Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
unseren Pächtern und Vasallen so viel Geld abgepresst, wie ich nur konnte. Jeder eingenommene Silberpenny stand für einen Moment weniger, den du in Deutschland verbringen musstest.« Sie schlug eine Hand vor den Mund, und er sah, wie sie mit den Tränen kämpfte. Aber als er zu einer Antwort ansetzte, ließ sie die Hand sinken und sah ihn mit feuchten Augen an.
»Du … und mein Sohn. Warum sollte ich dir erzählen, dass ich ein Kind erwarte, nachdem du es nicht für nötig befunden hast, mir zu sagen, dass William zu den Geiseln gehört? Ich musste es von Alexander of Ipswich erfahren. Weißt du, wie weh das getan hat? Warum hast du es mir verschwiegen? Warum?«
Roger hob die Hände.
»Weil ich wusste, dass du dich furchtbar aufregen würdest, und das völlig grundlos.«
»Du dachtest, ich würde es nicht herausfinden?«
Er verzog das Gesicht.
»Ich habe es gehofft.«
Ida rang vernehmlich nach Atem.
»Ich habe gesehen, welche Angst du bekommen hast, als du hörtest, dass Hugh gehen sollte, und ich wusste, dass du um deinen anderen Sohn genauso viel Angst ausstehen würdest – wenn nicht noch mehr, weil du ihn nie als deinen Sohn anerkennen durftest. Vielleicht habe ich einen Fehler gemacht, aber ich sah keinen Sinn darin, dir eine Nachricht zu schicken, wenn sich doch nichts mehr ändern ließ…« Er seufzte. »Ich habe eine Entscheidung getroffen. Wenn es die falsche war, tut es mir leid, aber was geschehen ist, ist geschehen.« Er legte Gürtel und Tunika ab. »Ich hatte vor, es dir jetzt zu sagen und die Dinge wieder geradezubiegen, aber ich bin zu spät gekommen, und auch das tut mir leid. Ich kann verstehen, dass du wütend auf mich bist, aber auch ein Richter kann einmal falsch urteilen, vor allem, wenn er sich allein auf sein Gefühl verlassen muss.«
Er sah, wie sie sich auf die Lippe biss, wandte den Blick ab und fragte sich, ob er in der Tat zu spät gekommen war und sich angerichtetes Unheil nicht wiedergutmachen ließ.
»Falls es dich tröstet, ich habe während meiner Abwesenheit jeden Tag an dich gedacht. Und an die Kinder.« Er seufzte. »Ich habe euch nicht vergessen.«
»Ich kam mir trotzdem vergessen vor.« Idas Stimme drohte zu brechen. »Und übergangen.«
»Niemals. Du weißt ja nicht, wie sehr ich dich vermisst habe.« Er zog sie in die Arme und drückte sie an sich. Er konnte ihren an ihrem Hals pochenden Puls spüren. Der schwache Geißblattduft ihrer Lieblingssalbe stieg ihm in die Nase.
»Nein, das weiß ich nicht.« Plötzlich grub sie die Finger in seinen Nacken, neigte den Kopf zurück und blickte ihn an. Ihre Augen blitzten vor Zorn und schimmerten tränenfeucht. »Manchmal kommt es mir so vor, als wäre hier das Ende der Welt, und ich könnte genauso gut Witwe sein.«
»Das ist doch Unsinn«, brummte Roger. »Du bist meine Frau. Die Herrin von Framlingham und Countess of Norfolk.«
»Ja«, gab sie zurück. »Das habe ich mir in den dunkelsten Stunden der Nacht auch immer wieder gesagt, nachdem ich den Tag damit verbracht hatte, Lösegeld aus fast leeren Truhen zusammenzukratzen, Reisende auf dem Weg zum Schrein von Edmundsbury zu bewirten oder mich um Verwaltungsangelegenheiten zu kümmern, aber manchmal verlieren Worte ihre Bedeutung, und dann weiß ich nicht mehr, wer ich bin, oder beginne mich zu fragen, ob ich nicht eigentlich eine Hochstaplerin bin – ein zerlumptes Bettelmädchen mit einer Almosenschale, das Gefahr läuft, bald entlarvt zu werden.«
Roger drückte sie fester an sich, weil er nicht wusste, was er sagen sollte. Weise Worte fand er leichter auf der Richterbank als im Alltagsleben, und da er so lange Zeit nur Umgang mit Männern gehabt hatte, hatten seine Empfindsamkeit und sein Feingefühl gelitten. Außerdem half es nicht gerade, dass die Geburt erst so kurze Zeit zurücklag und Ida immer noch übersensibel und weinerlich war.
»So habe ich dich nie gesehen«, widersprach er linkisch.
»Für mich warst du immer die schönste, anmutigste und aufrichtigste Frau, die mir je begegnet ist.«
Sie gab einen erstickten Laut von sich. Das Wort »aufrichtig« schuf eine neuerliche Kluft zwischen ihnen, und er erkannte, dass er damit nicht die klügste Wahl getroffen hatte, obwohl es sein völliger Ernst war.
Lange blieben sie eng aneinandergeschmiegt stehen. Er spürte, wie sie ruhiger wurde und sich allmählich entspannte. Endlich löste sie sich von ihm, und er ließ die Arme sinken.
»Dein Bad wird kalt.« Ihre Stimme klang atemlos, aber sie hatte
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