Die rote Agenda
während das Original in diesem safe house verwahrt wird. Nehmen Sie dieselben Leute, die
beim Anschlag auf die Zeitung dabei waren, aber diesmal müssen Sie persönlich
an der Operation teilnehmen, ich will nicht, dass weitere Fehler passieren. Sie
müssen sofort, und ohne zu zögern, handeln. Verstehen Sie, was ich meine?«
Der General
verstand sehr gut, doch er begriff nicht, warum es so wichtig war, an das
Original der Agenda zu kommen.
»Es wird
sicher noch weitere Kopien geben, wahrscheinlich auch viele in elektronischer
Form in irgendeinem Computer. Nicht notwendigerweise in diesem safe house. Und Kopien gelten vor Gericht«, warf er
vorsichtig ein.
Im Blick
des Präsidenten blitzte Wut auf, er musterte den General mit plötzlicher
Abneigung. »Kann sein. Doch das Original ist da drinnen, und ich will, dass es
vernichtet wird. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Der General
wagte keinen Widerspruch und fuhr fort: [321] »Wenn wir die Agenda wiederbeschafft
haben, was machen wir dann mit den Leuten im safe house und mit dem Professor?«
Der
Präsident hatte sich beruhigt, die ganze Wut war schon wieder verschwunden, und
sein Gesicht öffnete sich zu einem strahlenden Lächeln, wie er es für die
Fernsehkameras bereithielt. »Ich habe enorme Achtung vor Ihrer
Professionalität, General, ich habe in der Vergangenheit nie eingegriffen und
werde jetzt auch nicht damit anfangen. Ich weiß, Sie werden diese heikle
Mission auf die bestmögliche Art und Weise leiten.«
Er zündete
sich eine Zigarette an und betrachtete gedankenverloren, wie der dünne Rauch im
Licht der Schreibtischlampe zur Decke aufstieg. Dann fuhr er hoch und zuckte
mit einem gleichgültigen Ausdruck die Achseln. »Die Männer, die Astoni
schützen, sind die Besten, die man auftreiben kann, doch das wissen Sie ja
schon. Es darf keine unbequemen Zeugen geben. Vielleicht inszenieren Sie
einfach eine banale Gewalttat, was weiß ich, einen schiefgegangenen Einbruch,
eine Schießerei, etwas in der Art. Kurz gesagt, ich überlasse Ihnen die Regie.«
Die
Botschaft war mehr als klar: keine Gefangenen. Der General erhob sich und
reichte dem Präsidenten die Hand. Dieser ergriff sie energisch.
»Wir werden
so schnell wie möglich handeln«, sagte er.
Der
Präsident nickte und schaute ihn wohlwollend an: »Gut so, General. Es bleibt
Ihnen sowieso nichts anderes übrig.«
[322] 48
Angewidert
warf Matteo Trapani die Zeitung auf den Boden. Er war an Bord eines kleinen
Privatjets, der ihn nach Sizilien brachte. In einer halben Stunde würde er in
Catania landen.
Gerade
hatte er den Artikel zu Ende gelesen, in dem über die Entführung des Senators
berichtet wurde. Tags zuvor hatte der Politiker, wie es seiner Gewohnheit
entsprach, zu früher Stunde seine römische Wohnung verlassen und war seitdem
von niemandem mehr gesehen worden. Am Nachmittag hatte es einen anonymen Anruf
in der Redaktion der wichtigsten Tageszeitung der Hauptstadt gegeben, bei dem
ein Mann mit verstellter Stimme sich im Namen dieser obskuren Falange Proletaria – die auch das Attentat auf den
Chefredakteur der Mailänder Zeitung verübt zu haben vorgab – zu der Entführung
bekannte.
Trapani
nahm das Handy und wollte gerade eine Nummer wählen, als der Apparat klingelte.
»Sind Sie
im Flugzeug?«, fragte Ogden.
Der Pate
zog die Augenbrauen hoch. »Ihnen entgeht wirklich nichts.«
»Mir
scheint, wir hatten Ihnen gesagt, Sie sollten uns über Ihre Ortswechsel auf dem
Laufenden halten.«
»Das wollte
ich gerade tun, Sie sind mir nur [323] zuvorgekommen. Ich wollte Sie auch wegen
der Nachricht über die angebliche Entführung des Senators in der Zeitung von
heute anrufen. Außerdem habe ich mit großer Befriedigung die erste Folge des
Artikels über die Agenda gelesen. Haben Sie schon Reaktionen darauf? Bei
unseren Freunden macht sich doch sicher Panik breit.«
»Allerdings.
Was den Senator angeht, so hat er eine mustergültige Entführung inszeniert und
den gleichen Schwachsinn von der Falange Proletaria benutzt wie schon der Auftraggeber des Attentats auf den Journalisten. Eine
ganz ähnliche Inszenierung, wie sie damals beim Banco-Ambrosiano-Skandal der
berühmte Bankier ins Werk gesetzt hat, bevor er mit einem Zyanidkaffee
vergiftet wurde.«
»So ist
es«, stimmte Trapani zu. »Diesem Bastard fehlt es an Phantasie, und er hofft
auf diese Weise, Zeit zu gewinnen oder wenigstens Verwirrung zu stiften, falls
er es nicht schaffen sollte, sich davonzumachen. Er versteckt
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