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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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er das Blech und eine Lage Ziegelsteine und griff in die jetzt sichtbar werdende Vertiefung.
    »Hier sind sie, die Dukatensäck’, alle mit einander! Ich hab’ gebettelt und gemalt, gescharrt und gespart wohl an die dreißig Jahr, und wenn es mir ‘mal gar zu schwer hat werden wollen, so hab’ ich gedacht: es ist für Deine Rache; der Heinrich muß aus dem Dukatenhof und Du ziehst an seiner Stell’ hinein! Dann hab’ ich wieder von Neuem Kraft gehabt, bin im Land’ herum gefahren, hab’ gehungert und gedurstet, im Wald oder auf der Wiese geschlafen, und wenn ich heimgekommen bin, so ist der Beutel voll gewesen und ich hab’ Dir das Geld vom Heller bis zum Pfennig vorgezählt. Jetzt ist’s nun gut, und ich kauf’ auch den Hof, aber net für mich, und der Heinrich, der soll net hinausgestoßen werden, sondern er soll der Dukatenbauer sein, wie er’s bisher gewesen ist. Ich aber, ich bleib’ bei Dir in meinem Häuschen; ich mag net fort, denn der Köpfle-Franz und die Anna, die passen nirgends anders hin!«
    Nun war in dem ärmlichen Raume wieder jenes verheißungsvolle Klingen zu hören, wie am Abende des Begräbnißtages; die Nachtruhe blieb dem Auge des Bewohners fern, und als es am Morgen an den Laden klopfte, hatten seine hellen Augen keinen Schlaf gesehen.
    »Wer ist’s?« frug er.
    »Ich bin’s, Path’, der Wilhelm!«
    »Hast Du den Karren mit?«
    »Ja.«
    »So ist’ gut. Ich werd’ aufmachen.«
    Er öffnete. Wilhelm hielt mit einer Schubkarre draußen.
    »Du hast mich bestellt, Franz. Was soll ich denn fortschaff’n?«
    »Komm herein! Wirst’s gleich seh’n!«
    Mitten in der Stube stand ein alterthümlicher Kasten von starkem, halbverrostetem Eisenblech.
    »Diese Truhe hier schaffst Du mir nach dem Dukatenhof und das Papier auch mit, welches ‘draufliegt. Es kommt in die untere Stub’.«
    »Schön!« Er wollte den Kasten vom Boden heben, bemerkte aber, daß dazu eine ungewöhnliche Kraftanstrengung erforderlich sei. »Das ist schwer, Path’. Was hast Du denn d’rin?«
    »Allerlei alten Kram, der lange Jahre bei mir unter’m Ofen geleg’n hat. Greif nur fest zu; es wird schon geh’n!«
    »Und was willst Du mit dem Gerümpel auf dem Hofe?«
    »Das wirst wohl noch seh’n. Mach’ nur alleweil’, daß Du fortkommst. Ich komme gleich nach!«
    Als Franz den Hof erreichte, stiegen eben der Baron und der Agent aus der Kalesche, vor welche der Braune des Dukatengrafen gespannt war.
    »Kommst grad’ recht, Franz!« rief der Erstere. »Kannst nachher gleich den neuen Bauer abzeichnen.«
    »Hab’s schon heut Nacht gethan. Er ist auf dem Papier mit all’ seinen Leuten.«
    Der Baron blickte ihn fragend an, wurde aber nicht weiter von ihm beachtet.
    Die Räume, welche seit Jahrhunderten nur von den Dukatenbauern und ihren Angehörigen betreten worden waren, standen heut’ offen; Fremde gingen in ihnen auf und ab und mäkelten über die Gegenstände, an denen die strenge Geschichte eines durch Selbstsucht und Hochmuth zu Grunde gerichteten Geschlechtes haftete. In der unteren Stube hatten die Herren vom Gericht ihren Sitz aufgeschlagen; im Flure war von dem spekulativen Bergwirthe ein ambulanter Schanktisch errichtet worden; zahlreiche Neugierige strömten herbei, um dem letzten Athemzuge der Dukatenwirthschaft beizuwohnen; es wurde gelobt und getadelt, entschuldigt und verurtheilt, bemitleidet und verspottet, gelacht, gescherzt, getrunken; die Gebote folgten sich erst langsam, dann immer schneller; als aber der Baron seine gewichtige Stimme erhob und mit siegesgewisser Miene gleich die wahrscheinlich höchste Ziffer notiren ließ, ging ein respektvolles Schweigen über die ganze Versammlung.
    »Nicht wahr, das zieht?« frug er, sich triumphirend im Kreise umblickend. »Komm her, Kleiner, und mach die Tasche auf! Wir müssen unsere Zahlungsfähigkeit nachweisen.«
    Der Agent that, wie ihm geheißen war, und bald hatten Beide den Tisch mit dem Inhalte ihrer Briefschaften vollständig bedeckt.
    »So, das ist ein Pflaster, wie es hier kein Anderer aufzuweisen hat. Wer noch weiter bieten will, der mag’s versuchen; aber das Gut wird unser, und der Dukatengraf muß heut’ noch hinaus!«
    »Das wird sich finden!« erscholl es von der Thüre her. »Jetzt ist er noch da und hat auch gar keine Lust, schon fortzugeh’n.«
    Es war Graf selbst, welcher auf seinem Rollwägelchen sich hereingeschoben hatte.
    »Oho, Knirps, Du thust doch heut’ gewaltig dick, wo es Dir doch etwas dünner zu Muthe sein

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