Die rote Agenda
ohnmächtig zu Boden sank.
Der rote
Wagen fuhr mit Vollgas los, rammte ein parkendes Auto und raste im Zickzack die
Straße hinunter, bevor er schließlich um die Ecke bog.
Nachdem die
beiden Agenten ihre Pistolen wieder eingesteckt hatten, rannten sie über die
Straße und beugten sich über den auf dem Boden liegenden Chefredakteur. Er
atmete, war aber bewusstlos und verlor viel Blut aus einer Schulterwunde.
[311] 45
Um
acht Uhr morgens verließ der Senator das Haus, ging mit schnellen Schritten auf
ein Taxi zu und stieg ein. Franz und Bruno folgten ihm im Minibus durch den
regen Verkehr.
Aus den
abgehörten Telefonaten wussten sie, dass der Politiker sich zu einer Bank
begeben würde. Sie hatten Anweisung, ihn beim Verlassen der Bank diskret
gefangen zu nehmen und ins safe house zu bringen, wo
er als Gefangener bleiben sollte, bis die italienischen Stellen einen
Haftbefehl gegen ihn erlassen würden.
Im Taxi
versuchte der Senator zur Ruhe zu kommen. Er hatte in der Nacht sehr schlecht
geschlafen, eigentlich hatte er überhaupt nicht geschlafen. Am Abend zuvor
hatte er, in Rom angekommen, aus seinem Apartment sofort seinen Freund
angerufen, den Leiter der geheimen Spezialabteilung des ehemaligen
Nachrichtendienstes SISDE , um ihm für seine Hilfe
zu danken. Das Telefonat hatte ihn jedoch in Panik versetzt, denn der Freund
hatte ihm nicht nur klar gesagt, dass er ihm nicht mehr helfen könne, sondern
ihn, als ob dies noch nicht genügte, auch noch vor Kurzschlusshandlungen
gewarnt.
Es schien
also unumgänglich, dass er, sobald er die Dokumente aus der Bank geholt hätte,
zusammen mit dem Sizilianer das Land verlassen musste.
[312] Er
versuchte sich zu entspannen und erinnerte sich an eine Regel, an die er sich
in seinem langen und wechselvollen Leben immer gehalten hatte: Man soll das
Fell des Bären nicht verteilen, bevor man ihn erlegt hat. Er tröstete sich mit
dem Gedanken, dass in diesen hektischen Stunden auch seine ehemaligen
Verbündeten, allen voran der Präsident der Republik, ihre Haut zu retten
versuchten.
Er schlug
die Zeitung auf, die der Portier ihm wie jeden Morgen gereicht hatte, und war
sprachlos. In der letzten Nacht war auf den Chefredakteur ebendieser Zeitung
geschossen worden. Er war verletzt, doch außer Lebensgefahr, und eine
mysteriöse Falange Proletaria hatte sich mit einem
Anruf in der Redaktion zu dem Anschlag bekannt.
Mit
zitternden Händen nahm er das Handy und rief den Sizilianer an.
»Ich wollte
Sie gerade auch anrufen«, sagte dieser. »Haben Sie die Zeitung gelesen?«
»Ja.«
»Ihr Freund
muss verrückt geworden sein! Was glaubt er, mit so einem Unfug zu erreichen?«
»Vergessen
wir das und denken wir an uns. Wir müssen das Programm ändern. Fahr in die Via
della Lungara, in der Nummer sieben ist ein Friseursalon. Dort gehst du hinein
und wartest auf mich. Ich bin in zwanzig Minuten da.«
»Und die
Bank?«
»Dafür
bleibt keine Zeit. Ich dachte, ich hätte noch ein bisschen Luft, aber das
stimmt nicht. Hast du den falschen Pass dabei?«
»Natürlich.
Seit diese Geschichte angefangen hat, trage ich ihn immer bei mir.«
[313] »Gut.
Bist du noch bereit, mit mir zu gehen?«
»Ohne mich
würden Sie es nicht schaffen«, sagte der Sizilianer.
»Das
stimmt. Aber das bedeutet nicht, dass ich dich in meine Niederlage mit
hineinziehen muss.«
»Ich habe
Ihnen doch gesagt, dass ich kein sinkendes Schiff verlasse! Und außerdem bin
ich sicher, dass wir es schaffen.«
»Ich
beneide dich um deine Gewissheit, aber sie wird uns nicht helfen, wenn du nicht
bald eine brillante Idee hast. Sie haben mich alle im Stich gelassen, auch mein
Freund beim Geheimdienst. Und mit Sicherheit werden sämtliche Flughäfen
kontrolliert.« Die Stimme des Senators klang schrill.
»Keine
Sorge, wir werden Mittel und Wege finden. Ich gehe jetzt, ich muss ein Taxi
auftreiben. Wir sehen uns gleich«, sagte der Sizilianer und legte auf.
In der Via
della Lungara war der Friseur gerade dabei, das Rollgitter hochzuschieben. Als
er den Sizilianer näher kommen sah, lächelte er.
»Wir machen
gerade erst auf, Signore. Sie müssen ein paar Minuten warten.«
»Ist der
Senator schon da?«
Der Mann
schüttelte den Kopf und wurde gleich ehrerbietig. »Ich wusste nicht, dass er
heute Morgen kommen würde. Normalerweise ist Donnerstag sein Tag. Aber treten
Sie doch bitte ein«, fügte er hinzu und ging in den Salon. »Darf ich Ihnen
einen Kaffee anbieten?«
»Ja gern«,
antwortete der Sizilianer,
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