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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Was immer sie hervorgebracht hätte, es hätte nur an einstigem Groll gerührt, dass sich ihre Eltern stets so distanziert verhalten hatten, und der schien ihr verjährt. Doch während sie stumm blieb, hatte sich Leonora nach erstem Schrecken wieder gefasst: »Sie hat es ganz richtig gemacht«, erklärte sie bitter. »Und besser, sie wäre verschwunden geblieben, damit sie nicht noch mehr Schande über die Familie bringen kann.«
    Rosa löste sich von Valeria. »Halt den Mund, Leonora!«
    Doch die dachte gar nicht daran. »Es wäre das Beste gewesen, wenn du wirklich gestorben wärst. Oder zumindest in ein Kloster gegangen, so wie es geplant war.«
    Rosa lag ein weiterer Widerspruch auf den Lippen, aber Albert kam ihr zuvor und fragte Valeria: »Hattest du davor Angst? Dass wir uns verhalten wie …
sie?
Dass wir dich wegsperren und zwingen, deine Kinder aufzugeben?«
    Valeria blickte hilflos von einem zum anderen. »Wie hätte ich denn etwas anderes glauben können?«
    Rosa und Albert senkten schuldbewusst ihren Blick. »Wir hätten doch nie …«
    Leonoras schrilles Gelächter unterbrach sie. »Nun, wenn ihr ach so verständnisvolle Eltern seid, dann gebt ihr gewiss auch gute Großeltern ab. Eure Enkeltochter ist so missraten wie ihre Mutter. Sie trägt ebenfalls einen Bastard unter ihrem Herzen – von einem Stallburschen!«
    Die Blicke richteten sich auf Tabitha, die sich verlegen wand. Instinktiv stellte sich Valeria schützend vor die Tochter, sah sich im nächsten Augenblick jedoch suchend um. Im Aufruhr der Gefühle hatte sie nicht an sie gedacht, doch nun packte sie Furcht: »Wo … wo ist eigentlich Carlota?«
     
    Kaum hatte sie den Namen ausgesprochen, sah sie in Rosas und Alberts Miene Sorge und Kummer aufblitzen.
    »Es ist etwas passiert … Eigentlich wollten wir es dir in Ruhe sagen …«, stammelte Rosa.
    Panik stieg in Valeria hoch. »Carlota! Wo ist Carlota?«, schrie sie, und ihre Stimme überschlug sich.
    »Hier bin ich doch …«
    Die leisen Worte kamen von der Tür her. Als Valeria herumfuhr und die Tochter betrachtete, begriff sie, warum Albert und Rosa sie auf ihren Anblick behutsam vorbereiten wollten. Carlota sah entsetzlich krank aus – so abgemagert und blass, wie sie war, mit eingefallenen Wangen und dunklen Ringen unter den Augen. Um den rechten Arm trug sie einen Verband.
    »Eigentlich war sie nicht reisefähig«, erklärte Rosa, »aber sie wollte unbedingt so schnell wie möglich zu dir und deinem … Mann zurückkehren. Ein Arzt hat uns begleitet. Gott sei Dank verheilt die Wunde gut.«
    »Eine Wunde? Was, zum Teufel, ist passiert?«, fragte Valeria aufgeregt.
    »Das ist eine lange Geschichte … Carlota wird sie dir in aller Ruhe erzählen«, meinte Rosa zögerlich.
    Während sie herumdruckste, erklärte Albert unumwunden: »Sie hat sich in den falschen Mann verliebt.«
    Eben noch hatte sie verstörend zart und schwächlich gewirkt, doch als sie protestierte, kam die willensstarke, trotzige Carlota zum Vorschein, die Valeria so gut kannte. »Das ist nicht wahr! Nicolas wusste nichts von den Plänen seines Vaters. Und der hat seinen Racheplan nur deinetwegen ausgeheckt. Er hätte nie …«
    »Wer ist Nicolas?«, unterbrach Valeria sie verwirrt.
    Rosa trat zu Carlota und legte ihr beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Bevor wir alles erklären, sollten wir uns unbedingt ausruhen. Die Reise war lang und anstrengend.«
    Bis jetzt war Leonora ruhig geblieben, doch als sich Rosa zu ihr wandte, erwachte wieder ihre Feindseligkeit. »Wenn ihr denkt, ich biete euch eine Unterkunft an, habt ihr euch gründlich geirrt.«
    Rosa starrte sie fassungslos an, Valeria zornig, Albert müde.
    Doch dann trat Isabella, die die Wiedervereinigung der Familie bislang wortlos beobachtet hatte, vor die Mutter und erklärte: »Nun, aber ich lade euch ein, hier zu wohnen. In diesem Haus ist genügend Platz, und wenn ich es recht sehe, braucht ihr auch dringend eine Stärkung. Falls ihr lieber die Gesellschaft meiner Mutter meiden und in einem Hotel unterkommen wollt, dann werde ich selbstverständlich auf unsere Kosten mehrere Zimmer in der besten Bleibe der Stadt mieten.«
    Leonoras Kinn erzitterte. »Isabella! Wie kannst du mir nur so in den Rücken fallen!«
    Kurz zuckte Isabella zusammen, dann wandte sie sich ungewohnt resolut an ihre Mutter: »Das ist ebenso mein Haus wie deines. Und ich werde nicht zulassen, dass du unsere Familie vor die Tür setzt. Gastfreundschaft ist ein hohes Gut. Ich

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