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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Vater.
    »Vater, mein lieber, lieber, schöner Vater!«
    Wieder hielten sich die Drei umschlungen, und hätte nicht die Stimme des Arztes vor Thränen warnen müssen, so hätte die überwältigende Freude Alle wortlos gemacht.
    Da ertönte unten im Hausflur eine volle, kräftige Stimme. Auguste fuhr in die Höhe.
    »Das ist Richard.«
    »Den sollst Du allein empfangen. Komm, Anna.«
    Die Eltern traten in die Schlafstube und das Mädchen befand sich allein mit ihrem Glücke. Ja, glücklich war sie jetzt, denn nun, da sie sehen konnte, gab es keine Kluft mehr zwischen ihr und dem Geliebten, und mit erhobenen Armen eilte sie nach der Thür, als sie seinen elastischen Schritt näher klirren hörte. Aber erschrocken ließ sie die Arme wieder sinken. Vor ihr stand ja nicht der einfache, rußgeschwärzte Schmiedegeselle, sondern ein hoher Offizier in der kleidsamen Tracht der Ziethenhusaren, dessen großes, blitzendes Auge ihr wie ein Himmel voll Sonnen entgegenleuchtete.
    »Gustel, meine süße, herzige Gustel, Du kannst wieder sehen!«
    Mit einem Sprunge stand er bei ihr, faßte sie um den schlanken Leib, hob sie hoch in die Höhe, drückte sie wieder an sich und ließ ihr gar keine Zeit, die nach ihm suchenden Arme um seinen Hals zu legen. Nur Worte waren ihr möglich, und diese Worte klangen jubilirend aus einem wonneathmenden Herzen, das fast zu eng und zu klein war für das Entzücken dieses Augenblickes. Endlich legte sich der Sturm der ersten Freude und ruhig standen sie bei einander, Brust an Brust und Mund an Mund.
    »Richard, Du lieber, böser Mann, wie bist Du so geheimnißvoll und verschwiegen gegen mich gewesen!«

    »Und willst Du auch jetzt noch Deiner Liebe entsagen und mich fortgehen lassen ohne Glück und ohne Stern?«
    »O nein, nein, nein! Aber wie kannst Du diese Gedanken wissen?«
    »Deine reine Seele wurde noch nie von dem Hauche der Lüge und Verstellung getrübt, und da war es mir leicht, jede Regung Deines Herzens zu erkennen, noch ehe Du selbst ihrer bewußt warst. Aber wo ist Vater und wo ist Mutter?«
    »Hier sind wir!« riefen die beiden jetzt wieder Eintretenden.
    »Herr Doctor und Kamerad, ich habe die herzliche Freude, Euch hier die Rose von Ernstthal vorzustellen, welche ich unter duftenden Erdbeeren fand und jetzt zur Winterszeit in einen Garten versetzen möchte, damit sie da geschützt vor rauhen Stürmen sei und blühen könne, mir zum Glücke und den Eltern zur Freude. Darf ich einen Strahl des von Euch geöffneten Auges auch für mich in Anspruch nehmen?«
    »Nimm sie hin, mein Sohn, und verzeihe dem Vater, der seiner Liebe untreu wurde, nur weil er beim Scheiden von der Geliebten nicht ahnte, daß es bald ein Wesen mehr geben werde, welches zu Ansprüchen an ihn berechtigt sei.«
    »Und Ihr, meine Mutter?«
    »Ich gebe Euch mein Kind, mehr kann Euch Niemand geben.«
    »Hollah!« rief’s unter der Thür, »wir Drei, nämlich ich, meine Frau und der Franz wollen wissen, ob die Sachen da unten – – – alle Wetter, das ist ja der Goldschmidt!«
    »Freilich, Meister, ist er’s, der Erzstrick, der Tag und Nacht draußen herumlaufen mußte, weil er noch nothwendigere Dinge zu thun hatte, als zu hämmern und zu feilen.«
    Mit offenem Munde standen Weißpflog’s da und staunten den ehemaligen Zeug-, Huf-und Waffenschmied an.
    »Aber was ist denn das Richtige? Ein General kann doch nicht Fensterbänder machen, und ein Schmied kann doch keine Armee commandiren!«
    »Zuweilen doch, und zum General hat es noch gute Weile.«
    »Na, ich muß es lassen wie es ist, aber wegen dem Erzstrick, da bitte ich um Verzeihung.«
    »Wird gern vergeben. Dieser Herr da ist der Vater Augustens.«
    »Ist’s möglich? Da hat ja mein Haus bis unter die Hahnebänder voll Geheimnisse gesteckt! Und sehen kann die Auguste auch?«
    »Und dieses Bild da hat Richard gemalt,« wandte sich Wallner an die Mutter. »Da wir uns beim Militär oft gesehen haben, so hat ihn die Bleistiftskizze auf die richtige Spur geführt. Daß wir uns gefunden haben, danken wir ihm allein.«
    Die Erklärungen flogen hin und her und des Fragens und Antwortens war kein Ende zu finden, bis sich endlich der frühere Geselle erhob.
    »Jetzt muß ich mich beurlauben, mich ruft der Dienst. Vater wird Euch unsere Bestimmungen bis zu meiner Rückkehr mittheilen. Wir verlassen heute noch Ernstthal. Ihr geht zu Wagen unter Begleitung Franzens und einer militärischen Eskorte nach Dresden, wo auch ich morgen einzutreffen habe. Von da führt Euch

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