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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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dass du nachts oft nicht schlafen kannst. Immer wenn ich die Kleine beruhige, sehe ich in deinem Zimmer noch Licht.«
    Carlota zuckte die Schultern. »Ich muss mich nach der Zeit in Deutschland eben wieder an das Klima hier gewöhnen.«
    »Auch noch nach einem halben Jahr?«, meinte Tabitha skeptisch.
    »Genug jetzt.« Carlota erhob sich rasch. »Ich werde frische Limonade machen. Immerhin habe ich den ganzen Vormittag lang Zitronen gepflückt.«
    Nachdem Carlota hineingegangen war, trat Antonio mit dem Kind zu Tabitha.
    »Rosalia ist eingeschlafen«, verkündete er stolz.
    Vorsichtig überreichte er den Säugling seiner Mutter.
    »Ich begreife nicht, wie du es zustande bringst, sie immer wieder zu beruhigen«, stellte Tabitha fest und streichelte über das Köpfchen.
    »Das konnte ich bei meinen Schwestern lange genug üben.«
    »Ich würde deine Dienste liebend gerne auch für die Nacht in Anspruch nehmen …«, rutschte es ihr heraus.
    »Nichts lieber als das.«
    Antonio hatte sich zu ihren Füßen niedergelassen und einen Grashalm gepflückt. Nun kaute er darauf herum und blickte mit seinen warmen, braunen Augen zu ihr hoch. Wie immer flatterte unter diesem Blick ihr Herz wie ein kleiner Vogel.
    Rasch konzentrierte sich Tabitha auf ihr Kind. »Es wäre anmaßend, noch mehr von dir zu fordern. Du verbringst viel zu viel Zeit hier – schließlich musst du zur Schule gehen.«
    »Na und? Früher musste ich mich um meine Schwestern kümmern – jetzt tut das deine Tante Claire. Ich wüsste ja sonst gar nichts mit mir anzufangen.«
    Tabitha brachte kein Wort hervor. Sie war glücklich in Antonios Nähe, zugleich jedoch verlegen. Irgendwie fühlte es sich verboten an, derart viele Stunden mit ihm zu verbringen und ihn so sehr zu mögen. Er war noch so jung. Und sie hatte sich auf einen unsteten Mann wie José eingelassen und bereits ein Kind bekommen. Antonio hatte etwas Besseres verdient.
    »Warum runzelst du so die Stirn?«
    »Ich habe nur gedacht, wie sehr Rosalia dich dereinst vermissen wird, wenn du einmal einem hübschen Mädchen den Hof machst.«
    »Nur Rosalia? Wirst du mich auch vermissen?«
    Tabitha machte ein ausdrucksloses Gesicht und legte Rosalia schnell in die Wiege. »Vielleicht ein klein wenig«, gab sie zu.
    Antonio sprang auf die Beine. »Und wenn ich nicht irgendeinem hübschen Mädchen, sondern dir den Hof mache?«
    Tabitha schüttelte mahnend den Kopf. »Stürz dich nicht ins Unglück! Was habe ich denn schon zu bieten außer einer verlorenen Ehre?«
    »Nun, obendrein auch ein wundervolles Kind. Glaub mir: Wenn ich dich je heirate, dann nur wegen des Kindes.«
    Tabitha rang weiterhin um ihre Fassung, aber sie konnte nicht verhindern, dass ihr Röte ins Gesicht schoss. Sie versuchte, ihre Bewegtheit zu überspielen, indem sie schroff fragte: »Wer sagt denn, dass ich dich heiraten würde?«
    Antonio warf den Grashalm fort.
    »Nun, vorerst würde mir ein Kuss vollends genügen.«
    Er ergriff ihre Hand und drückte sie, und plötzlich war sein Gesicht ganz nahe bei ihrem.
     
    Carlota schmunzelte, als sie sah, wie Antonio und Tabitha sich küssten. Zuerst wirkten sie beide noch schüchtern und steif, wie sie sich da gegenüberstanden, sich kaum zu berühren wagten, nur vorsichtig die Lippen aufeinanderpressten. Doch dann wurden die beiden von ihrer Leidenschaft übermannt. Tabitha bog Antonio ihren Körper entgegen, und der fuhr ihr ungebärdig durchs Haar, während ihre Münder zu verschmelzen schienen.
    Carlota wartete nun schon seit Wochen darauf, dass die beiden sich ihre Gefühle füreinander gestanden, die ihnen so überdeutlich ins Gesicht geschrieben standen. Doch sosehr sie sich jetzt über diesen Anblick freute, wurde ihr zugleich weh ums Herz, erinnerte er sie doch unweigerlich an das kurze Glück mit Nicolas.
    Sie schob den Gedanken an ihn beiseite, fühlte dennoch einmal mehr die Leere im Herzen, die umso schwerer zu ertragen war, wenn ihr Blick auf ihre Narbe fiel – ein nur allzu deutliches Zeichen, dass etwas in ihr zerstört war und es keine Hoffnung auf Heilung gab. Sie hätte leichter damit leben können, wenn sie sich mit irgendetwas hätte ablenken können, doch sie wusste nicht, wie sie sich die Zeit vertreiben konnte. Manchmal dachte sie, dass selbst das verhasste Nähen besser wäre als das stete Grübeln.
    Diskret zog sie sich ins Haus zurück, um Tabitha und Antonio nicht zu stören, aber dort wurde es ihr bald zu eng. In den letzten Monaten hatte sie sich hier

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