Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
Deutschland wohnt wieder bei deiner Mutter«, sagte sie, »wie heißt sie noch? Franca. Ich habe sie mit Helene in St. Peter Port getroffen. Großmutter sagt, sie wolle offensichtlich länger bleiben. Scheint irgendein Problem mit ihrem Mann zu haben. Kennst du sie näher?«
»Ich habe sie im letzten Jahr im Auto mitgenommen. Mit ihrer Hotelbuchung hatte etwas nicht geklappt, und ich habe sie zu meiner Mutter gebracht. Wir haben uns eine Weile unterhalten, aber ich kann natürlich nicht sagen, daß ich sie wirklich kenne.«
Er dachte an die scheue, unscheinbare Frau mit dem deutschen Akzent und den schönen Augen, die zu unsicher dreinblickten, als daß sie ihn wirklich hätten faszinieren können. Sie war seinen Blicken ausgewichen, hatten ihn an ein furchtsames Reh erinnert. Er erinnerte sich, überlegt zu haben, was jemand mit dieser Frau angestellt haben könnte, um sie in ein derart schwieriges Verhältnis zu sich selbst zu bringen.
»Großmutter hat natürlich versucht, deine Mutter über sie auszuquetschen«, sagte Maja, »du weißt ja, sie interessiert sich für einfach alles, was auf der Insel vor sich geht. Selbst wenn es sich um eine Frau wie diese Franca handelt, an der wohl beim besten Willen niemand etwas Aufregendes finden kann.« Das war die alte Maja, vor deren kritischen Augen kaum je eine andere Frau Gnade fand.
»Sie schaut immer wie eine Kuh, wenn’s donnert, und sie hat überhaupt keine Ausstrahlung, findest du nicht?«
So hart hätte er es nicht gesagt, aber er widersprach nicht. Für Franca hatte er in diesem Moment nicht das geringste Interesse. Von Sekunde zu Sekunde verlor er sich tiefer in Majas Bann.
»Nun, jedenfalls ist Beatrice ja nie besonders gesprächig, und die arme Mae weiß immer noch nichts Genaues, aber sie meint herausgehört zu haben, daß die gute Franca wohl vor ihrem Mann davongelaufen ist.« Sie lachte. »So. Nun weißt du alles. Mehr ist von Guernsey beim besten Willen nicht zu berichten.«
Er betrachtete sie nachdenklich über den Tisch hinweg. Es war inzwischen dunkel geworden, und nur noch das Licht vieler Kerzen beleuchtete ihr Gesicht. Sie sah sehr jung aus — in diesem nahezu ungeschminkten Zustand —, fast unschuldig und verletzlich.
Vielleicht, dachte er, hatte sie sich wirklich geändert.
»Warum«, fragte er, als sie sich auf dem Heimweg befanden und Arm in Arm die nächtliche Straße entlanggingen, »bist du wirklich nach London gekommen? «
Sie schwieg eine ganze Weile, und er dachte schon, sie hätte die
Frage nicht verstanden, aber schließlich sagte sie: »Ich habe nachgedacht, Alan. Mein Leben verläuft in Bahnen, die ... nein, eigentlich verläuft es in überhaupt keinen Bahnen. Das ist das Problem. Ein Tag hat bei mir keinen Anfang und kein Ende. Jede Woche, jeder Monat, alles ist so völlig ziellos. Ich nehme die Dinge, wie sie gerade kommen, genieße den Augenblick und verschwende keinen Gedanken an die Zukunft.« Sie blieb stehen. »Weißt du, das war für eine bestimmte Phase okay. Für die Zeit, in der ich jung war.«
Das klang sehr ernsthaft, und er mußte lachen. »Mein Gott, Maja! Wenn du wüßtest, wie jung du noch immer bist!«
Sie runzelte ein wenig die Stirn. »Ja, vielleicht. Aber ich bin über zwanzig. Du hast selbst damals im Januar gesagt, daß ich allmählich Ordnung in mein Leben bringen sollte.«
Alan vermochte es kaum zu fassen. Sie hatte ihm zugehört, und seine Worte waren auch noch auf fruchtbaren Boden gefallen. Er hielt den Atem an. » Maja ... «
»Ich weiß noch nicht genau, was werden wird. Aber ich dachte, wenn ich erst einmal hier bin, dann findet sich vielleicht ein Weg. Ich dachte ... «, sie zögerte, »ich dachte, du könntest mir helfen. Einen Weg zu finden, meine ich. Denn schließlich... nun, es gibt kaum einen Menschen, glaube ich, der mich besser kennt als du. «
Er fühlte sich plötzlich älter als sonst. Der Begriff »väterlicher Freund« kam ihm in den Sinn. Irgendwie schien sie ihn in diese Rolle zu schieben, und er war nicht ganz sicher, ob ihm dieser Part behagte.
»Du meinst«, sagte er, »daß ich ein guter Berater sein könnte für dich. Deshalb bist du gekommen.«
Sie lächelte ein wenig. Natürlich, sein Bemühen, vorsichtig auf den Busch zu klopfen, war allzu durchschaubar gewesen.
»Berater«, sagte sie, »nein, als solchen sehe ich dich wohl weniger. Eher ... als den Mann, den ich liebe. Könntest du damit etwas anfangen? Oder ist dir das zu intim?«
Sie hatte schon manchmal
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