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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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paar Schritte weit aus Erichs Bannkreis zu entfernen. Erich gegenüber gab sie an, sich im Haus nicht konzentrieren zu können, und dagegen konnte er kaum etwas einwenden, da dort tatsächlich ständig Offiziere aus und ein gingen, Lagebesprechungen stattfanden, Autos vorfuhren und ein reges Leben und Treiben herrschte.
    Also kletterte Beatrice jeden Nachmittag um drei Uhr die steile Leiter in Wills Reich hinauf, um sich dort bis fünf Uhr mit den verwirrenden und komplizierten Regeln der deutschen Sprache herumzuschlagen. Will erwartete sie stets mit einer großen Kanne Tee und ein paar aufmunternden, humorvollen Worten. Er hätte nie riskiert, in Beatrices Gegenwart ein böses Wort über Erich fallen zu lassen, aber sie hatte rasch erkannt, daß er seinen Vorgesetzten nicht mochte. Die Rolle als Angehöriger einer Besatzungsarmee schien ihm ebenfalls nicht zu behagen, doch auch diesen Umstand würde er sich hüten, in Worte zu fassen.
    Ein einziges Mal wagte er sich in die Nähe des brisanten Themas; das war, als Beatrice einige Minuten zu früh zum Unterricht erschien und ihn beim Schreiben eines Briefes antraf. Er hatte gerade den Stift sinken lassen und sah zum Gaubenfenster hinaus in den heißen, blütenschweren Julitag, der ein Gewitter in sich trug und Menschen und Tiere mit einer eigenartigen Spannung erfüllte.
Auf seinem Gesicht lag eine Traurigkeit, die Beatrice eigenartig tief berührte.
    »Will«, sagte sie vorsichtig.
    Er zuckte zusammen, denn er hatte sie nicht kommen hören.
    »Ach, da bist du ja schon«, sagte er. Seine Züge entspannten sich, er war wieder der fröhliche Will, der es verstand, andere Menschen aufzumuntern. Aber Beatrice hatte die andere Seite an ihm gesehen.
    »Ich setze gleich das Teewasser auf«, sagte er. »Oder meinst du, es ist heute zu heiß für Tee?«
    »Ich hätte lieber etwas kaltes Wasser«, erwiderte Beatrice. Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Sie haben so traurig ausgesehen, Will. Was ist los?«
    Er füllte zwei Gläser mit kaltem Wasser und stellte sie auf den Tisch. »Ich habe gerade einen Brief an meine Eltern geschrieben. Und irgendwie ...« Er zuckte mit den Schultern.
    »Haben Sie Heimweh?« fragte Beatrice.
    Will zögerte, dann nickte er. »Ich vermisse meine Familie. Aber du weißt ja nur zu gut, wie das ist.«
    Sie sahen einander ernst an, das elfjährige Mädchen und der erwachsene Mann, beide in diesem Moment durch einen Schmerz verbunden, der sie über die Mauern zweier Sprachen, zweier Nationalitäten und eines Krieges hinweg unerwartet stark einte. Schließlich sagte Beatrice leise: »Aber ich habe es mir nicht ausgesucht, von meinen Eltern getrennt zu werden. Sie haben ...«
    »Ach, so einfach ist das nicht, Beatrice. Wenn du denkst, ich habe mir irgend etwas an dieser Situation, so wie sie ist, gewünscht ...« Er klang plötzlich so bitter, wie sie ihn noch nie gehört hatte. »Du mußt nicht denken, daß alle deutschen Soldaten glücklich sind mit dem Verlauf der Dinge«, sagte er hastig, aber dann schien ihm plötzlich klarzuwerden, daß er sich viel zu weit vorwagte, denn er lächelte und sagte: »Aber das sind nicht die Themen, mit denen wir uns beschäftigen sollten. Du bist hier, um Deutsch zu lernen. Zeigst du mir deine Hausaufgaben? Ich bin sicher, du hast wieder einmal nicht einen Fehler gemacht!«
    Er hatte Angst vor Erich, das spürte Beatrice. Alle hatten Angst vor Erich. Die vielen Soldaten, die täglich aus und ein gingen, legten
eine Devotheit an den Tag, die Beatrice selbst ohne Verständnis der Sprache auffiel. Niemand schien auch nur im mindesten bei ihm anecken zu wollen. Beatrice vermutete, daß die Vorsicht, mit der alle ihn behandelten, mit der völligen Unberechenbarkeit seines Wesens zusammenhing. Sie hatte nie einen Menschen gekannt, dessen Stimmungen sich so häufig und so grundlegend im Laufe eines Tages veränderten. Manchmal hatte sie das Gefühl, völlig verschiedene Personen vor sich zu haben, aber sie merkte schließlich, daß Erichs Stimmungsschwankungen einer gewissen Regelmäßigkeit unterlagen.
    Am frühen Morgen war er müde, sah schlecht aus, sprach kaum ein Wort und rührte auch nichts vom Frühstück an, trank nur starken, schwarzen Kaffee und rauchte hektisch die erste Zigarette des Tages. Dann jedoch stieg seine Laune rasch, und auch sein Aussehen verbesserte sich. Seine Wangen bekamen Farbe, seine Augen glänzten, er wurde redselig, lebhaft und legte fast eine gewisse Herzlichkeit an den Tag. In

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