zwischen den Gräbern lebte, hatte ihn Niemand wieder im Dorfe gesehen. Der Knecht, welcher unter dem Hofthore stand, machte Miene, scheu vor ihm zurück zu weichen, doch hielt ihn die Frage:
    »Wo ist der Bauer?« auf der Stelle fest.
    »Droben in der Oberstub’!«
    »Und die Tochter?«
    »Sie ist bei ihm. Er hält sie gefangen.«
    »Warum?«
    »Sie hat den Balzer zur Ruh’stätt’ begleiten wollen.«
    »So soll sie gleich wieder frei sein!«
    Er stieg die Treppe empor und trat ohne vorheriges Klopfen in das Zimmer. Der Richter lag im Bette; Selma saß, zum Begräbnisse angekleidet, in der Ecke; ihr Gesicht zeigte, daß sie geweint habe.
    »Grüß’ Gott, Richterbauer! Bist ja krank, wie ich hör’?«
    »Es ist schon fast vorüber,« klang die stockende Antwort. Der Sprecher hätte alles Andere eher erwartet, als den Klapperbein bei sich zu sehen. »Heut’ ist wohl der jüngste Tag, daß Du ins Dorf herabkommst?«
    Statt einer Antwort wendete sich der seltene Besuch zu dem Mädchen.
    »Grüß’ auch Dich, Selma! Was thust im Leichenkleid hier in der Stub’?«
    »Ich darf nicht mit!«
    »Wer sagt’s?«
    »Der Vater hat’s verboten!«
    »So bekommst die Erlaubniß dafür von mir. Geh’ gleich und schnell! Wenn Du nicht die Straß’, sondern den Steig nimmst, so bist noch zur rechten Zeit beim Grab.«
    Der Richter erhob sich in eine sitzende Stellung.
    »Was fällt Dir ein? Willst mir wohl gar das Commando über die Dirn’ wegnehmen? Sie bleibt hier!«
    »Sie geht!« entschied der Klapperbein. »Der Ludewig ist ihr Schatz, und der Balzer hat es nicht an Dir verdient, daß Du ihm die letzte Lieb’ verweigerst. Geh’, Selma, geh’. Ich befehl’ es Dir und werd’ dafür sorgen, daß Du um die Folg’ nicht bang’ zu sein brauchst!«
    »Sie bleibt!« rief Schubert noch einmal, aber zu spät. Das Mädchen war schon zur Thür hinaus.
    »Laß sie fort, Frieder; es ist Deine Pflicht!«
    »Meine Pflicht? Du sprichst wohl irr? Ich spring’ auf und ruf’ sie zurück!«
    »Bleib’ liegen. Ich hab’ es ihr befohlen, und damit ist’s genug! Was spielst für einen Trumpf gegen den Ludewig? Weißt’s gewiß, daß Du die Kart’ gewinnen wirst?«
    »Die Sach’ geht Dich nichts an! Kommst etwa ihretwegen zu mir?«
    »Auch mit! Der Leichenhans hat mir vorhin davon erzählt. Was ist’s mit dem Wechselbrief?«
    »Nichts ist’s. Ich hab’ dem Balzer ohne Unterschrift geliehen und darauf noch vor seinem Tod den Brief von ihm erhalten. Soll ich das Geld etwa einbüßen?«
    »So! Erst beklagst Dich, daß der Pachtzins nicht zu erschwingen sei, und jetzt gestehst, daß Du Tausende verborgst. Welchen Reim werd’ ich mir wohl drauf machen?«
    »Keinen! Die Angelegenheit ist mein; Dich geht sie gar nichts an.«
    »Denkst wirklich? Ich bin der andern Meinung! Das Gut ist Erb-und Lehngericht, und meine Voreltern haben seit Menschengedenken darauf gesessen und Recht und Gerechtigkeit geübt zur Ehre des ganzen Geschlechts und zur Zufriedenheit aller Nachbarn im Ort. Als ich Dir den verschwiegenen Pacht übergab, bin ich der Meinung gewesen, daß Du das Amt so treu und gut verwalten werdest, wie sie es thaten. Dann, und wenn Du Dein Gelöbniß von wegen der Bertha halten werdest, soll –«
    »Schweig’!« rief Schubert, indem er, wie von einer unsichtbaren Hand gepackt, vom Lager

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