Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
sollte,« höhnte der von den Getränken etwas berauschte Baron. »Bleib’ nur immer oben in Deiner Kammer und zähl’ zusammen, was Du den Leuten schuldig bist!«
    »Das weiß ich ganz genau und werd’s bezahlen. Noch bin ich hier Herr im Haus’, und wer heut’ Abend draußen ist, das wird ja wohl zu sehen sein. Schau her, wenn Du denkst, der Dukatengraf ist all’ geworden!«
    Er näherte sich dem Blechkasten, welchen Wilhelm hier abgesetzt hatte und dem von Niemandem irgend eine Aufmerksamkeit geschenkt worden war, zog den Schlüssel hervor und öffnete. Ein allgemeiner Ruf des Erstaunens entfuhr den Lippen der Umstehenden! Die Truhe war bis an den Rand mit flimmernden Goldstücken gefüllt.
    »Siehst Du nun, Baron, daß der Graf noch übergenug Dukat’n hat, um Dich sammt Deinem Gesell’n dort aus dem Haus zu werf’n? Herr Assessor, kommen Sie her und zähl’n Sie so viel davon weg, als ich schuldig bin, auch die Kosten mit! Und hernachmals macht ihr Anderen, daß ihr hinauskommt! Die Versteigerung ist zu End’ und ich will nun wieder Ruh’ im Hause haben!«
    »Wie kommen Sie auf einmal zu dem Gelde?« frug der Beamte.
    »Das werden Sie noch heut’ erfahren. Jetzt aber bitt’ ich, abzuzählen; ich kann net auf den Tisch hinauf!«
    »Nein, das geht nicht!« rief der Baron. »Ich habe auf den Hof geboten und trete nicht wieder zurück. Ich kann bezahlen; hier liegt mein Geld. Der Hof muß mein werden; d’rum streiche ich es gleich gar nicht erst wieder ein!«
    »Das will ich mir auch verbitten!« klang es da hinter ihm und eine feste, schwere Hand legte sich auf seine Schulter. Ein fremder Herr, welcher bisher den schweigsamen Beobachter gemacht hatte, war an ihn herangetreten. »Kennen Sie vielleicht diese beiden Photographieen, meine Herren?« frug er, dem Baron ebenso wie dem Agenten je eine Visitenkarte vorhaltend. »Ich habe die Bekanntschaft dieser Männer schon seit Monaten vergeblich gewünscht und bin ganz glücklich, sie endlich doch noch zu machen. Herr Verwalter und Herr Privatkopist, Sie sind meine Gefangenen!«
    Wie ein Blitzschlag fielen diese Worte in die Versammlung, welche für einige Augenblicke von der größten Verwirrung ergriffen wurde. Der Baron wollte sich dieselbe zu Nutze machen, warf sich auf den Tisch, strich mit einigen raschen Griffen das Geld zusammen und stürzte dann nach der Thüre. Dort aber nahmen ihn einige bereitstehende Gehilfen des Fremden in Empfang, und nach kurzem, vergeblichem Ringen war sowohl er als auch der Agent durch Handschellen und Schließketten unschädlich gemacht. Der Arrestator wandte sich nun zu dem Gerichtsbeamten.
    »Herr Assessor, gestatten Sie mir, mich Ihnen zu legitimiren und die im Besitze dieser Männer betroffenen Werthpapiere und Effekten sammt dem draußen stehenden Geschirr in meine Verwahrung zu nehmen. Der Herr Ortsrichter wird mir diese Erlaubniß wohl auch nicht vorenthalten!«
    Die beiden Angeredeten gaben gleich nach dem ersten Blicke auf die vorgezeigte Legitimation ihre Zustimmung, und es wurde ein Verzeichniß all’ der Gegenstände angefertigt, welche die Inculpaten bei sich führten. Der Polizist unterwarf ganz besonders die Notizblätter einer eingehenden Prüfung. Als er sie zusammenschlug, ließ er das scharfe Auge suchend im Kreise herumgehen.
    »Ist der Mann dort an der Thüre der Bergwirth?«
    »Ja!« lautete die Antwort.
    »Er wird den beiden Anderen Gesellschaft leisten. Nehmt ihn fest!«
    »Was? Mich?« rief der Wirth, sich nach dem Ausgange wendend; schon aber fühlte er sich ergriffen und zurückgehalten.
    »Ja, Sie! Eine so genaue Buchführung, wie ich sie hier im Portefeuille des Herrn ›Bankiers‹ finde, hat für gewisse Geschäftsarten ihre großen Schattenseiten. Sie gehen mit uns!«
    Darauf wandte er sich an Graf.
    »Ich konnte Ihrer Anzeige erst heute Folge leisten, weil es mir nothwendig schien, mich zuvor über die vorliegenden Verhältnisse im Stillen zu orientiren. Dies ist so eingehend geschehen, wie es mir die Kürze der Zeit gestattete, und ich sehe mich dadurch in die Lage versetzt, Ihnen eine erfreuliche Mittheilung machen zu können: Die Buchführung dieser Herren läßt sowohl die Art und Weise als auch die Höhe Ihrer Verluste sehr deutlich erkennen, und da die Beträge zum großen Theile noch vorhanden sind, so dürfen Sie Hoffnung auf eine wenigstens theilweise Wiedererstattung haben. Das Weitere werden Sie auf gerichtlichem Wege mitgetheilt erhalten. – Für jetzt aber ist meine

Weitere Kostenlose Bücher