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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Schlage. Obgleich aus der Anwesenheit des Geschirres zu ersehen war, daß der Pfarrer vornehmen Besuch habe, lenkte der Bauer doch an der Kirche vorüber und auf die Wohnung des Geistlichen zu. Dort angekommen, fand er außer dem ihm wohlbekannten Direktor des nahen Bezirksgerichtes eine Dame und einen Herrn vor, deren Aeußeres ein so respekteinflößendes war, daß er sich augenblicklich unter einer Entschuldigung zum Verlassen des Zimmers anschickte; der Pfarrer aber hielt ihn davon zurück.
    »Bleiben Sie, Graf; Ihr Kommen stört uns nicht!« versicherte er, indem sein Auge theilnahmsvoll die verkrüppelte Gestalt des Ankömmlings überflog. Auch die drei Anderen ließen ihre Blicke mit mitleidigem Interesse auf ihm ruhen. »Was bringen Sie mir?«
    »Es sind zwei Bitt’n, mit denen ich komm’, Herr Pastor; aber weil Sie net allein sind, so weiß ich net, ob ich sie sagen darf.«
    »Sprechen Sie immer, wenn es nicht etwas nur unter vier Augen zu Verhandelndes ist!«
    »Eigentlich wär’s wohl so ‘was; aber ich hab’ Sie net unter vier Augen beleidigt, und so kann ich auch jetzt öffentlich darüber sprechen. Sie wissen wohl noch Alles, wie es dazumal beim Begräbniß meiner Frau gewesen ist! Ich war ein harter, gotteslästerlicher Mensch, der sich aus dem lieben Gott nix machte und keinem Mensch’n ‘was zu lieb und gut gehalt’n hat. Ihre Red’ wollt’ mich im Herzen packen, darum hab’ ich sie abgeschüttelt und bin davon gelaufen. Aber Dem da droben bin ich doch net ausgerissen, sondern er hat mich festgehalten und mir den verdienten Lohn gegeben. Da, sehen Sie, Herr Pastor, was aus dem stolzen Dukatenbauer geworden ist, ein armseliger, elender Vogelscheucher, der sich kaum noch über die Straß’ schleppen kann und der nun gar noch im Zuchthaus’ sterben und verderben wird. Aber eh’ ich dahin komm’, will ich erst überall Buß’ thun, wo ich gesündigt hab’, und da komm’ ich auch zu Ihnen, um Sie um Vergebung zu bitten für das, was damals geschehen ist!«
    Es waren einfache Worte, welche er sprach; der Ton seiner Stimme klang ruhig und unerregt, aber gerade dieser stille, leidende Ernst seiner Rede machte einen tieferen Eindruck, als wenn sie unter Weinen und Klagen vorgebracht worden wäre.
    »Was Sie damals gethan, Graf, das haben Sie nicht gegen mich, sondern gegen Den unternommen, dessen Dasein Sie zu jener Zeit leugneten. Er ist gerecht und straft die Sünde, aber er zürnt nicht ewig. Ich als der Diener an seinem Worte reiche Ihnen hier die Hand zur Versöhnung; seine Gnade ist größer als unsere Missethat; sie gehet niemals zu Ende und wird sich auch Ihrer erbarmen. Ich weiß, was gestern Abend auf dem Kirchhofe geschehen ist. Wer so bereut, der darf Verzeihung finden!«
    »Ich danke, Herr Pfarrer! Ich will ja gern Alles auf mich nehmen, was ich verschuldet hab’, wenn ich nur weiß, daß mir’s vergeben ist. Und die andere Bitt’, die ist von wegen dem Köpfle-Franz.«
    Er griff in die Tasche und zog ein Papierpacket hervor, welches er öffnete. Es enthielt die Dukatenkette nebst den Goldstückknöpfen von Rock, Hut und Weste.
    »Das sind die Zeichen von dem Hochmuthe, dem ich all mein Elend zu verdanken hab’! Nix, gar nix hab’ ich bei dem Untergange retten können, als diese flimmrigen Schandflecke, und nun soll grad’ Der sie bekommen, gegen den ich am schlechtesten gewesen bin, der Köpfle-Franz. Aber wissen darf er’s net, daß die Gabe von mir kommt, sonst nimmt er sie net an, weil ich’s jetzt selber brauch’. Ich bitt’ Sie d’rum recht schön, Herr Pfarrer, wenn ich übermorgen fort sein werd’ von hier, so verkaufen Sie das Zeug, und was Sie dafür kriegen, das geben Sie ihm. Wenn er denkt, daß es von jemand Anderem kommt, so wird er sich net weigern, es zu nehmen.«
    »Das wollte ich Ihnen gern besorgen, wenn ich nicht dieselbe Ansicht hätte wie er. Ihre Tochter steht nun so allein und verlassen da, daß sie die Goldstücke wohl ebenso nöthig hat wie der Franz.«
    »O nein, Herr Pfarrer! Der Wilhelm ist ein gar braver Bursch’; der wird für sie sorgen und sie niemals net im Stiche lassen. Wenn’s sonst nix wär’, so braucht’ ich mir um sie wohl keine Sorg’ zu machen!«
    »Dann geben Sie die Kette her! Ich will sehen, was ich dafür löse und werde Ihnen später über Ihren Auftrag Nachricht zugehen lassen.«
    »Dann dank’ ich Ihnen zum zweiten Mal’, Herr Pastor. Mög’ der liebe Gott net schlimmer mit mir in’s Gericht gehen, als wie

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