Die Rose von Windsor: Historischer Roman (German Edition)
»Vielleicht benötige ich eine Behandlung, aber bestimmt nicht dieselbe wie ein Baum.« Er nickte viel sagend zu dem hinauf, unter dem sie gerade hergingen und dem einige Äste gekappt worden waren. »Und vielleicht seid Ihr unverschämt.«
Aus reiner Freude an der Berührung strich sie erneut über
seinen Arm und sprang dann, ihn spielerisch auffordernd, zur Seite.
»Und wie würdet Ihr denn mit einer unverschämten Frau umgehen?«
Als er die Stirn runzelte und zögerte, fragte sie sich, ob sie zu keck gewesen war oder die Anzeichen dafür, dass er allmählich auftaute, falsch gedeutet hatte, aber plötzlich schoss er mit der Schnelligkeit einer Katze auf sie zu und umschloss sie mit leichtem Griff.
»Ich kitzele sie halb tot«, grinste er.
Lachend machte sich Ida los.
»Dazu müsst Ihr sie erst fangen!« Sie raffte ihre Röcke und flüchtete. Eine Weile spielten sie unter den Bäumen wie die Kinder Fangen. Sie wusste, dass er Spaß daran haben musste, denn aufgrund seiner Beweglichkeit und ihrer sie behindernden Röcke wäre es ihm ein Leichtes gewesen, sie einzufangen, aber er zögerte den Augenblick heraus, bis sie beide nach Atem rangen.
Endlich holte er sie ein, packte ihre Hand und schwang sie zu sich herum, doch sein Griff war noch immer so locker, dass Ida sich mühelos daraus hätte befreien können, wenn sie gewollt hätte – aber sie tat es nicht. Ihr stockte der Atem. Würde er sie jetzt küssen? Sollte sie es zulassen, oder warf das ein schlechtes Licht auf sie? Er neigte den Kopf, als wolle er ihre Lippen mit den seinen berühren, änderte dann jedoch seinen Kurs, schwang sie in den Armen hoch, trug sie zu der Bank unter dem Baum zurück und setzte sie darauf nieder.
»So«, sagte er schwer atmend. »So werdet Ihr in meinem Haus behandelt werden, Ihr werdet auf Händen getragen werden. Darauf gebe ich Euch mein Wort.«
Ida sah zu ihm auf, und diesmal hielt er ihrem Blick stand. Wieder streckte er ihr seine Hand hin, und sie legte die ihre
sittsam hinein. Die harte Kraft seiner Finger, mit der er sie auf die Füße zog, sandte eine wohlige Wärme durch ihren Körper.
Sie schlenderten vom Obstgarten in die Gärten, deren Sommerfarben verblassten, obwohl hier und da noch Grün und ein paar Blüten zu sehen waren. Die Fische schwammen träge in den Teichen umher, über die ein Gärtner ein Netz gespannt hatte, um die Reiher fernzuhalten. Pfauen schritten über den Boden, die Hähne zogen ihre schillernden Schwänze hinter sich her wie bunt gefiederte Besen, aber keiner schlug ein Rad.
»Ich muss Euch noch für Euer Geschenk danken«, sagte Roger. »Diese Decke muss Euch viele Stunden Arbeit gekostet haben.«
»Ich nähe und sticke gern, Mylord, und ich wollte Euch etwas schenken, das Eurem Rang und Euren Fähigkeiten entspricht – und die meinen unter Beweis stellt.«
»Das ist Euch gelungen. Ich bin von Eurem Geschick zutiefst beeindruckt.« Er verschwieg, dass ihr Geschenk der ausschlaggebende Faktor für seine Entscheidung gewesen war. Als er an die Stunden gedacht hatte, die die Anfertigung erfordert hatte, an die Sorgfalt und Entschlossenheit, war ihm klar geworden, dass sie es ernst mit ihm meinte. Er war nicht nur eine Flirtlaune von ihr.
Ida errötete vor Freude.
Er warf ihr einen forschenden Blick zu. »Ihr müsst schon vor einiger Zeit damit begonnen haben, in dem Wissen, dass Eure Mühe vergebens sein könnte.«
»Wie Euer Kampf, die Grafschaft zurückzugewinnen, die einst Eurem Vater gehörte.«
»Das ist nicht dasselbe«, widersprach er, lächelte aber dabei.
»Nur in der Weise, dass ein Sandkorn keinen Strand ausmacht.«
Sein Lächeln wurde breiter.
»Vielleicht habt Ihr Recht«, gab er zu. »Und eines Tages werde ich Euch Strände zeigen, die sich weiter erstrecken, als das Auge reicht.«
Sie gingen um den Teich herum, und er bückte sich und tauchte einen Finger ins Wasser. Die Fische kamen jetzt, wo das Wetter kühler war, langsamer an die Oberfläche. »Nun gut«, begann er. »Da wir uns einig sind, sollten wir dafür sorgen, dass die notwendigen Verträge aufgesetzt und die rechtlichen Fragen geklärt werden … und wir müssen einen Tag festsetzen.«
»Alles, was nötig ist, soll in die Wege geleitet werden«, sagte Ida und nickte. Dann fügte sie hastig hinzu:
»Und zwar so schnell wie möglich.« Als er zu ihr aufblickte, errötete sie erneut. »Es wird ein neues Leben für mich sein, ein Neuanfang, und er kann für mich nicht rasch genug kommen.«
Er
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