Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
hinzunehmen.
»Du magst sie nicht? Warum denn? Sie ist ja jung und hübsch und – vornehm genug!«
»Das gilt mir gleich! Ich werde überhaupt gar nimmer heirathen.«
»Du und nicht heirathen? Den Grund, den möcht’ ich doch erfahren!«
»Den kannst schon hören! Ich hab’ Eine lieb und die ist mir nicht gut; darum bleib’ ich ledig!«
»Du hast schon Eine lieb?« frug sie mit sinkender Stimme. »Hier im Dorfe?«
»Ja, hier im Dorf!«
»Aber ich hab’ Dich doch noch mit Keiner gesehen, weder auf dem Tanz, noch sonst wo!«
»Ja, eben weil sie mich nicht leiden mag. Ich hab’ ihr ja noch gar nichts merken lassen.«
»Warum denn nicht? Du bist doch sonst kein Hasenfuß und schaffst gerade das am liebsten, was Andern schwierig fällt. Der Wilhelm vom Kaiserhof ist überall willkommen.«
»Meinst wirklich überall?«
»Ueberall!« nickte sie.
»Auch bei Dir?«
Sie blickte schnell und erglühend zu ihm empor. Er hatte sich gleich bei ihrem Erscheinen vom Rasen erhoben und hielt jetzt ihre beiden Hände in den seinen.
»Wilhelm, treib nicht Spott mit mir! Du bist der Reichste und ich bin die Aermste im Ort!«
»Bertha, es ist kein Scherz und Spott, glaub’ mir, ich soll später Kaiserbauer werden, aber wenn ich mir die Bäuerin dazu nicht aus diesem Häuschen holen darf, so laß ich lieber den Hof fahren und thu ‘was, woran der Vater nimmer denkt. Ich bin ihm gern gehorsam alle Zeit und überall, aber mein Herz gehört nur mir allein und mein Leben auch; ich laß mir das Herz nicht todtschlagen und das Leben vergiften. Das sind die Punkte, wo der Vater keine Gewalt anlegen darf, und wenn er’s dennoch thut, so geh’ ich fort!«
Sie schwieg. Ihre Brust hob und senkte sich unter den auf sie einstürmenden Gefühlen und ihre Hände bebten leise in den seinigen.
»Hast Du mir denn gar nichts zu sagen, Bertha?«
»Was soll ich Dir denn sagen?« frug sie.
»Sag: ›Wilhelm, ich hab’ Dich lieb!‹ zu mir!«
Er zog sie an sich, hob das rosige Gesichtchen zu sich empor und blickte sie bittend an.
»Ist’s wirklich Dein Ernst?« frug sie erglühend.
»Ja, Bertha. Bitte, sag die Worte; ich will Dir’s lohnen all mein Lebenlang!«
»Wilhelm,« flüsterte sie, den Kopf schamhaft an seine Brust legend, »ich hab’ Dich lieb, sehr lieb!«
»Und wirst mir gut sein, auch wenn ich arm bin und in Knechtesdienst gehe?«
»Auch dann und noch mehr!« antwortete sie. »Aber thu’s nicht um meinetwillen, denn Du weißt, ›des Vaters Segen baut den Kindern Häuser‹, und ich könnte Dir doch nichts von Alledem wiedererstatten, was Du um mich dahingibst. Wilhelm, folg’ dem Vater, oder prüf’ Dich doch zuvor, eh’ Du den Schritt thust, der gar schwere Folgen hat!«
»Das hab’ ich schon gethan, schon Wochen lang, Bertha, denn die Geschichte mit der Gret’ ist nichts Neues. Der Müller ist ein ruinirter Mann und denkt sich durch die Verheirathung seiner Tochter mit mir wieder aufzuhelfen – ich möchte nur wissen, womit er’s dem Vater angethan hat! Der ist ganz in ihn und in seine Putzmamsell vernarrt und läßt sich nimmer rathen. Ich hab’ gewiß nichts unterlassen von dem, was ein guter und folgsamer Sohn in meiner Lage thun soll, und auch die Mutter ist ihm fast zu Füßen gefallen; er aber läßt nicht von seinem Sinn. Aber wenn man die Saite gar zu hoch spannt, so muß sie endlich platzen, und ich hab’ auch meinen Kopf, wenn’s gilt, ihn aufzusetzen für ein Recht, das ich mir trotz meiner Kindespflicht nicht rauben lassen darf. Er mag wohl zusehen, daß er über die Schwiegertochter nicht den Sohn verliert!«
»Da wär’ auch viel verloren, Du ungerathener Bub!« erklang es zornig hinter ihm. Kaiser war mit dem Müller nicht direkt nach Hause zurückgekehrt, sondern hatte ihn zur Besichtigung von Fährmann’s Grundstück denselben Weg geführt, welchen Bertha vorher gegangen war. »Nimm gleich den Arm fort von der Dirne, sonst werd’ ich Dich lehren, mir Trotz zu bieten!«
Das Mädchen war, auf’s Aeußerste erschrocken, zusammengefahren und wollte sich aus Wilhelms Armen winden; er aber hielt sie fest.
»Ich hab’ nicht gemeint, Vater, daß es so gar schnell kommen werde,« antwortete er, sich ruhig zu ihm wendend; »aber es ist mir eben recht, daß Du so früh schon siehst, wie es mit uns steht!«
»Was? Soll ich am End’ noch glauben, daß es kein Spaß ist, sondern Ernst da mit der Schusterpupp’?«
»Es ist der Ernst, Vater. Aber die ›Pupp’‹ laß weg; die Bertha
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