Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
befürchtet, Ihr würdet rundweg ablehnen, und ich wüsste keinen Mann, mit dem ich meine Schwester lieber verheiratet sähe, obwohl es viele geeignete Bewerber gäbe.«
Roger hob ob dieser unverhohlenen Schmeichelei die Brauen, aber die Worte bestärkten ihn zugleich in seiner Befürchtung, einem anderen Mann könne es gelingen, den Liebling des Königs für sich zu gewinnen.
»Weiß Ida von diesen Plänen für ihre Zukunft, oder soll sie es in einem geeigneten Moment erfahren?« Sein Ton war barscher als beabsichtigt.
Goscelin wirkte sichtlich ernüchtert.
»Sie weiß es«, erwiderte er, »und sie ist einverstanden.«
Roger bemühte sich, seine verkrampften Schultern zu lockern. Hinter dieser Sache steckte mehr, als man ihm verriet. Wer Fleisch kaufte, kaufte immer auch Knochen.
»Ich möchte mit Eurer Schwester eine private Unterhaltung führen, statt mich nur auf Kuppler und Vermittler zu verlassen. Und dann werde ich meine Entscheidung treffen.«
Goscelin zögerte.
Roger musterte ihn scharf. »Oder traut Ihr mir nicht? Glaubt Ihr, ich würde mich nicht wie ein Ehrenmann verhalten?«
»Nein, Mylord. Ich traue Euch, aber Ida …« Dann neigte er den Kopf. »Ich will sehen, was ich tun kann.«
»Was: aber Ida?«, wunderte sich Roger. Konnte man vielleicht ihr nicht trauen? Wenn sie wirklich mit der Heirat einverstanden war, warum sollte sie sich dann weigern, ihn allein zu treffen? Nun, wie bei Meer und Strand würde das, was er wissen wollte, irgendwann einmal freigespült werden, und dann würde sich zeigen, ob ein Edelstein oder ein verrotteter Leichnam zum Vorschein kam.
Er pfiff seinen Hunden und wandte sich vom Wasser ab.
»Ich habe keine Burg für sie.« Er wappnete sich gegen die heftigen Windböen. Der feuchte Sand, jetzt weicher und nachgiebiger, spritzte unter seinen Stiefeln auf.
Goscelin drehte sich zu ihm um. Dunkle Locken fielen ihm ins Gesicht.
»Aber eines Tages werdet Ihr eine haben, Mylord.«
Rogers Miene blieb verschlossen. Wenn er sich entschloss, Ida zu heiraten, verspürte er wenig Lust, mit Henry verglichen zu werden und als Zweitbester abzuschneiden.
»O ja«, entgegnete er. »Eines Tages werde ich eine Festung besitzen, die alle die übertrifft, die die Angeviner zu errichten imstande sind.« Er zuckte die Achseln. »Aber erst müssen die Fundamente gelegt werden. Man kann nicht auf Sand bauen und erwarten, dass die Mauern stehen bleiben. Eine Festung muss vor allem eines sein: eine Bastion, die Schutz vor Angriffen von allen Seiten bietet.«
Juliana schüttelte tadelnd den Kopf, als sie Rogers Hände betrachtete.
»Was hast du nur gemacht?«, fragte sie. »Einen Pflug geführt?« Sie drehte sie und untersuchte die Handflächen.
»Sieh dir diese Schwielen an!« Sie befahl einer Dienerin, einen Tiegel Salbe zu bringen.
Roger grinste.
»Ich habe vor einiger Zeit tatsächlich gepflügt«, bekannte er. »Wir haben auf Framlingham ein neues Ochsenpaar bekommen und einen neuen Kolter, und vor dem Umgraben der Scholle fand eine feierliche Zeremonie statt.«
Sie hob die Brauen.
»Bauer«, neckte sie ihn.
»Wenn ein Lord kein Interesse an seinem Land zeigt, wer soll es dann tun?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, die Schwielen sind das Ergebnis meiner Arbeit mit den Pferden und meiner Schwertübungen – beides durchaus angemessene Beschäftigungen für einen Ritter.« Auch in seiner Stimme schwang leiser Spott mit, denn er wusste, wie heikel und kritisch seine Mutter war. Er hatte nicht die Absicht, ihr zu gestehen, dass die schlimmsten Schwielen vom Einholen der Netze auf einem Heringsfänger herrührten.
Juliana nahm den Tiegel mit Rosenwassersalbe entgegen, den ihre Dienerin ihr reichte, tupfte etwas davon auf seine Handfläche und rieb sie in die Haut ein. Ein würziger Kräuterduft zog durch den Raum.
»Ich erinnere mich an die Zeit, als deine Hände noch klein und weich wie Blütenblätter waren«, seufzte sie, dann lachte sie leise auf. »Aber das ist lange her … ich habe es immer bedauert, dass ich dich nicht aufwachsen sehen durfte, aber ich hatte keine Wahl. Ich wurde zum Gehen gezwungen.«
»Ich weiß«, entgegnete er. »Doch das ist vorbei, in der Vergangenheit begraben.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen, und dieses Schweigen
bildete eine Brücke zwischen ihnen. Juliana fuhr fort, die Salbe einzumassieren, bis sie nicht mehr zu sehen war.
»So«, meinte sie dann. »Was hast du abgesehen von Acker pflügen und Waffenspielen sonst noch mit deiner
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