Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
Meister. Ich komme, mich nach dem Befinden Eures Gesellen zu erkundigen. Ist er wohlauf oder liegt er unter dem Bette?«
»Wenn der zu Hause wäre, versteckte er sich gewiß nicht aus Angst vor Euch unter das Bette, darauf verlaßt Euch!«
»Ach so, also nicht zu Hause, ausgerissen ist der Kerl? Ich werde nach ihn suchen lassen, und macht Ihr mir Flausen, so ist’s Euer eigener Schaden, ist er aber wirklich entwischt, so steht Ihr mir für ihn ein. Vorwärts, Ihr Leute!«
»Ich wüßte nicht, daß mir mein Gesell als Euer Gefangener zur Bewachung übergeben worden wäre –«
»Maul halten! Bei uns regiert der Stock!«
Der Schmied fügte sich in das Unvermeidliche und nahm auf dem Kanapee Platz, während der Hauptmann in der Stube auf und ab spazierte. Nach einer Weile traten die Soldaten mit der Meldung ein, daß jeder Winkel des Hauses durchsucht und der Geselle nicht zu finden sei.
»Verflucht! Da entgeht mir ein Gaudium, auf welches ich mich seit langer Zeit gefreut habe. Heda, alter Sünder, merke Dir ‘mal den Auftrag, welchen ich Dir an ihn gebe, denn wiederkommen wird der Hase ganz gewiß. Du sagst ihm einen Empfehl von mir, und die Damen aus der Oberstube hätten mich begleitet; doch würde ich Beiden die Erlaubniß zur Rückkehr nicht versagen, wenn er den Muth hätte, sich beim Rittmeister von Krieben als Fahnenschmied zu melden.«
»Herr Hauptmann –«
»Maul halten, sage ich, hier wird nicht gemuckst, und nur mein Wort gilt! Holt die Frauenzimmer herunter!«
»Aber Auguste wird vor Schreck –«
»Wenn Du nur noch einen Mucks thust, lasse ich Dich durchfuchteln!«
Der Meister schwieg. Die Soldaten holten die beiden angsterfüllten Frauen herab, denen Bredenow die Mittheilung machte, daß sie die Ehre hätten, ihn auf einer kleinen Urlaubsreise zu begleiten. Auguste schwieg, die Mutter aber brach in ein lautes Wehklagen aus, welches ihr allerdings nichts half. Wie sie standen und gingen mußten sie den herbeigeholten Wagen besteigen, und nachdem Einer der Leute sich als Sauvegarde ihnen gegenüber gesetzt hatte, fuhren sie dem Markte als dem allgemeinen Sammelplatze zu. Der Hauptmann gab noch die Weisung, das Nothwendige an Wäsche und Kleidungsstücken auszusuchen und auf den Bagagewagen zu packen, und ritt dann den Vorangeschickten nach.
Krieben zeigte sich erzürnt, als ihm das Verschwinden des Gesellen mitgetheilt wurde; da er sich aber vor den etwa nachfolgenden Preußen nicht so recht sicher wußte, so wollte er mit weiteren Nachforschungen keine Zeit verlieren und ließ zum Sammeln blasen. In kürzester Zeit hielt die Schwadron in Reih und Glied vor ihm; die recrutirten Burschen hatten Platz auf den Reservepferden gefunden und die Wagen bildeten den Schluß der Aufstellung. Noch standen die Offiziere, während ihre Pferde von den Dienern gehalten wurden, beisammen, um vom Rittmeister die Dispositionen zu erhalten, da sauste es die Gasse herein, und mit fliegender Mähne und wehendem Dolman setzte es über den letzten Wagen weg, bog scharf um die Fronte herum und hielt vor den überraschten Herren.
»Ein Ziethen, ein Ziethen!« rief’s von Mann zu Mann die ganze Reihe hinunter.
»Verzeihung, Herr Rittmeister! Ich habe mich hier eines Auftrages meines Königs und Feldherrn zu entledigen und es Euch dann zu überlassen, mich als Fahnenschmied in Eure Schwadron einzurangiren.«
Und sich zu dem Junker wendend, setzte er mit lautschallender Stimme hinzu:
»Hauptmann von Bredenow, ich verhafte Euch im Namen Eures Monarchen als Hochverräther und Spion!«
Augenblicklich hatten die Offiziere einen Kreis um ihn gebildet, um sich seiner Person zu bemächtigen. Lächelnd blickte er auf sie herab und fuhr mit ebenso lauter Stimme fort!
»Ich erkläre diese Stadt in Kriegszustand und alle hier befindlichen Militärs zu meinen Gefangenen.«
Er zog ein Pistol aus der Halftertasche und feuerte es ab. In demselben Augenblicke erschallte Pferdegetrappel von allen auf den Markt mündenden Gassen her, und ehe die halb verblüfften, halb erstaunten Sachsen einen Entschluß fassen konnten, waren sie von einer dreifach überlegenen Anzahl Preußen umstellt.
Da ertönte aus der Mitte der umstellten Offiziere ein Fluch. Der Trakehner stieg unter einem kräftigen Sporendruck in die Luft, flog durch die Glieder der noch nicht schußfesten Preußen hindurch und trug in rasendem Galopp seinen Reiter die Gasse hinaus.
Keiner der strenggeschulten Krieger machte Miene, den Fliehenden ohne besonderen Befehl
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