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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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von diesem Mädchen. Ein ganzes Leben sogar.«
    »Hast du die Geschichte vom Glöckner von Notre-Dame noch einmal gelesen seitdem? «
    Sie sah ihn an, überlegte, wie weit sie ihre Sentimentalität ihm gegenüber eingestehen wollte. »Ich habe ihn noch oft gelesen«, sagte sie schließlich, »jede Zeile ist mit Erinnerungen verbunden. Und wahrscheinlich liegt es am Alter, daß man anfängt, in Erinnerungen zu schwelgen.«
    »Ich habe ihn auch noch oft gelesen. Ich habe dabei viel an uns gedacht.« Er kramte eine Zigarre hervor, wollte auch Beatrice eine anbieten, aber sie schüttelte den Kopf. Zigarren hatte sie noch nie gemocht.
    »Im nachhinein verklärt sich manches«, fuhr er fort, »für mich hat sich die Zeit damals zunehmend romantisch verklärt. Ich muß mir immer wieder sagen, daß sie alles andere als schön war. Sie war gefährlich und grausam, und ich war verzweifelt. Die Nazis stahlen mir Jahre meines Lebens. Ich saß dort oben auf dem Boden, starrte durch die Dachluke in den blauen Himmel und wünschte
mir, anschreien zu können gegen das Schicksal. Aber das weißt du ja. Ich habe damals wirklich genug gejammert.«
    »Ich denke aber, den Begriff Schicksal hast du gerade schon zu Recht gebraucht«, meinte Beatrice. »Es war unser Schicksal. Deines wie meines. Wenn wir heute beide die romantischen Seiten darin sehen, sollten wir uns das nicht verbieten. Es bedeutet auch, daß wir angenommen haben, was uns zugedacht war, daß wir uns ausgesöhnt haben damit. Und das ist gut so. Alles andere würde zu Verbitterung führen und uns anfällig machen für Krankheiten.«
    Er stutzte einen Moment, dann lachte er. »Du hast immer noch diese wunderbar praktische Art. Wir würden anfällig werden für Krankheiten! Ich kenne kaum eine Frau, die diese Assoziation getätigt hätte.«
    Sie rührte in ihrem Kaffee. Sie betrachtete Julien dabei so intensiv, wie sie ihn seit Stunden schon ansah. Er war bald achtzig Jahre alt, aber sie hätte ihn auf siebzig geschätzt. Was er über den Schwung und die Jugendlichkeit ihrer Bewegungen gesagt hatte, traf auch auf ihn zu. Er hatte nicht die Ausstrahlung eines alten Mannes. Seine einst dunklen Haare waren weiß geworden, sein einst glattes, junges Gesicht faltig, aber seine Augen waren noch immer klar und blitzend. Und hellwach.
    Er hatte ihr erzählt, daß er von Suzanne geschieden war, schon seit Mitte der sechziger Jahre, daß er inzwischen noch zweimal verheiratet gewesen war. Seine zweite Ehe war in den Siebzigern geschieden worden. Seine dritte Frau war 1992 an Krebs gestorben.
    »Mit ihr war ich wirklich glücklich«, hatte er nachdrücklich gesagt, »wir verstanden uns gut, ließen einander viel Freiraum. Vielleicht lag es aber auch daran, daß wir beide nicht mehr jung waren. Daß wir abgeklärter waren. Sie versuchte nicht, mich zu ändern, und ich drehte mich nicht mehr ständig nach anderen Frauen um. Irgendwann wirkt das lächerlich, findest du nicht? Spätestens dann, wenn das Grau im Haar eindeutig überwiegt. Ich hatte dann auch keinen Nachholbedarf mehr. Ich hatte das Gefühl, die versäumte Zeit wiedergutgemacht zu haben — wenn man das überhaupt sagen kann. Denn jede Lebenszeit ist etwas ganz Eigenes. Unwiederbringlich, unwiederholbar.«
    Nun erst, Stunden nachdem sie auf der Uferpromenade beinahe
ineinandergelaufen und einander ungläubig angestarrt hatten, fragte er: »Was ist mit deinem — wie hieß er? — Frederic geworden? Seid ihr noch zusammen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Schon lange nicht mehr. Wir sind seit über vierzig Jahren geschieden. Wir haben keinerlei Kontakt mehr. Ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt.«
    »Deshalb bist du wieder auf Guernsey«, folgerte er. »Ich dachte, du seist für immer in Cambridge geblieben. Du schienst damals so entschlossen, der Insel für alle Zeiten den Rücken zu kehren.«
    »Es ist anders gekommen«, sagte sie nur, und ihr Ton verhieß, daß sie dieses Thema nicht zu vertiefen wünschte, »ich war nun praktisch mein ganzes Leben lang auf Guernsey.«
    Er betrachtete sie nachdenklich und aufmerksam, sagte aber nichts.
    »Ich war einige Male hier«, sagte er, »zuletzt im März. Und davor im letzten Jahr im August. Ich bin heute früh von St.-Malo herübergekommen. Ich werde ein paar Tage bleiben.«
    »Du hast nie den Versuch gemacht, mit mir Kontakt aufzunehmen, wenn du hier warst. In all den Jahren nicht.«
    »Ich dachte doch, du seist in Cambridge«, sagte er lahm, und sie schüttelte den Kopf. »So

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