Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
ein Schlachtross in seinen Familienfarben war. Rund um den Rand verlief das rote Kreuz der Bigods. Er starrte sie verwirrt an, konnte aber nicht umhin, die kunstvolle Stickarbeit zu bewundern.
»Ein Geschenk«, erklärte Goscelin, der gerade über die Schwelle trat. »Meine Schwester ist sehr geschickt im Umgang mit Nadel und Faden, und sie wollte etwas Persönliches für Euch anfertigen.« Er kam in den Raum. »Findet Ihr alles zu Eurer Zufriedenheit vor?«
Roger nickte.
»Es … es ist mehr, als ich erwartet hatte.«
Goscelin wirkte sichtlich erfreut.
»Ida hat alles arrangiert. Sie hat Talent für diese Dinge, und sie weiß, wie man Gäste willkommen heißt und es ihnen bequem macht.«
Roger fühlte sich von allem eher überwältigt. Er wäre mit einem Wasserkrug und einem Leinentuch zufriedener gewesen, aber das rührte daher, dass er nervös war und versuchte, sich auf unbekanntem Territorium zurechtzufinden. Er konnte aber auch die Motive hinter all diesem so offensichtlich zur Schau getragenen Luxus erkennen: Ihm sollte vor Augen geführt werden, was für eine gute Partie Ida war, sollte er sie zur Frau nehmen.
Diener eilten geschäftig in der Kammer umher, halfen ihm, seine Kleider abzulegen, und bedeuteten ihm, in die Wanne zu steigen. Da er nicht wusste, was er sonst hätte tun sollen, fügte er sich. Das Wasser war heiß und duftete nach Rosen und Kräutern, die er nicht sofort einordnen konnte. Eine Badezofe wusch ihm die Haare mit weißer spanischer Seife und rasierte seine Bartstoppeln. Angesichts des bevorstehenden Treffens hatte sich Roger bereits gewaschen, aber nachdem die Dienstboten mit ihm fertig waren, fühlte er sich, als hätte man ihn poliert, bis seine Knochen unter der Haut glänzten.
Goscelin hatte während der Prozedur in der Kammer herumgelungert, Wein getrunken und die Leckerbissen probiert – im Gegensatz zu Roger, dessen Unbehagen stetig wuchs. In Framlingham war er es gewohnt, weitgehend für sich selbst zu sorgen, und obwohl er bezüglich seiner Besitztümer Wert auf Qualität legte, verunsicherte ihn der Luxus, mit dem er hier umgeben wurde. Würde Ida dies auch im alltäglichen Leben erwarten, wenn er sie heiratete?
»Seid Ihr fertig?«, fragte Goscelin, als Roger seinen Gürtel
umschnallte. »Ich bringe Euch zu Ida. Sie freut sich schon auf das Gespräch mit Euch.«
Rogers Gedanken drehten sich in seinem Kopf wie ein Mühlrad, führten jedoch zu nichts. Was sollte er unter diesen ungewöhnlichen Umständen zu ihr sagen? Er betrachtete die Pferdedecke und überlegte, dass er damit beginnen konnte, ihr dafür zu danken, obgleich er sich nicht sicher war, welcher Grad von Dankbarkeit für ein solches Geschenk angemessen war. Trug er zu dick auf, konnte sie glauben, er wolle ihr direkt einen Antrag machen, verhielt er sich zu zurückhaltend, konnte das kränkend wirken.
Goscelin führte ihn zu einer großen Kammer in einem der oberen Stockwerke, einem behaglichen Raum mit bunten Wandbehängen und dicken Läufern auf dem Boden. Vor dem Feuer waren Bänke aufgestellt, auf denen Frauen verschiedensten Alters und Ranges saßen, nähten, spannen und miteinander plauderten. Ein paar kleine Kinder spielten unter Aufsicht ihrer Kinderfrauen Fangen. Roger starrte die Versammlung verärgert an. Dies war bei weitem nicht das private Treffen zwischen ihm und Ida, das er sich vorgestellt hatte. Die Kammer lag zwar abseits des Getümmels in der Halle, aber von Privatsphäre konnte keine Rede sein. Er wusste, dass er von einigen der jüngeren Frauen beäugt wurde, das schloss er aus ihrem Gekicher und Getuschel hinter vorgehaltener Hand.
Ida löste sich aus einer Gruppe von Frauen, denen sie ein kleines Kind übergeben hatte. In ihrem blauen Wollgewand sah sie bezaubernd aus, ihre schmale Taille wurde von einem juwelenbesetzten Gürtel betont. Eine leichte Röte stieg ihr in die Wangen, und ihre haselnussbraunen Augen leuchteten.
»Mylord.« Sie knickste vor Roger.
Er verneigte sich zur Antwort leicht, wobei er meinte, sein Rückgrat müsse von der Anstrengung zerbrechen. Weiteres Gekicher
ertönte. In äußerster Verlegenheit warf Roger Goscelin einen wutentbrannten Blick zu. Wie konnte er mit Ida in dieser Umgebung über einen Heiratskontrakt sprechen? Es war absolut unangemessen. Er und Ida standen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, und schon jetzt kam er sich so vor, als würde sich seine Haut unter den wissenden Blicken von seinem Fleisch lösen.
Er richtete sich auf und
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