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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Franz, welcher von heut an als Jäger in meinem Dienst steht, auf mein Stammgut, und wenn die Besetzung Dresdens den erwarteten Frieden herbeiführt, werden wir dort bald vereinigt sein. Für jetzt aber adieu!«
    Als er auf den Markt kam, standen die Truppen bereits zum Abmarsch bereit. Sein suchender Blick fand unter den Gefangenen bald den schwer gefesselten Junker und ebenso den Rittmeister von Krieben. Auf Letzteren schritt er zu.
    »Wollen wir nicht, ehe wir uns in Bewegung setzen unser kleines Privatgeschäft in Ordnung bringen, Herr Rittmeister?«
    »Privatgeschäft? Wieso?«
    »Ich meine unsern Tauschhandel.«
    »Ihr setzt mich in Verlegenheit, Herr Oberstwachtmeister!«
    »Gut, ich muß Eurem Gedächtniß zu Hülfe kommen. Mein Name ist Göbern.«
    »Ah, dann seid Ihr ein Verwandter des Rittmeisters von Göbern, welcher – –«
    »Nicht ein Verwandter, sondern er selbst. Es ist erklärlich, daß Ihr mich nicht wiederkennt, da die Umstände mich zwangen, den Bart, mit welchem Ihr mich kennen lerntet, abzulegen. Auch darf Euch der militärische Grad nicht irre machen; ich rückte in Folge unsers Pferdewechsels zum Major und einiger andern Kleinigkeiten wegen in meine jetzige Stellung empor. Daß mich die Erfüllung des Auftrages, den früheren Hauptmann von Bredenow zu beobachten und schließlich der verdienten Gerechtigkeit zu überliefern, in die Lage bringt, einen so braven Offizier, wie Ihr seid, kennen zu lernen, ist mir gewiß ebenso lieb, wie es Euch der dabei obwaltenden Umstände wegen unerwünscht sein wird. Deshalb stelle ich mich für Euch und die Kameraden zu jedem Dienste, der sich mit meiner Pflicht verträgt, gern bereit und beweise diese Bereitwilligkeit durch die Rückgabe Eures Goldfuchses, welchen Ihr mir damals so freundlich überließt. Er hat, glaube ich, in guter Schule gestanden und deshalb wohl nichts verloren.«
    »Ich danke. Darf ich mir eine Frage gestatten? Bredenow ist mir verwandt und ich bin also nicht ganz gleichgültig seinem Schicksale gegenüber.«
    »Ich werde antworten.«
    »Wie seid Ihr vorhin Meister des Hauptmanns geworden und was wird sein endliches Schicksal sein?«
    »Sehr einfach. Ich bestieg meinen Rapphengst, auf den ich mich bei solchen Gelegenheiten verlassen kann, und habe ihn mit demselben niedergeritten. Die Entscheidung über seine Handlungsweise steht nicht mir, sondern der Justiz zu. Auf Wiedersehen, Herr Kamerad! – Herr Major!«
    »Herr Oberstwachtmeister!«
    »Befehlt den Aufbruch. Ich werde jetzt in meine Wohnung zurückkehren und erst in einiger Zeit nachfolgen. Eurer Umsicht habe ich natürlich keine weiteren Anweisungen zu geben. Adieu!«
     
    »Weißt Du, Richard«, begrüßte ihn die Braut, »daß ich mein Auge bereits im Lesen versucht habe?«
    »Geht es?«
    »Ja, ich bin Dir in Deine geheime Correspondenz gerathen. Sage doch, von wem Du diese so außerordentlich schön und richtig geschriebenen Zeilen hast? Wir fanden sie beim Einpacken in Deiner Kammer.«
    »Erräthst Du es nicht? Dieser ›ahlte Leopold‹ ist mein Pathe und Gönner, der Fürst Leopold von Anhalt-Dessau, mit welchem ich in dienstlichem Briefverkehr gestanden habe und der sich gestern so außerordentlich brav geschlagen hat. Er kennt meine Intentionen in Beziehung auf Deine Person vollständig und wird in unserer Verbindung keine Mesalliance erblicken, da er selbst sich über dieses Vorurtheil hinwegzusetzen gewußt hat. Du wirst ihn bald sehen.«
    »Wenn und wo?«
    »Morgen oder übermorgen in Dresden. Ich werde Dich natürlich vorstellen müssen.«
    »Da wird mir schrecklich bange sein.«
    »I bewahre! Der alte Degenknopf ist außerhalb des Dienstes und besonders Bekannten gegenüber ein allerdings origineller aber bei all seiner Grimmfertigkeit doch gutmüthiger Kopf.«
    »Aber ich werde bei dieser Vorstellung unmöglich die feinen Manieren einer Hofdame zeigen können.«
    »Wird auch von ihm gar nicht verlangt; er ist kein Freund von Complimenten, und ich werde meine Anrede also so kurz wie möglich fassen, grad das liebt er.«
    »Wie denn zum Beispiel?«
    »Ich werde ungefähr sagen: Durchlaucht, gukt einmal her, ich bringe Euch hier
    › die Rose von Ernstthal! ‹«

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