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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ärgert mich, Du weißt gar wohl, warum. Ein Tausch ist hier die beste und schnellste Hilfe. Dann schau ich aus dem Hof und Du aus der Hütte heraus, und es gibt nichts mehr, was uns die Aussicht verdirbt.«
    »Willst Du mich etwa foppen, Bonapart?«
    »Hör’, Kaiser, laß dies Wort bei Seite! Dein Vater war mein Vormund und Du kannst also wissen, wie der Name ist, den ich von meinem Pflegevater hab’. Man nennt mich Peter Fährmann hier bei mir; wo anders magst Du sagen, was Dir beliebt. Und was das Foppen anbelangt, so irrst Du Dich gar sehr. Ich mein’s im Ernst und will Dich auch nicht übervortheilen. Der Tausch bringt Dir Profit: die Hütte ist mehr werth als der Hof; in ihr hat Treu und Ehrlichkeit gewohnt, so lange sie steht, und was das werth ist, kannst Du mir nicht bieten!«
    »Was soll das bedeuten, he, Du Bonapartenschuster!« rief Kaiser.
    »Das kannst Dir selber sagen, Du Franzosenkaiser!« lautete die Antwort. »Glaubst Du etwa, daß Du wie ein wirklicher Kaiser hier im Dorf gebieten kannst, welches Haus fort muß und was für eines Du dulden willst? Denkst Du etwa, daß ich Dir für all Dein Geld und Gut den kleinsten Nagel geb’ von meinem Haus oder das geringste Kraut aus meinem Garten? Meinst etwa, der Peter Fährmann sei nicht so schwer wie der Inhaber vom Franzosenhof? Geh’ hinaus auf den Gottesacker, wenn Dir noch nichts bekannt ist, und laß Dir von der Todten, die dort in der Ecke liegt, die Geschichte erzählen, die Dir von Nöthen ist, damit Du Demuth lernst. Dann wirst Du auch ohne Aerger zum Fenster hinausblicken können und nicht das ›Grüß Euch Gott‹ vergessen, wenn Du zum Nachbar kommst!«
    Kaiser hatte nicht vermocht, den Sprecher zu unterbrechen. Der Ingrimm färbte sein Gesicht mit dunklem Roth; seine Fäuste ballten sich und mit drohender Miene trat er hart zu Fährmann heran.
    »Willst Du schweigen, oder soll ich Dir den Mund verstopfen! Du Herr von Habenichts wärst mir der Rechte, mich hier mit der Moral zu füttern. Ich will Dir nun weiter nichts mehr sagen, als daß Deine Hütte doch noch weg muß; was ich will, das will ich, da macht kein Mensch etwas dagegen, und Du erst recht nicht!«
    Fährmann hatte sich erhoben und stand dem Bauer furchtlos gegenüber.
    »Komm nicht von Sinnen, Kaiser, und achte auf Deine Rede, daß Du Dich nicht versprichst! Dies Häuschen bleibt mein, da macht kein König und auch kein – Kaiser ‘was dagegen; halt nur den Hof da drüben fest, er steht mir sehr im Weg!«
    Der Steinmüller hatte sich schon längst bis an die Thüre zurückgezogen; jetzt trat er herbei und ergriff den Arm des Bauers, indem er ihn, der abermals in Schmähungen ausbrechen wollte, mit sich aus der Stube fortzog. –
    Bertha hatte gleich nach dem Eintritte der beiden Männer die Stube verlassen; sie ahnte, daß die Unterredung keine freundliche sein werde und vermied es daher, derselben beizuwohnen. Die Pforte des kleinen Gärtchens öffnend, trat sie hinaus auf das Feld. Dort stand ein wilder Apfelbaum; er hatte schon oft mit seinen Zweigen und Blättern zu ihren Träumen und Wünschen gerauscht, denn unter seinem schattigen Wipfel war ihr gewohntes Sonntagsplätzchen. Als sie zwischen den wogenden Aehren hervortrat, zog sie fast erschrocken den Fuß zurück. In dem weichen Grase lag Einer, den sie hier noch niemals getroffen und auch heute nicht erwartet hatte, obgleich ihre Gedanken soeben nur bei ihm gewesen waren.
    »Wilhelm, Du hier?« frug sie erröthend.
    »Das magst Du wohl nicht gern leiden? Oder ist’s so ganz absonderlich, daß Du’s nicht allein hier hübsch und kühlich findest?«
    »Gar nichts von Beidem. Ich dachte mir nur, daß Du nicht hier sein könntest, weil Du zu Hause gebraucht wirst.«
    »Gebraucht? Von wem?«
    »Von dem Besuch, der bei euch ist.«
    »Um den bekümmere ich mich nicht, der Müller ist beim Vater und seine Prinzeß sieht sich mit der Mutter das Linnen an. Da bedarf man meiner nicht.«
    »Ich hab’ gemeint, Du bist grad der, wegen dessen sie bei euch sind!«
    »Das mag wohl sein. Ich soll die Gret’ nehmen, aber ich mag sie nicht!«
    Er blickte finster vor sich nieder, während ihr Auge forschend auf ihm ruhte. Sie konnte kaum glauben, was er sagte; er war von Kindheit an seinem Vater in Allem fügsam gewesen, das wußte sie, und hatte mit keinem Mädchen jemals eine nähere Bekanntschaft geschlossen; daher hatte sie auch nicht im Geringsten gezögert, seine Verbindung mit der Müllerstochter als Thatsache

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