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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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führte sie nicht die Spur einer Show auf. Sie schaute sich nicht einmal um, um zu sehen, ob irgendwo ein interessanter Mann saß, der es möglicherweise auf sie abgesehen hatte. Sie starrte vor sich hin auf die Tischplatte und kaute an ihren Fingernägeln.
    Endlich hatte er seine Getränke erhalten und kehrte zu ihr zurück.
    »Wenn du doch einen Schluck Wein möchtest...«, sagte er. »Du siehst aus, als könntest du ihn brauchen.«
    »Nein, danke.« Sie nippte an ihrem Wasser. Es war völlig ungewohnt für Alan, keine rote Lippenstiftfarbe am Glasrand zu sehen,
nachdem sie das Wasser wieder abgesetzt hatte. »Du solltest vielleicht auch lieber auf Mineralwasser umsteigen.«
    »Der Wein bekommt mir jetzt besser.«
    »Wie du meinst.« Sie nahm einen weiteren Schluck. »Und warum«, fragte sie, »bist du nicht in London?«
    Er tischte ihr dieselbe Lüge auf wie seiner Sekretärin. »Ich muß mich um meine Mutter kümmern. Man kann sie jetzt nicht ganz allein lassen.«
    Aber Maja wußte es natürlich besser. »Oh — komm! Wenn man einen Menschen auf der Welt immer und unbesorgt allein lassen kann, so ist es deine Mutter! Ihretwegen mußt du bestimmt nicht hierbleiben.«
    »Ich kenne meine Mutter ein wenig besser als du.«
    Sie lächelte, aber es war ein trauriges Lächeln. »Dann rede es dir ein. Wenn du einen Grund brauchst, bleiben zu können, dann halte dich ruhig an deiner Mutter fest.«
    »Und du wirst auch bleiben? Ich meine — du wirst tatsächlich nicht nach London zurückkehren?«
    »Wo sollte ich hin? Wovon soll ich leben? Ich habe nicht einmal das Geld für den Flug oder die Schiffspassage.« Sie hob ein wenig den Kopf. Alan erkannte, daß sie mit dieser Bewegung versuchte, die Tränen, die ihr bereits wieder in die Augen stiegen, zurückzuhalten.
    »Ich habe alles verpfuscht. Ich habe mein Leben verpfuscht.«
    Es berührte ihn eigenartig, diese Worte von ihr zu hören. Einige Minuten zuvor hatte er den gleichen Gedanken gehabt — sein eigenes Leben betreffend. Und er hatte daran gedacht, daß Helene oft so gesprochen hatte. Wie viele Menschen, überlegte er, schlagen sich mit diesem Gedanken herum? Es liegt daran, daß uns so grausam wenig Zeit zugemessen ist. Und daß wir so viele Erwartungen haben, so viele Träume, Pläne, Wünsche. Und zugleich so schwach sind. Wir hinken hinter dem her, was wir umsetzen wollen, und zwischendurch geht uns immer wieder die Luft aus, und wir haben das Gefühl, zu versagen.
    Er griff über den Tisch hinweg nach ihrer Hand und drückte sie kurz. Es war eine liebevolle, väterliche Geste, in der nichts mehr von dem erotischen Prickeln mitschwang, das sonst zwischen ihnen geherrscht hatte.

    »Du bist so jung«, sagte er, »du kriegst noch die Kurve.«
    »Ach, schau mich doch an!« erwiderte sie heftig und nahm ihre Sonnenbrille ab. Ihre Augen, die schon zuvor verweint gewesen waren, hatten sich noch heftiger gerötet. »Man sieht es bereits in meinem Gesicht, nicht wahr? Jedenfalls hast du das immer gesagt. Daß es sich schon abzeichnet!«
    Er betrachtete sie. Nüchtern und objektiv, wie er sie noch nie angesehen hatte. Sie sah sehr jung aus, wie ein trauriges, trotziges Kind mit blassen Wangen und roter Nase. Aber es stimmte, was sie sagte: Da war auch etwas Hartes, Gewöhnliches in ihren Zügen. Alkohol und durchtobte Nächte mochte ihr Körper noch wegstecken, ihre Haut sah noch nicht aus wie die eines Menschen, der zuviel raucht und trinkt. Aber jahrelang war sie leicht zu haben gewesen, hatte sich an Hafenarbeiter ebenso weggeworfen wie an braungebrannte Touristen, an denen das Surfbrett festgewachsen schien. Ihr lasterhaftes Leben hatte ihre Züge geprägt: Billig, dachte er und erschrak gleichzeitig über die Gnadenlosigkeit dieses Gedankens. Sie sieht billig aus.
    Ihr entging nicht, was sich in seinem Kopf abspielte.
    »Ja«, sagte sie leise, »du siehst es also auch.«
    »Ach, Maja«, meinte er müde, »wir haben so oft schon darüber gesprochen. Es gibt einfach nichts mehr zu diesem Thema zu sagen. «
    »Werden wir einander wiedersehen?«
    »Sicher. Ich werde ja weiterhin öfter hier sein. Und wir laufen uns bestimmt über den Weg.«
    »Na schön. Wie nennt man das, was wir dann sind? Gute Freunde. Wir werden richtig gute Freunde sein.«
    »Besser, als wenn wir weiterhin versuchen, eine Beziehung zu führen. Irgendwann würden wir kaum noch ein freundliches Wort füreinander finden. Es würde in gegenseitigem Haß enden. Da gefällt mir die neue Variante

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