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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Supermarkt gehen, ohne Panikreaktionen zu bekommen, also bist du einfach nicht gegangen. Du wärst glatt verhungert, wenn ich nicht eingekauft hätte. Überlege dir doch einmal, wie eine Frau allein leben will, die kaum die Nase zur Tür hinausstrecken kann, ohne sich vorher mit Beruhigungstabletten vollzustopfen. «
    »Ich bin, trotz allem, immerhin allein bis Guernsey gekommen«, erinnerte Franca, »und ob du es glaubst oder nicht, ich betrete hier auch Supermärkte. Ich sitze mit dir in einem Restaurant. Bisher habe ich kein Anzeichen von Panik gezeigt.«
    »Du hast vermutlich Tabletten genommen.«
    »Ja. Aber das habe ich früher auch immer getan, und trotzdem konnte ich die meisten Dinge nicht bewältigen.«
    Ich müßte etwas essen, dachte sie, der Hunger wird das Kopfweh schlimmer machen. Aber ich werde nichts hinunterbringen.
    »Guernsey ist eine kleine, in sich abgeschlossene Welt, die dir offenbar ein Gefühl der Sicherheit vermittelt«, meinte Michael, »aber das ist trügerisch. Irgendwann mußt du ins normale Leben zurück. Und dann sind die alten Probleme wieder da.«
    »Vielleicht bleibe ich auch auf Guernsey«, sagte Franca.
    Michael starrte sie entgeistert an. »Auf Guernsey? Was willst du denn hier machen?«

    »Leben.«
    »Leben? Und wovon, wenn ich das wissen dürfte?«
    »Eine Zeitlang werde ich ganz gut durchhalten, wenn wir unser Vermögen aufgeteilt haben. Und dann muß ich weitersehen.«
    »Aha. Endlich sprichst du Klartext. Du willst Geld.«
    »Ich denke, die Hälfte von allem, was wir haben, steht mir zu. Das ist so.«
    »Darum geht es dir also! Mich arm zu machen und dann das Weite zu suchen. Vermutlich hoffst du, weit mehr als die Hälfte zu bekommen. Aber ich ...«
    Der Schmerz erreichte nun jäh eine betäubende Heftigkeit. Er kam so überfallartig, wie sie es selten erlebt hatte. Es war, als wetze ein Tier seine Krallen in ihrem Kopf.
    »Ich will nicht mehr, als mir zusteht«, sagte sie mühsam. »Aber über diese Dinge können wir später reden. Wir werden uns irgendwie einigen. Ich denke, wir sollten versuchen, die Trennung fair und sauber zu bewältigen.«
    Michael zündete sich die nächste Zigarette an. Die Haut um seine Nase herum hatte sich gelblich verfärbt, ein Zeichen dafür, daß er unter großer Anstrengung stand.
    »Es ist nicht zu fassen«, sagte er, »es ist einfach nicht zu fassen! Wir sitzen hier auf einer verfluchten Insel am Abend des I. Mai und sprechen über unsere Scheidung! Ich glaube es nicht!«
    »Irgendwann«, sagte Franca, »werden wir uns beide nur noch erlöst fühlen.«
    Sie kramte ein Aspirin aus ihrer Handtasche und warf es in ihr Wasserglas.
    »Entschuldige. Ich brauche rasch eine Tablette.«
    Von da an war Schweigen gewesen, nur ab und an unterbrochen von Schuldvorwürfen und Anklagen, die Michael aussprach, und von düsteren Schilderungen, mit denen er Francas Zukunft ausmalte. Dazwischen bestellte er Wein und Cognac und ließ sich neue Zigaretten bringen. Franca hielt sich an ihrem Mineralwasser fest, registrierte erleichtert, daß der Kopfschmerz ein wenig nachließ, und hoffte, der Abend möge vorübergehen. Mit einer fast erschreckenden Heftigkeit sehnte sie sich von Michael fort. Sie hatte den Eindruck, daß das Gebot der Höflichkeit sie verpflichtete,
den Abend durchzustehen, Michael die Möglichkeit zu geben, loszuwerden, was ihm im Kopf herumging, auch wenn es Gift war, was er in sie hineinträufelte. Sie hatte die Trennung verlangt, und irgendwie schien es ihr die gerechte Buße zu sein, daß sie nun hier sitzen und ihn über sich ergehen lassen mußte. Sie war entschlossen, durchzuhalten. Notfalls würde sie ein zweites Aspirin nehmen.
    Aber irgendwann, dachte sie, irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft wird es überstanden sein. Wir werden einander nie wiedersehen. Er wird seinen Weg gehen und ich meinen, und es wird keine Berührungspunkte mehr geben.
    Sie forschte in sich, ob sie irgendwo Trauer fand bei dieser Vorstellung oder wenigstens ein Gefühl der Beklemmung. Aber da war nichts. Statt dessen war es, als liege, noch verborgen hinter Bergen aus vergessenem Schmerz und alten Ängsten, eine lebendige Freude auf der Lauer, ein Glücksgefühl, das in seiner Kraft und Vitalität fast erschreckend schien. Eine innere Stimme mahnte zur Vorsicht, während eine andere ihr zurief, daß sie nicht länger vorsichtig zu sein brauche. Etwas hatte sich geändert und stand im Begriff, sich noch weiterhin zu ändern, aber noch mißtraute sie

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