Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
und ziemlich zerknittert ausgesehen, aber davon war nichts mehr zu bemerken. Sie sah ausgeruht aus, frisch, jung und energiegeladen. Ihre Augen strahlten.
»Hast du eine Zigarette für mich?« fragte sie. »Und etwas zu trinken? «
Schweigend reichte er ihr die Zigarettenschachtel. Als er ihr Feuer gab, neigte sie sich so dicht an ihn heran, daß er ihr Haar riechen konnte und ihre Haut. All die sehnsüchtigen Gedanken, die er auf sie verwandt hatte in unzähligen Tagen und Nächten, fielen ihn wieder an. Warum, zum Teufel, wurde er nicht fertig damit? Wurde nicht fertig mit ihr? Es drängte ihn, die Worte zu sagen, von denen er wußte, er hätte sie jetzt sagen müssen. Er hätte ihr erklären müssen, daß sie, nun da sie einmal hier war, selbstverständlich über Nacht bleiben könne, daß sie aber am nächsten Morgen ihre Sachen packen und gehen müsse. Sie durfte nicht davon ausgehen, daß er sich hin und her schieben ließ, daß er sprang, wie sie es gerade wollte, daß er...
O Gott, dachte er müde, ich werde es ja doch nicht sagen. Ich werde wieder einmal die Brotkrumen annehmen, die sie mir zuwirft. Sie wird triumphieren, weil die Dinge genauso laufen, wie sie es will.
Sie streckte die Hand aus, strich ihm mit dem Finger sacht über die Stirn. »Du hast eine Sorgenfalte über der Nase«, sagte sie. Ihre Stimme klang zärtlich und etwas rauh, und ihm lief ein Schauer über den Rücken. »Was ist los? Freust du dich nicht, daß ich da bin?«
Er lachte, leise und resigniert. »Was erwartest du, Maja? Daß ich einen Luftsprung mache vor Glück? Ich weiß ja nicht einmal, warum du hier aufgetaucht bist. Ich weiß nicht, was du vorhast.«
»Du wolltest mir etwas zu trinken holen«, erinnerte Maja.
Er stand auf, ging in die Küche. Glücklicherweise stand tatsächlich eine eiskalte Flasche Champagner im Kühlschrank. Er stellte sie in einen Kühler, nahm sie mit hinüber ins Wohnzimmer. Maja saß auf dem Teppich, lehnte sich gegen das weiße Sofa. Ihr Blick schweifte im Raum umher, wach und kritisch. Sie versuchte nicht zu verbergen, daß sie den Wert eines jeden Gegenstandes genau taxierte.
Sie ist immer noch das gierige kleine Mädchen, dachte er, und wird es immer sein.
Sie trank den Champagner in hastigen Zügen, ließ sich sofort das nächste Glas einschenken.
»Schön hast du es hier«, sagte sie dann, »die Wohnung ist sehr elegant. Sie paßt zu dir. Sie gefällt mir.«
»Danke. Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Du hast keine gestellt.«
»Ich sagte: ›Ich weiß nicht, was du vorhast.‹ Das ist in gewisser Weise eine Frage.«
Sie lächelte kokett. »Was glaubst du denn, was ich vorhabe?«
Ihm war bewußt, daß er schon wieder die Stirn runzelte. »Nicht so, Maja. Laß uns vernünftig reden. Du stehst plötzlich mit zwei riesigen Koffern vor der Tür, okkupierst eine halbe Stunde lang mein Bad, sitzt dann sehr schön und malerisch in meinem Wohnzimmer und klimperst mit den Wimpern. Du willst also irgend etwas. Vermutlich eine kostenlose Unterkunft in London.«
Sie verzog ihren Mund zu einem Schmollen. »Alan, du kannst wirklich ziemlich kalt und häßlich sein. Ich ... «
»Maja!« sagte er scharf. »Versuch es nicht damit! Ich schmelze nicht dahin, wenn du Kulleraugen machst und mit Piepsstimme redest. Benimm dich bitte wie eine erwachsene Frau.«
Offensichtlich begriff sie, daß es ihm ernst war. Sie setzte sich aufrecht hin, zog das Badetuch enger um ihren Körper. Ihr Gesichtsausdruck war jetzt kühl und konzentriert. Sie sah so begehrenswert aus, daß er am liebsten die Arme ausgestreckt und sie an sich gezogen hätte.
»Okay, Alan«, sagte sie, »sprechen wir ganz offen miteinander. Ich möchte in London bleiben. Ich habe das Leben auf Guernsey hoffnungslos satt. Es ist langweilig, und ich sehe dort keine Zukunft für mich. Meine Familie glaubt, ich sei nur für ein paar Monate fort, aber die Wahrheit ist, daß ich nie mehr zurückmöchte. Ich bin hier, und ich bleibe hier. Und ich hoffe, du hilfst mir.«
»Wovon willst du leben?«
»Ich werde mir einen Job suchen«, sagte Maja kühn, »aber das wird sicher nicht von heute auf morgen klappen.«
»Sicher nicht. Woran hattest du gedacht?«
Majas Souveränität begann ein wenig zu bröckeln. Alan wußte, daß er die entscheidende Frage gestellt hatte, auf die Maja vermutlich noch keine Antwort wußte. Sie zog hastig an ihrer Zigarette.
»Himmel, Alan, mußt du mich immer einem Verhör unterziehen? Wir sitzen hier,
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